OGH 3Ob176/09t

OGH3Ob176/09t26.8.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Kinder 1.) Doris W*****, 2.) Daniel W*****, 3.) Bernhard W*****, alle vertreten durch die Mutter Andrea W*****, diese vertreten durch Dr. Michael Velik, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalts, über den „außerordentlichen" Revisionsrekurs des Vaters Ing. Jürgen B*****, vertreten durch Dr. Georg Walderdorff, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch ENWC Natlacen Walderdorff Cancola Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. April 2009, GZ 45 R 63/09m-U131, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hernals vom 25. November 2008, GZ 8 P 66/06p-U116, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht sprach in seiner den erstgerichtlichen Beschluss über Unterhaltsherabsetzungs- und Erhöhungsbegehren der Parteien teilweise bestätigenden Entscheidung aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

Den gegen diesen Beschluss erhobenen „außerordentlichen" Revisionsrekurs des Vaters legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Diese Vorgangsweise widerspricht der Rechtslage.

Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert - infolge vor dem 30. Juni 2009 liegenden Datums der Rekursentscheidung (Art 16 Abs 4 des Budgetbegleitgesetzes 2009 BGBl I 52/2009) - insgesamt 20.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden (§ 63 Abs 2 AußStrG) - Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung); ein solcher, der mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.

Im vorliegenden Fall übersteigt der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschied, bei keinem der - für jeden Unterhaltsberechtigten getrennt zu betrachtenden (RIS-Justiz RS0112656, RS0017257) - Unterhaltsbegehren 20.000 EUR. Bei der Ermittlung des Entscheidungsgegenstands des Rekurs- oder Berufungsgerichts in Unterhaltsverfahren kommt es, wenn auch laufende Ansprüche zu beurteilen sind, grundsätzlich auf den 36-fachen Betrag (§ 58 Abs 1 JN) jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags an, der zum Zeitpunkt der Entscheidung der zweiten Instanz zwischen den Parteien noch strittig war; der Rückstand ist der dreifachen Jahresleistung nicht hinzuzurechnen (RIS-Justiz RS0042366 [T7 und T9], RS0103147, RS0122735, RS0114353, RS0042821). Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung begehrt, so ist der Betrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung maßgebend (RIS-Justiz RS0046543).

Da der Vater in seinem Rekurs an die zweite Instanz sowohl die Erhöhung des von ihm für seine Kinder zu leistenden Unterhaltsbeitrags als auch die Abweisung seines Herabsetzungsbegehrens bekämpfte, sind sowohl die vom Erstgericht zugesprochenen monatlichen Erhöhungsbeträge (für Doris 130 EUR, für Daniel 135 EUR und für Bernhard 87 EUR) als auch die angestrebten Herabsetzungsbeträge (für Doris 53,49 EUR, für Daniel 72,91 EUR und für Bernhard 63,91 EUR) zu berücksichtigen. Die 36-fachen jeweils strittigen Monatsbeträge übersteigen in diesem Fall daher jeweils 20.000 EUR nicht.

Das Rechtsmittel des Vaters wäre daher nicht dem Obersten Gerichtshof - auch wenn es als „außerordentliches" bezeichnet wird - sondern dem Rekursgericht vorzulegen gewesen. Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Rekursgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, dann wird es einen - mit Fristsetzung verbundenen - Verbesserungsauftrag zu erteilen haben (3 Ob 204/06f mwN).

Aus diesen Erwägungen sind die Akten dem Erstgericht zurückzustellen.

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