OGH 9ObA79/09x

OGH9ObA79/09x4.8.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter Dr. Ingeborg Bauer-Manhart und Peter Schönhofer als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Parteien 1.) Wilhelm M*****, 2.) Werner R*****, 3.) Gerhard W*****, alle vertreten durch Dr. Nobert Wess LL.M, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch Jarolim Fritsch Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 4.790,30 EUR, 4.741,81 EUR und 5.621,97 EUR brutto sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. April 2009, GZ 8 Ra 17/09t-11, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Mit ihren Ausführungen, dass nach ständiger oberstgerichtlicher Judikatur der Auslegung einer Kollektivvertragsbestimmung wegen des größeren Personenkreises der hiervon betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer eine erhebliche Bedeutung zukomme, zeigt die Rechtsmittelwerberin in Wahrheit keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf. Die Rechtsmittelwerberin bestreitet nämlich gar nicht, dass die in den Gehaltstabellen des hier relevanten Kollektivvertrags vorgenommenen Änderungen der Gehälter rückwirkend ab 1. April 2007 gültig sind und der Kollektivvertrag daher nach seinem Wortlaut insoweit eine Rückwirkung ab 1. April 2007 vorsieht. Die Auslegung des Kollektivvertrags in diesem Punkt ist daher in Wahrheit nicht strittig. Soweit die Rechtsmittelwerberin allerdings vermeint, dass sich daraus noch nicht zwingend auch eine Geltung für bereits ausgeschiedene Arbeitnehmer ergebe, übergeht sie die Regelung des § 2 Abs 2 Z 3 ArbVG, sowie den Umstand, dass zum Zeitpunkt, zu dem der Kollektivvertrag die Rückwirkung der Lohnerhöhungen anordnet, sämtliche Kläger sich im aufrechten Dienstverhältnis zur Beklagten befunden haben.

Der normative Teil des Kollektivvertrags ist nach den Regeln über die Gesetzesauslegung (§§ 6 f ABGB) zu interpretieren; maßgeblich ist, welchen Willen des Normgebers der Leser dem Text entnehmen kann. Die Vernehmung von Personen, die am Zustandekommen des Kollektivvertrags mitgewirkt haben, über ihre Absichten kommt daher nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0010088). Die von der Rechtsmittelwerberin ebenfalls als erheblich relevierte Frage, inwieweit bei Auslegung eines Kollektivvertrags auch nicht normativ wirkende „Ergebnisprotokolle" zwischen den Kollektivvertragsparteien zu berücksichtigen sind, stellt im Sinn der ständigen Rechtsprechung daher keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar. Da die im Ergebnisprotokoll festgelegten Ausnahmen vom Geltungsbereich des Kollektivvertrags in diesen selbst keinen Eingang gefunden haben, kann in der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts, dass es ausschließlich auf den Wortlaut des ordnungsgemäß hinterlegten Kollektivvertrags ankommen kann, eine Verkennung der Rechtslage, die das korrigierende Eingreifen des Obersten Gerichtshofs erfordern würde, nicht erblickt werden (9 ObA 62/95).

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