OGH 13Os180/08g

OGH13Os180/08g23.7.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Juli 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Lässig und Dr. T. Solé sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schmid als Schriftführer in der Finanzstrafsache gegen Gerhard A***** wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 19. August 2008, GZ 27 Hv 86/07k-75, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über den Verfall, die Wertersatzstrafe und die zu Letzterer bestimmte Ersatzfreiheitsstrafe aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard A***** der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (I.) und des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 11 zweiter Fall, 13, 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (II.) schuldig erkannt.

Danach hat er im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes Linz/Wels nachgenannte Finanzstraftaten in der Absicht, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, begangen, und zwar

I. eingangsabgabepflichtige Waren ausländischer Herkunft, hinsichtlich welcher von namentlich nicht bekannten Personen das Finanzvergehen des Schmuggels begangen worden war, an sich gebracht, nämlich

1. spätestens am 30. September 2004 in Pasching 32.400 Stangen Filterzigaretten (= 6.480.000 Stück) der Marke Souvereign Classic im Gesamtwert von 486.000 Euro (darauf entfallende Eingangsabgaben 1.163.289,60 Euro, davon Zoll 279.936 Euro, Tabaksteuer 608.462 Euro und Einfuhrumsatzsteuer 274.881,60 Euro);

2. spätestens am 2. März 2005 in Enns 4.099 Stangen Filterzigaretten (= 819.800 Stück) verschiedener im Urteil einzeln genannter Marken im Gesamtwert von 54.686 Euro (darauf entfallende Eingangsabgaben 140.462,57 Euro, davon Zoll 31.499,14 Euro, Tabaksteuer 76.438,67 Euro und Einfuhrumsatzsteuer 32.524,76 Euro);

II. Ende November 2004 den abgesondert verfolgten Albert K***** dazu bestimmt, am 3. Dezember 2004 beim rumänisch-ungarischen Grenzübergang Varsand zu versuchen, eingangsabgabepflichtige Waren ausländischer Herkunft, nämlich 22.400 Stangen Filterzigaretten (= 4.480.000 Stück) der Marke Souvereign Classic und 50 Stangen Filterzigaretten (= 10.000 Stück) der Marke Dorchester im Gesamtwert von 336.750 Euro (darauf entfallender Zoll 193.968 Euro) anlässlich seiner Einreise vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft zu verbringen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten nominell aus Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO, der Sache nach allein aus dem erstgenannten Grund erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Weshalb die beantragte Vernehmung des Tomocos K***** als Zeuge zum Beweis dafür, „dass er für die Firma P***** mit Aufleger des Angeklagten gefahren ist zwei Mal, die zu dem Zeitpunkt von der Firma P***** bzw der Firma H***** angemietet worden sind von der Firma A*****" (ON 67 S 21), geeignet sein sollte, eine für die Schuld- oder Subsumtionsfrage erhebliche Tatsache zu beweisen, lag nicht auf der Hand und wurde auch bei Antragstellung nicht dargelegt (in diesem Sinn schon das abweisende Zwischenerkenntnis ON 74 S 6; RIS-Justiz RS0118444; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 321).

Gleiches gilt für die weiters vom Angeklagten in der Hauptverhandlung begehrte zeugenschaftliche Vernehmung des Adolf H*****, der bekunden sollte, „dass weder der Angeklagte A***** einer der beiden Männer war, die zum damaligen Zeitpunkt am 28. Februar 2005 in der eigenen Lagerhalle von Mitarbeitern des Herrn Adolf H***** angetroffen wurde, und dass auch der Herr A***** zu diesem Zeitpunkt in der Lagerhalle nicht angetroffen wurde, weder von Herrn Adolf H*****, noch von Mitarbeitern desselben", und zudem dartun sollte, „dass die beiden Mitarbeiter keine Mitarbeiter der Firma A***** GmbH waren" (ON 74 S 5).

Durch Ablehnung der Beweisanträge wurden demnach Verteidigungsrechte nicht geschmälert.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - ebenso wie die gegen das Urteil eines Schöffengerichts unzulässige Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (§ 283 Abs 1 StPO) - bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Anzumerken bleibt, dass - im Rechtsmittel nicht beanstandet - auch die das Tatverhalten (welches rechtlich als An-Sich-Bringen beurteilt wurde) betreffenden Feststellungen zum Schuldspruch I.2. aus den Entscheidungsgründen deutlich genug hervorgehen (s US 5, auch 11 ff, 18; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19).

Aus Anlass der Beschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch, dass dem Urteil im Ausspruch über den Verfall der sichergestellten Zigaretten und über die Wertersatzstrafe eine nicht geltend gemachte, gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen aufzugreifende Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO anhaftet, weil das Erstgericht die Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 17 Abs 6 und § 19 Abs 5 FinStrG gänzlich unterlassen hat (RIS-Justiz RS0088035).

Daher waren diese Sanktionsaussprüche (wie auch jener über die Ersatzfreiheitsstrafe zur Wertersatzstrafe) aufzuheben und im Umfang der Aufhebung dem Erstgericht die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen.

Die - nicht auch auf das amtswegige Vorgehen bezogene - Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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