OGH 7Ob143/09v

OGH7Ob143/09v8.7.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Oliver L*****, geboren am 8. August 1992, und der minderjährigen Victoria L*****, geboren am 15. Februar 1998, beide vertreten durch die Mutter Gabriele L*****, die Mutter vertreten durch Dr. Peter Ozlberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalts infolge „außerordentlichen Revisionsrekurses" des Vaters Hannes H*****, vertreten durch Dr. Walter Rinner, Rechtsanwalt in Linz, gegen gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz vom 30. April 2009, GZ 15 R 483/08t-U31, mit den der Beschluss des Bezirksgerichts Mauthausen vom 26. September 2008, GZ 1 P 64/99f-U25, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Der Vater war ursprünglich nach der Aktenlage aufgrund eines Scheidungsvergleichs zur monatlichen Unterhaltszahlung von 206 EUR für Oliver und 169 EUR für Victoria verpflichtet. Mit Beschluss vom 1. August 2006 wurde die Unterhaltsverpflichtung rechtskräftig ab 1. Jänner 2006 auf 300 EUR für Oliver und 250 EUR monatlich für Victoria erhöht. Mit ebenfalls rechtskräftigem Beschluss vom 13. Februar 2008 wurde die Unterhaltsverpflichtung hinsichtlich Oliver auf 220 EUR monatlich ab 1. März 2008 herabgesetzt. Mit Antrag der Minderjährigen vom 5. Februar 2008 wurde für Oliver für den Zeitraum 1. Mai 2005 bis einschließlich Oktober 2007 (gestaffelt) ein rückständiger Betrag von insgesamt 10.746 EUR, nicht jedoch laufender Unterhalt, geltend gemacht; für Victoria wurde für den Zeitraum 1. Mai 2005 bis 31. Oktober 2007 (gestaffelt) ein bestimmter rückständiger Betrag sowie ein laufender Unterhalt ab 1. Juni 2008 von 650 EUR monatlich begehrt. Das Erstgericht erhöhte die Unterhaltsverpflichtung für Oliver (erst) ab 1. August 2006, und zwar um einen rückständigen Betrag von 5.542 EUR, während es das Mehrbegehren von 5.204 EUR abwies; für Victoria erhöhte es die rückständige Unterhaltsverpflichtung ebenfalls (erst) ab 1. August 2006 und bestimmte den laufenden Unterhalt ab 1. Juni 2008 mit (nur) 335 EUR. Dagegen erhoben sowohl die Minderjährigen Rekurs, mit dem sie jeweils die volle Antragsstattgebung anstreben, als auch der Vater, der primär begehrt, die Anträge abzuweisen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge und erhöhte über Rekurs der Minderjährigen die Unterhaltsverpflichtungen für Oliver antragsgemäß; ebenso für Victoria hinsichtlich des rückständigen Unterhalts. Den laufenden Unterhalt für Victoria beließ es ab 1. Juni 2008 bei 335 EUR. Es sprach ferner aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Den „außerordentlichen Revisionsrekurs" des Vaters legte das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vor. Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.

Rechtliche Beurteilung

1. Bei Ansprüchen auf den gesetzlichen Unterhalt ist gemäß § 58 Abs 1 JN das Dreifache der Jahresleistung zwingend als Wert des strittigen Rechts anzunehmen. Eines Bewertungsausspruchs des Rechtsmittelgerichts bedarf es daher nicht (RIS-Justiz RS0042366). Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhalts begehrt, so bildet den Streitwert nicht der Gesamtbetrag, sondern nur der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung (RIS-Justiz RS0046543). Bei der Ermittlung des Entscheidungsgegenstands zweiter Instanz in Unterhaltsverfahren kommt es dann, wenn (auch) laufende Ansprüche zu beurteilen sind, grundsätzlich auf den 36-fachen Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags an, der zum Zeitpunkt der Entscheidung der zweiten Instanz zwischen den Parteien noch strittig war; der neben dem laufenden Geldunterhalt geltend gemachte Rückstand ist der dreifachen Jahresleistung nach gefestigter jüngerer Rechtsprechung nicht hinzuzurechnen (RIS-Justiz RS0114353, RS0103147 [T6, T12, T14]). Eine Zusammenrechnung des auf jedes Kind entfallenden Entscheidungsgegenstands findet nicht statt (RIS-Justiz RS0017257, RS0112656).

Der Wert des Entscheidungsgegenstands, über den das Rekursgericht entschieden hat, liegt demnach bei Berücksichtigung der jeweils schon bestehenden Unterhaltsverpflichtungen betreffend Oliver bei 10.746 EUR an rückständigem Unterhalt und für Victoria bei ([650 EUR minus 250 EUR =] 400 EUR x 36 =) 14.400 EUR für den laufenden Unterhalt, in beiden Fällen somit jeweils unter 20.000 EUR.

2. Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 20.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). Vor einer nachträglichen Zulassung eines derartigen Revisionsrekurses durch die zweite Instanz ist der Oberste Gerichtshof funktionell unzuständig. Der Revisionsrekurs war dem Obersten Gerichtshof daher nicht vorzulegen, was auch dann gilt, wenn das Rechtsmittel - wie hier - als „außerordentliches" bezeichnet wird (RIS-Justiz RS0109516).

Die Akten sind demnach dem Erstgericht zurückzustellen, welches das Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen haben wird (§ 69 Abs 3 AußStrG).

3. Ob das Rechtsmittel den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob es insoweit einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte