OGH 2Ob79/09w

OGH2Ob79/09w10.6.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Franz Peter J*****, vertreten durch Waitz-Obermühlner Rechtsanwälte OG in Linz, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Helmut Destaller ua, Rechtsanwälte in Graz, wegen Feststellung (Streitwert und Revisionsinteresse 36.000 EUR), in eventu Leistung, in eventu Anfechtung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 2. März 2009, GZ 2 R 17/09a-25, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 5. Dezember 2008, GZ 39 Cg 74/08v-20, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.853,70 EUR (darin 780,95 EUR USt und 1.168 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zweiter und dritter Instanz binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Inhaber eines Einzelunternehmens, dessen Unternehmensgegenstand die Erfindung und Entwicklung innovativer Maschinen ist. Er hatte einen innovativen Bootsantrieb erfunden, der zu AZ ***** unter der Bezeichnung „Antriebseinrichtung für ein Wasserfahrzeug" am 1. 6. 2006 zum Patent beim Österreichischen Patentamt angemeldet worden war.

Der Kläger war auf der Suche nach einem Partner zur Finanzierung der Entwicklung und des Vertriebs. Der nunmehrige Geschäftsführer der Beklagten, DI M*****, war interessiert. Gemeinsam mit Dr. S***** und der P***** GmbH gründete er im Oktober 2005 die beklagte GmbH, um die Erfindung des Klägers zur Serienreife zu bringen.

Der Kläger war zunächst nicht an der Beklagten beteiligt; ihm war nur die Finanzierung der Weiterentwicklung wichtig. Ihm war klar, dass für den Start der Entwicklung zumindest 600.000 EUR erforderlich sind. Ohne diesen Mindestbetrag war er nicht bereit, mit der Beklagten zusammenzuarbeiten.

Über die Einbindung des Klägers in die Beklagte verhandelte der Kläger mit DI M*****. Sie kamen überein, dass der Kläger Geschäftsanteile der Beklagten erhalten und deren zweiter Geschäftsführer werden, der Kläger aber dafür seine Rechte an der Patentanmeldung an die Beklagte abtreten sollte.

Rechtsanwalt Dr. G***** riet den beiden, einen umfassenden und einheitlichen Beteiligungsvertrag abzuschließen. DI M***** und der Kläger wollten jedoch Kosten sparen und entschlossen sich, nur den Abtretungsvertrag für den Geschäftsanteil an der GmbH und die Abtretung der Rechte an der Patentanmeldung - das Patent war noch nicht eingetragen - von Dr. G***** aufsetzen zu lassen. Dr. G***** verfasste daher diese beiden Urkunden, wobei in Punkt 1. der Abtretungsvereinbarung bezüglich der Patentanmeldung der Kläger als Inhaber identifiziert und zugleich festgehalten wurde, dass er „aufgrund des am heutigen Tage geschlossenen Abtretungsvertrages Inhaber eines Geschäftsanteils an der B***** GmbH, welcher einer voll einbezahlten Stammeinlage von EUR 11.200,--, das sind 32 % des Stammkapitals dieser Gesellschaft, entspricht", ist. In Punkt 2. dieser Vereinbarung wurde die Abtretung sämtlicher Rechte aus dieser Patentanmeldung an die Beklagte geregelt und willigte der Kläger ein, dass nach Abschluss des Anmeldungsverfahrens die Beklagte als Eigentümerin der Erfindung beim Österreichischen Patentamt eingetragen werden kann. Abschließend wurde festgehalten: „In Hinblick auf die Gesellschafterstellung des Ing. Franz Peter J***** an der B***** GmbH wird ein gesondertes Entgelt für die Patentabtretung nicht vereinbart." Über Wunsch des Klägers wurde folgender Punkt 4. in diese Vereinbarung aufgenommen:

„Die B***** GmbH verpflichtet sich, die Rechte aus der Patentanmeldung bzw das erteilte Patent auf ihre Kosten an Ing. Franz Peter J***** zurückzuübertragen, wenn eine Start-up-Finanzierung von mindestens 600.000 EUR für die industrielle Verwertung der Erfindung durch die B***** GmbH nicht bis 31. 12. 2006 zustande kommt. Im Fall der Rückübertragung erlöschen alle weiteren Ansprüche aus dieser Vereinbarung."

Es konnte nicht festgestellt werden, dass zwischen den Streitteilen vereinbart oder auch nur darüber gesprochen wurde, dass die 600.000 EUR als Eigenkapital zu verstehen wären bzw eine diesbezügliche Fremdkapitalausstattung nicht in Frage kam.

Bezüglich der Einbindung des Klägers in die Beklagte setzte Dr. G***** einen Abtretungsvertrag auf, wonach die Gesellschafter der Beklagten Dr. S***** und P***** GmbH von ihrem einer zur Gänze bezahlten Stammeinlage von 11.550 EUR entsprechenden Geschäftsanteil jeweils einen solchen abtreten, der einer zur Gänze bezahlten Stammeinlage von 5.600 EUR entspricht. Diese beiden Anteile wurden zu einem Geschäftsanteil entsprechend einer Stammeinlage von 11.200 EUR (das sind 32 % des Stammkapitals) zusammengelegt. Zum Abtretungspreis wurde festgehalten, dass die Geschäftsanteile zum Nominalwert abgetreten werden. In Punkt VI. wurde festgehalten:

„Für den Fall, dass die Start-up-Finanzierung für die industrielle

Verwertung des ... Schiffantriebs durch die Gesellschaft bis zum 31.

12. 2006 nicht zustande kommt, räumen die übertragenden

Gesellschafter dem übernehmenden Gesellschafter die bis 15. Jänner

2007 durch Aufgabe einer entsprechenden Erklärung ... auszuübende

unwiderrufliche Option ein, die Geschäftsanteile an die übertragenden Gesellschafter zum Nominalwert wieder rückabzutreten ..."

Der Kläger und DI M***** suchten mit den beiden Schriftstücken den Notar Dr. S***** auf und teilten ihm mit, dass sie bezüglich der Geschäftsanteile einen Notariatsakt bräuchten, die Vereinbarung betreffend die Abtretung des Patents wollten sie notariell beurkundet unterfertigen. Der Kläger und DI M***** legten dem Notar übereinstimmend dar, dass beide Vereinbarungen eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Darauf unterschrieben der Kläger und DI M***** die Abtretungsvereinbarung bezüglich der Patentanmeldung vor dem Notar, der die Unterschriften notariell beurkundete. Zugleich mantelte Dr. S***** als Notar den Abtretungsvertrag bezüglich der Geschäftsanteile zum Notariatsakt.

Mit Vertrag vom 25. 9. 2006 wurde der Beklagten ein Kontokorrentkredit mit einem Rahmen von 600.000 EUR eingeräumt. Einvernehmlich wurde festgehalten, dass bis zur Förderzusage durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) über rund 827.000 EUR nur ein Kreditrahmen von 300.000 EUR zur Verfügung steht.

DI M***** bemühte sich in der Folge um die Förderung bei der FFG. Ein Mitarbeiter der FFG suchte im November 2006 die Beklagte auf und ging die Projektansätze durch. Dabei wurden Entwicklungsstunden und Stundensätze beanstandet und zusammengestrichen. Es kam daher zu einer Verschiebung der Förderzusage und eine solche war bis 31. 12. 2006 nicht möglich. DI M***** kontaktierte deshalb Rudolf Ö***** als Geschäftsführer der P***** GmbH, die ihre Haftung für den Kontokorrentkredit erhöhte, sodass für DI M***** ein allfälliges Finanzierungsloch geschlossen werden konnte. Dem Kläger war spätestens Anfang 2007 bewusst, dass die Start-up-Finanzierung zunächst über einen Kredit erfolgte, er ging aber wie die anderen Gesellschafter davon aus, dass Investoren gefunden werden können, weshalb das für ihn in Ordnung war.

Im Februar 2007 erteilte die FFG eine Förderzusage, die die Erwartungen der Beklagten überstieg, da zusätzlich noch ein Darlehen von 579.000 EUR zur Verfügung gestellt werden konnte, sodass die Gesamtförderung inklusive dieses Darlehens über 1.000.000 EUR betrug. 50 % der Mittel (543.676 EUR) wurden der Beklagten noch im Frühjahr 2007 ausbezahlt.

Die Beklagte beauftragte den Kläger mit den Entwicklungsarbeiten an der Erfindung und bezahlte zunächst entsprechend den vom Kläger gemeldeten Fortschritten. Die Ergebnisse der Entwicklungsarbeiten, die technischen Unterlagen, verblieben jedoch im Einzelunternehmen des Klägers, was zunächst für DI M***** als Geschäftsführer der Beklagten kein Problem war. Insgesamt wurden an den Kläger für die gemeldeten Entwicklungsarbeiten von der Beklagten bis Sommer 2007 rund 600.000 bis 700.000 EUR bezahlt.

Der Kläger fungierte bis Oktober 2007 als Geschäftsführer der Beklagten und bezog auch ein Geschäftsführergehalt. Zeichnungsberechtigt für das Konto der Beklagten blieb aber DI M*****. Die Freigabe für die Zahlungen an den Kläger erteilte DI M*****, nachdem ihm im August 2007 ein Fortschritt präsentiert worden war. Dabei wurde ihm auch eine CD der Präsentation übergeben, die jedoch zunächst nicht geöffnet werden konnte; nach Behebung dieses Problems musste DI M***** feststellen, dass die Unterlagen über die Entwicklung darauf nicht enthalten waren.

Bereits im Frühjahr/Sommer 2007 kam es zu Differenzen zwischen DI M***** und dem Kläger. Ab Sommer 2007 übermittelte der Kläger DI M***** keine Unterlagen mehr über die Entwicklungsarbeit, legte aber eine Rechnung, die von DI M***** nicht mehr bezahlt wurde, da er zuvor die Unterlagen vom Kläger haben wollte.

In welchem Ausmaß der Kläger tatsächlich die Entwicklungsarbeiten vorangetrieben hatte, konnte nicht festgestellt werden. Die Differenzen zwischen den Geschäftsführern blieben auch der FFG nicht verborgen. Sie verlangte, dass für die weiteren Förderzahlungen Einigkeit zwischen den Geschäftsführern hergestellt werden sollte. Zudem gab es Verzögerungen bei der Entwicklungsarbeit. Die FFG bemängelte insbesondere das Nichtvorhandensein technischer Unterlagen bei der Beklagten.

Der Kläger legte für seine Entwicklungstätigkeit noch Rechnungen gegenüber der Beklagten über rund 120.000 EUR, die nicht bezahlt wurden. Wegen seiner Forderungen stellte er Anfang 2008 einen Konkursantrag gegen die Beklagte.

Betreffend die Übergabe der technischen Unterlagen vereinbarten die Streitteile mehrere Termine, die aus unterschiedlichen Gründen nicht zustande kamen.

Von der FFG wurde die bereits fällige nächste Rate von 30 % der Fördersumme nicht ausbezahlt und angekündigt, dass, falls die fehlenden technischen Unterlagen nicht vorgelegt werden können, die ausbezahlten Fördermittel zurückgefordert werden.

Der Kläger ließ sich ab Herbst 2007 bei Kontakten mit der Beklagten häufig durch Johann A***** vertreten und wollte über diesen auch die technischen Unterlagen an DI M***** übergeben. Da zwischen DI M***** und Johann A***** persönliche Probleme bestehen und dieser nach Ansicht von DI M***** auch nicht über das erforderliche technische Wissen verfügt, ist DI M***** nicht bereit, für diese Übergabe Johann A***** als Übergeber der Unterlagen zu akzeptieren. Am 4. 4. 2008 fand eine Generalversammlung der Beklagten statt, bei der sich der Kläger wiederum von Johann A***** vertreten ließ. DI M***** berichtete über den Briefwechsel mit der FFG, in dem diese eine Einigung zwischen DI M***** und dem Kläger verlangt hatte, und meldete weiters, dass dieses Einigungsschriftstück vom Kläger nicht unterfertigt werde. Johann A***** gab an, ein Streit zwischen den Geschäftsführern liege nicht vor, da der Kläger die Geschäftsführung zurückgelegt habe. Zum Problem der fehlenden technischen Unterlagen nahm Johann A***** den Standpunkt ein, dass mit der übergebenen CD ohnehin alle technischen Daten an die Beklagte übergeben worden seien. Letztlich wurde auch über den Ausschluss des Klägers beraten, wobei der Rechtsvertreter des Gesellschafters P***** GmbH als Grund für den Ausschluss anführte, ein schädigendes Verhalten des Klägers sei darin zu erblicken, dass er unbegründet einen Konkursantrag gestellt und damit riskiert habe, dass keine weiteren Förderungen ausbezahlt werden. Auch die technischen Unterlagen, die zur Erlangung der Förderung erforderlich seien, seien nicht vorgelegt worden. Der Kläger habe Leistungen nicht erbracht und überhöhte Rechnungen gelegt. Johann A***** widersprach. Es wurde der Ausschluss des Klägers aus der Beklagten beschlossen. Der Kläger ließ den Beschluss unangefochten.

Das Patent war im Sommer 2007 für die Beklagte eingetragen worden, wobei der Kläger sich geweigert hatte, daran aktiv mitzuwirken. Nicht festgestellt werden konnte, dass von der Beklagten dem Kläger der Eindruck vermittelt wurde, dass die Start-up-Finanzierung von 600.000 EUR durch Eigenmittel erfolgt wären. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass die Geschäftsgrundlage für die Abtretung des Patents und den Eintritt des Klägers in die Beklagte als Gesellschafter eine über die Start-up-Finanzierung hinausgehende garantierte weitere Finanzierung gewesen wäre und dass der Kläger ohne eine solche garantierte Finanzierung nicht bereit gewesen wäre, die beiden Vereinbarungen vom 5. 7. 2006 abzuschließen. Nicht festgestellt werden konnte, dass der Kläger bis zur Klagseinbringung am 8. 4. 2008 einen Rückabwicklungsanspruch bezüglich der Patentübertragung gegenüber der Beklagten geltend gemacht hätte. Der Kläger begehrte zuletzt die Feststellung, die zwischen den Parteien am 5. Juli 2006 abgeschlossene Abtretungsvereinbarung, mit der sämtliche Rechte aus der österreichischen Patentanmeldung AZ ***** bzw aus dem daraus resultierenden Patent vom Kläger an die Beklagte abgetreten wurden, sei nichtig. Als erstes Eventualbegehren begehrte der Kläger, die Beklagte zu verpflichten, das genannte Patent mit der Patentnummer ***** auf ihre Kosten an den Kläger zu übertragen. Als zweites Evenutalbegehren begehrte der Kläger den Ausspruch, die im Hauptbegehren genannte Abtretungsvereinbarung werde aufgehoben.

Der Kläger brachte vor, die Abtretungsvereinbarung betreffend das Patent sei eine Schenkung und mangels Notariatsakts und mangels wirklicher Übergabe ungültig und nichtig (Hauptbegehren). Vereinbarungswidrig sei die Finanzierung von mindestens 600.000 EUR nicht bis 31. Dezember 2006 zustande gekommen. Der Kreditrahmen sei auf 300.000 EUR beschränkt gewesen bis zur Förderzusage der FFG, die erst Monate nach dem 31. 12. 2006 erfolgt sei. Die Beklagte sei gemäß Punkt 4. der Patentübertragungsvereinbarung verpflichtet, das Patent auf ihre Kosten an den Kläger rückzuübertragen (erstes Eventualbegehren). Überdies fechte er die genannte Übertragungsvereinbarung wegen eines von der Beklagten veranlassten Irrtums und wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage an. Ihm sei zugesagt worden, dass von Investoren 600.000 EUR als Eigenkapital zur Verfügung gestellt würden, was nicht geschehen sei. Dies sei aber Grundlage für die Unterfertigung der Vereinbarung gewesen. Er widerrufe die Abtretungsvereinbarung, eine Schenkung, wegen groben Undanks, weil die Beklagte ihm grundlos angedroht habe, ihn aus der Gesellschaft auszuschließen. Sollte sein unberechtigter Ausschluss aus der beklagten GmbH wirksam sein, sei dadurch jedenfalls die Geschäftsgrundlage für die Übertragung des Patents an die Beklagte weggefallen. Den inhaltlich unrichtigen Beschluss auf Ausschluss aus der Beklagten habe er unbekämpft gelassen, da die Beklagte seiner Ansicht nach insolvenzreif sei. Er sei daher nicht mehr Gesellschafter der Beklagten. Diese sei aber verpflichtet, das Patent an ihn rückzuübertragen, wenn es nach Ansicht der Beklagten richtig sei, dass die Übertragung des Patents und des Geschäftsanteils untrennbar miteinander verbunden seien (zweites Eventualbegehren). Die Beklagte brachte vor, die Abtretungsvereinbarung betreffend das Patent sei rechtswirksam, weil sie nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit dem gleichzeitigen Geschäftsanteilsabtretungsvertrag gesehen werden müsse. Es sei dem Kläger klar gewesen, dass die Abtretung der Rechte am Patent seine Gegenleistung für den Erwerb der Geschäftsanteile sei, sodass keine Schenkung vorliege. Außerdem habe eine tatsächliche Übergabe des Schenkungsobjekts durch Übergabe der Urkunde stattgefunden. Überdies wäre mit der Übertragung des Patents an die Beklagte ein allfälliger Formmangel geheilt worden. Es sei gelungen, eine Finanzierung über 600.000 EUR bis 31. Dezember 2006 herbeizuführen. Dass der Kläger in der Folge für Entwicklungsarbeiten über 700.000 EUR bezahlt bekommen habe, sei nicht nur wegen des Kredits, sondern auch über Fördermittel der FFG möglich gewesen. In der Zeit, in der er für die Entwicklungsarbeiten von der Beklagten bezahlt worden sei, habe der Kläger nie erklärt, er gehe davon aus, dass das Patent an ihn rückzuübertragen sei. Es wäre für die Beklagte unsinnig gewesen, an den Kläger Entgelt für Entwicklungsarbeiten zu leisten, wenn das Patent jenes des Klägers gewesen wäre. Die Streitteile seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass das Patent an den Kläger nicht rückübertragen werde. Trotz Bezahlung der Entwicklungsarbeiten habe der Kläger die Ergebnisse derselben nicht an die Beklagte ausgefolgt. Der Kläger habe die Beklagte zweifach getäuscht, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Einerseits habe er die Beklagte glauben lassen, die Übertragung des Patents sei wirksam, um ihn mit Entwicklungsarbeiten zu beauftragen, die sie bezahlt habe. Andererseits habe er bestätigt, dass die fakturierten Entwicklungsarbeiten tatsächlich erbracht worden seien. Wegen seiner Vorgangsweise sei der Kläger aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden. Dies berechtigte ihn aber nicht, die Rückübertragung des Patents oder die Aufhebung der seinerzeit geschlossenen Vereinbarung zu verlangen. Die Umstände, die zum Ausschluss des Klägers aus der Gesellschaft geführt hätten, seien viel später verwirklicht worden. Hätte er sich vertragstreu verhalten, wäre er nicht ausgeschlossen worden.

Das Erstgericht wies sämtliche Klagebegehren ab. Es traf die bereits wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, die Patentübertragung sei in engem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Übertragung der Geschäftsanteile gestanden. Die Patentübertragung könne daher keinesfalls als Schenkung qualifiziert werden. Damit erübrige sich aber die Frage, ob eine tatsächliche Übergabe bereits erfolgt sei, da eine Notariatsaktpflicht betreffend das Patent mangels Vorliegens einer Schenkung nicht gegeben sei. Das Hauptbegehren erweise sich somit als unberechtigt. Das erste Eventualbegehren (Rückübertragung) sei unberechtigt, weil ein Finanzierungsloch, das die Entwicklungsarbeiten behindert hätte, nicht entstanden sei. Die Förderzusage sei im Februar 2007 in einer Höhe erfolgt, die ursprünglich gar nicht erwartet worden wäre. Da der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt die Rückabwicklung des Vertrags nicht verlangt, sondern vielmehr als Entgelt für seine Entwicklungsarbeit einen Betrag erhalten habe, der die zugesicherte Start-up-Finanzierung überschritten habe, könne er „zum jetzigen Zeitpunkt" diese Rückabwicklung entsprechend Treu und Glauben gegenüber der Beklagten nicht mehr geltend machen. Da beide Vereinbarungen im wirtschaftlichen Zusammenhang stünden, sei davon auszugehen, dass der Kläger spätestens bis zum 15. Jänner 2007 (Befristung des Rückabtretungsrechts betreffend den Geschäftsanteil) sein Rückabtretungsrecht geltend hätte machen müssen, was aber nicht geschehen sei. Zum zweiten Eventualbegehren (Anfechtung) müsse mangels Vorliegens einer Schenkung auf den vom Kläger geltend gemachten Schenkungswiderruf nicht mehr eingegangen werden. Der Kläger könne sich aber auch nicht auf einen wesentlichen Irrtum oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage stützen. Die Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung gemäß § 871 ABGB lägen nicht vor. Es stehe nicht fest, dass ein allfälliger Geschäftsirrtum des Klägers darüber, dass die Finanzierung der gesamten Entwicklung seines Patents von der Finanzierungsseite abgesichert sei, durch die Beklagte veranlasst worden sei oder ihr hätte auffallen müssen. Ebenso liege eine rechtzeitige Aufklärung oder ein allenfalls gemeinsamer Irrtum nicht vor. Auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage könnte sich der Kläger gemäß § 901 ABGB nur dann stützen, wenn eine solche Geschäftsgrundlage Eingang in den Vertrag gefunden hätte. Dies sei aber nur im Umfang der Start-up-Finanzierung geschehen. Dass die Streitteile davon ausgegangen seien, dass sie zur weiteren Finanzierung auch Sponsoren finden würden, sei ein typisches Risiko bei derartigen Geschäften über die Entwicklung von Patenten. Der Kläger habe zum Finanzierungsproblem selbst dadurch beigetragen, dass er die notwendigen technischen Unterlagen der Beklagten nicht zur Verfügung gestellt habe, sodass Fördermittel in erheblicher Höhe nicht mehr ausbezahlt hätten werden können. Somit bestehe auch das Aufhebungsbegehren nicht zu Recht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge, indem es die Abweisung des Hauptbegehrens bestätigte, jedoch dem ersten Eventualbegehren auf Übertragung des Patents stattgab, und ließ die Revision nicht zu. Nachvollziehbare Ausführungen zum Hauptbegehren fehlten der Berufung. Zum ersten Eventualbegehren (Rückübertragung) führte das Berufungsgericht aus, die Start-up-Finanzierung von 600.000 EUR sei bis 31. 12. 2006 nicht vorgelegen. Den Rückübertragungsanspruch betreffend das Patent zu verneinen, würde einen stillschweigenden Verzicht des Klägers auf sein Rückübertragungsrecht im Patentabtretungsvertrag erfordern. Bei Annahme eines stillschweigenden Verzichts sei Vorsicht geboten, es müssten besondere Umstände darauf hinweisen, dass er ernstlich gewollt sei. Maßgebend sei, ob der Verpflichtete unter Bedachtnahme auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche und bei Überlegung aller Umstände den zweifelsfreien Schluss (§ 863 ABGB) auf den Verzichtswillen des Berechtigten ziehen durfte. Die bloße Nichtausübung eines Rechts führe regelmäßig noch nicht zum Rechtsverlust. Nach diesen Grundsätzen könne noch auf keinen wirksamen Verzicht des Klägers auf seinen Rückübertragungsanspruch über das Patent geschlossen werden. Es sei von der Beklagten nicht behauptet und auch nicht festgestellt worden, dass dem Kläger bei Annahme bzw Durchführung der Weiterentwicklungsaufträge der Beklagten bekannt gewesen wäre, dass die Bedingung für die Verwirklichung des Rückübertragungsanspruchs eingetreten sei. Es stehe nicht fest, dass der Kläger von der Beklagten (weitere) Entwicklungsaufträge betreffend das Patent angenommen habe, obwohl er gewusst habe, dass ihm der Rückübertragungsanspruch zustehe. Es bestehe zwar eine wechselseitige Verknüpfung zwischen dem Patentabtretungs- und dem Geschäftsanteilsabtretungsvertrag. Der Verlust des Rückabtretungsrechts des Klägers betreffend den Geschäftsanteil mit Ablauf des 15. Jänner 2007 führe aber keineswegs zwingend automatisch auch zum Verlust des Rückabtretungsanspruchs aus dem Patentabtretungsvertrag, da in diesem eine derartige (gefährlich kurze) Befristung gerade nicht vereinbart worden sei. Mangels Vorliegens eines (schlüssigen) Verzichts auf die Rückübertragung des Patents bestehe das erste Eventualbegehren zu Recht. Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung die Zurückzuweisung der Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage, hilfsweise wird beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Die Beklagte macht im Ergebnis zutreffend geltend, dem Berufungsgericht sei bei der vorliegenden Vertragsauslegung eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen.

Das Berufungsgericht hat die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu, wann ein stillschweigender Verzicht auf ein Recht anzunehmen sei (RIS-Justiz RS0014190), zutreffend dargestellt. Danach gibt es im vorliegenden Fall aber keinen vernünftigen Grund gemäß § 863 ABGB, am schlüssigen Verzicht des Klägers auf sein Rückübertragungsrecht betreffend das Patent zu zweifeln: Der Sinn der beiden gegenständlichen Klauseln in den beiden Verträgen ist die Einräumung der Rückabwicklungsmöglichkeit für den Kläger, falls die Finanzierung scheitern sollte. Da die Finanzierung zum 31. 12. 2006 nach der insoweit zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts nicht voll gesichert war und die Klausel im Patentabtretungsvertrag im Gegensatz zum Geschäftsanteilsabtretungsvertrag keine Befristung (15. Jänner 2007) enthielt, hätte der Kläger zwar allenfalls auch nach diesem Tag die Rückübertragung des Patents (der Rechte aus der Patentanmeldung) fordern können. Als aber im Februar 2007 die anfänglich beabsichtigte Finanzierung sogar in einem höheren Ausmaß, als in den Rücktrittsklauseln genannt, vorhanden war, war für den Kläger der wesentliche Grund, sich eine „Ausstiegsoption" offen zu halten, weggefallen. Unabhängig davon, ob der Kläger konkret über das Ausmaß der im Februar 2007 erfolgten Finanzierung wusste bzw ob er sich darüber überhaupt erkundigte, kann sein Verhalten im Laufe des Jahres 2007, nämlich die (von ihm gemeldete) Arbeit am konkreten Projekt durch mehr als ein halbes Jahr, die mehrmalige Rechnungslegung, die Entgegennahme von 600.000 EUR bis 700.000 EUR an Entgelt von der Beklagten sowie der Bezug des Geschäftsführergehalts nicht anders verstanden werden, als dass der Kläger endgültig in die Kooperation mit der Beklagten betreffend die Verwertung des Patents einsteigen und somit von seiner im Patentabtretungssvertrag vorgesehenen „Ausstiegsoption" abstehen wollte.

Das erste Eventualbegehren auf Rückübertragung des Patents besteht daher nicht zu Recht, weil der Kläger schlüssig auf sein diesbezügliches Gestaltungsrecht im Patentüberlassungsvertrag verzichtet hat.

Zur mangelnden Berechtigung des zweiten Eventualbegehrens kann auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des Erstgerichts verwiesen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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