OGH 2Ob275/08t

OGH2Ob275/08t20.5.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Hans-Dieter L*****, 2. Gerhard L*****, 3. Eva L*****, vertreten durch Sluka Hammerer Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei Dipl.-Bw. Herbert F*****, vertreten durch Mag. Thomas Leitner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 113.000 EUR sA (Revisionsinteresse 101.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 18. September 2008, GZ 4 R 140/08y-64, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 19. Mai 2008, GZ 3 Cg 67/05t-60, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 2.456,35 EUR (darin 409,39 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung

Der Beklagte führte im Auftrag der Kläger für diese Umschuldungsmaßnahmen durch. Zuletzt begehrte nur mehr der Erstkläger vom Beklagten die Bezahlung von 113.000 EUR sA mit der wesentlichen Begründung, der Beklagte habe in der Endphase der Umschuldung Druck auf die Kläger erzeugt, den Klägern sei keine andere Wahl geblieben, als bestimmte Verträge und auch einen Abbuchungsauftrag über 147.000 EUR zu unterschreiben. Sie hätten nicht erkennen können, dass dieser Betrag eine Vergütung für die Tätigkeiten des Beklagten darstelle. Nach der getroffenen Vereinbarung zwischen den Streitteilen stehe dem Beklagten aber nur ein Honorar von 34.000 EUR zu, den Rest in Höhe des Klagsbetrags habe der Beklagte zurückzuzahlen.

Der Beklagte bestritt und brachte im Wesentlichen vor, die Kläger seien mit dem Honorar von 147.000 EUR einverstanden gewesen, der Erstkläger habe dies auch durch Unterschriftsleistung anerkannt. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 101.000 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren von 12.000 EUR sA ab. Es ging rechtlich im Wesentlichen davon aus, der Beklagte habe in der Endphase des Umschuldungsprozesses die Zwangslage der Kläger ausgenützt, weshalb der Wuchertatbestand gemäß § 879 Abs 2 Z 4 ABGB verwirklicht sei und daher in der Endphase des Umschuldungsprozesses keine wirksame (neue) Honorarvereinbarung zustande gekommen sei. Auf Basis der ursprünglichen Honorarvereinbarung stünden dem Beklagten die 2%ige Erfolgsprovision in Höhe von 31.000 EUR sowie an Pauschalkosten für Dienstleistungen, Aufwandskosten und Abdeckung von Anwalts- und Notarkosten 15.000 EUR (bemessen gemäß § 273 ZPO), insgesamt somit 46.000 EUR zu, sodass das Klagebegehren mit 101.000 EUR zu Recht bestehe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Dem Beklagten sei zwar kein Ausnützen einer Zwangslage der Kläger vorzuwerfen, weshalb § 879 Abs 2 Z 4 ABGB nicht verwirklicht sei. Trotzdem sei nach dem festgestellten Sachverhalt in der Endphase des Umschuldungsprozesses zwischen dem Erstkläger und dem Beklagten kein Pauschalhonorar von 147.000 EUR vereinbart worden. Soweit der Beklagte in der ursprünglichen Honorarvereinbarung abgesehen von der prozentuellen Honorierung, bemessen an der Finanzierungssumme, zusätzlich die Honorierung seiner Arbeitsstunden begehre, habe der Berufungswerber in seiner Rechnung eine Aufschlüsselung der geleisteten Arbeitsstunden verabsäumt. Betreffend das Honorar von 147.000 EUR liege auch kein konstitutives Anerkenntnis durch die Kläger vor.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil eine Entscheidung mit vergleichbarem Sachverhalt nicht gefunden worden sei und sich die Lösung der entscheidungswesentlichen Rechtsfragen nicht unmittelbar aus der Judikatur des Obersten Gerichtshofs ergebe. In den Entscheidungen 7 Ob 155/00w und 1 Ob 2168/96x habe der Oberste Gerichtshof zwar ausgesprochen, dass eine Aufschlüsselung nach geleisteten Arbeitsstunden dann nicht nötig sei, wenn im Berufszweig die Entlohnung üblicherweise (also nach der Verkehrsübung) nach bestimmten Prozentsätzen des Wertes, der dem durch die Tätigkeit Begünstigten zukomme, erfolge. Diese Entscheidungen hätten sich jedoch auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag bezogen. Im vorliegenden Fall sei auch eine Abrechnung nach Stunden vereinbart worden, weshalb die zitierten Entscheidungen mangels vergleichbaren Sachverhalts nicht auf den gegenständlichen Fall angewendet werden könnten.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung abzuändern.

Die Kläger beantragen in der Revisionsbeantwortung, die Revision wegen des Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Das Berufungsgericht hat keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt:

Dass eine Entscheidung zu einem vergleichbaren Sachverhalt nicht existiert, begründet nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung gerade keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Die Besonderheiten der Fallgestaltung schließen eine richtungsweisende, die Rechtsentwicklung vorantreibende und für künftige Entscheidungen nutzbringende Judikatur des Obersten Gerichtshofs sogar eher aus (RIS-Justiz RS0122015; RS0107773; RS0102181).

Die vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen 1 Ob 2168/96x und 7 Ob 155/00w (vgl RIS-Justiz RS0105637) sind - wie das Berufungsgericht selbst erkennt - im vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil sie Fälle der Geschäftsführung ohne Auftrag betreffen, die hier nicht vorliegt. Dazu kommt, dass sich der Beklagte ursprünglich ein Honorar ausbedungen hat, das sich sowohl (erfolgsabhängig) aus einem Prozentsatz vom Wert der Finanzierungsleistung als auch aus einem Stundenhonorar für aufgewendete Stunden zusammensetzt. Unter diesen Umständen ist die Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte hätte in seiner Rechnung eine Aufschlüsselung nach geleisteten Arbeitsstunden vornehmen müssen (um die Höhe des insoweit begehrten Honorars zu rechtfertigen), keine vom Revisionsgericht aufzugreifende Fehlbeurteilung (vgl RIS-Justiz RS0114624).

Auch der Beklagte zeigt in der Revision keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf: Er meint, dem Berufungsgericht sei eine krasse Fehlbeurteilung insofern unterlaufen, als es die Unterfertigung zweier Urkunden durch den Erstkläger nicht als Anerkenntnis der Honorarforderung des Beklagten gewertet habe.

Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung ist die Frage, ob eine Erklärung ein Anerkenntnis darstellt, gegebenenfalls, ob ein deklaratives oder ein konstitutives Anerkenntnis vorliegt, einzelfallbezogen (RIS-Justiz RS0032666; RS0044468 [T2]; RS0017965), weshalb nur auffallende Fehlbeurteilungen vom Obersten Gerichtshof aufgegriffen werden können. Das gleiche gilt für die Frage, ob die Zahlung aus der Sicht des Empfängers als schlüssiges Anerkenntnis verstanden werden durfte, das die Rückforderung ausschließt (RIS-Justiz RS0113193).

Eine krasse Fehlbeurteilung ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen: Ist ein Streit über Ansprüche noch gar nicht entstanden und bestand daher gar keine Ursache, einen solchen Streit durch Schaffung eines neuen, selbständigen Verpflichtungsgrundes zu bereinigen, ist kein Grund vorhanden, ein Anerkenntnis anzunehmen (RIS-Justiz RS0032841). Aus den Feststellungen ergeben sich zwar Hinweise für Unstimmigkeiten zwischen dem Beklagten einerseits und den Klägern andererseits in der Endphase des Umschuldungsprozesses, es gibt jedoch keinen Hinweis darauf, dass gerade die Frage der Honorarhöhe damals strittig gewesen wäre. Der Beklagte konnte somit nicht davon ausgehen, der Erstkläger wolle hinsichtlich des Honorars des Beklagten einen neuen Verpflichtungsgrund schaffen (vgl auch RIS-Justiz RS0014279). Schon das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, dass der Erstkläger mit seiner Unterschrift unter „Sanierungsmanagement für L*****", welche Urkunde den Betrag von 147.000 EUR für „Sanierungsmanagement, Organisation und Koordination, Finanzmittelbeschaffung, Vergleichsverhandlungen und Rechtsvertretungen" ausweist, nur die Übernahme dieser Urkunde („übernommen am:") bestätigt hat. Der Überweisungsauftrag des Erstklägers über 147.000 EUR lässt Zweifel offen, ob der Erstkläger damit in der von § 863 ABGB geforderten Eindeutigkeit ein konstitutives Anerkenntnis der Honorarforderung des Beklagten abgeben wollte. Die Unterfertigung dieses Überweisungsauftrags kann auch so gedeutet werden, der Erstkläger drücke dadurch - als Wissenserklärung - seine (möglicherweise unzutreffende) Meinung aus, hiermit die sich aus der ursprünglich getroffenen Honorarvereinbarung zu errechnende Honorierung zu begleichen.

Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers traf ihn die Beweislast für das Vorliegen eines Sachverhalts, aus dem sich ein konstitutives Anerkenntnis seiner Honorarforderung ableiten ließe, würde dies doch hier eine den Rückforderungsanspruch des Erstklägers vernichtende Tatsache darstellen.

Die vom Revisionswerber behauptete Verkehrsübung, ihm stehe ein gewisser Prozentsatz des Umschuldungsvolumens (Vergleichsprovision von 5 % bzw 10 %) als Honorar zu, steht nicht fest. Selbst wenn eine solche feststünde, müsste sich der Beklagte die davon abweichend festgestellte Vereinbarung entgegenhalten lassen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte