OGH 15Os55/09s

OGH15Os55/09s13.5.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Mai 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard L***** wegen des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. November 2008, GZ 24 Hv 119/08f-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass (§ 290 Abs 1 StPO) wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Unterstellung der Tat auch nach § 131 erster Fall StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard L***** des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 1. September 2008 in Wien Verfügungsberechtigten des „C*****" 130 Euro Bargeld mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er das Geld aus der geöffneten Kassenlade nahm und in seine Hosentasche steckte, wobei er, bei dem Diebstahl auf frischer Tat betreten, Gewalt gegen die Kellnerin Svetlana W***** anwendete, um sich die weggenommene Sache zu erhalten, indem er ihr mit den Fäusten sechs bis sieben Mal in das Gesicht und gegen den Oberkörper schlug, in der Folge aber von unbekannten Personen festgehalten wurde.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl. Die Subsumtionsrüge (Z 10) zeigt zwar zutreffend auf, dass nach den Urteilsfeststellungen, denen zufolge der Angeklagte bei der Geldwegnahme betreten und am Verlassen des Tatorts gehindert werden konnte, keine Vollendung der als räuberischer Diebstahl nach §§ 127, 131 erster Fall StGB qualifizierten Tat vorlag (RIS-Justiz RS0090680, RS0093717). Der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO setzt jedoch voraus, dass die der Entscheidung zugrunde liegende Tat einem Strafgesetz unterzogen wurde, das darauf nicht anzuwenden ist, wogegen die versuchte Tat demselben Gesetz zu unterstellen ist wie die vollendete, nämlich der durch sie verletzten materiellen Strafnorm. Erst bei der dem Subsumtionsvorgang nachgelagerten Strafbemessung wird die Frage der Abgrenzung zwischen dem Versuchs- und dem Vollendungsstadium rechtlich relevant (RIS-Justiz RS0122138). Die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) kritisiert die Unterlassung der Wertung der festgestellten (US 5) Alkoholisierung des Angeklagten als mildernd, macht damit aber nur einen Berufungsgrund geltend (RIS-Justiz RS0099920; Fabrizy, StPO10 § 281 Rz 76). Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 290 Abs 1 StPO) überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch, dass dem Urteil keine Feststellungen zur inneren Tatseite zu entnehmen sind, die die angenommene Qualifikation des Diebstahls als räuberischer nach § 131 erster Fall StGB zu tragen imstande sind.

Denn nach den wesentlichen Konstatierungen zur subjektiven Tatseite handelte Gerhard L***** mit dem Vorsatz, sich durch die Zueignung des Bargelds unrechtmäßig zu bereichern und sich, auf frischer Tat betreten, durch die Anwendung von Gewalt den Erhalt der erbeuteten Sache zu sichern (US 4).

Des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB macht sich schuldig, wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betreten, Gewalt gegen eine Person anwendet oder sie mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) bedroht, um sich oder einem Dritten die weggenommene Sache zu erhalten. In Ansehung des angestrebten Erhalts der weggenommenen Sache ist also Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) erforderlich, dolus im Sinn des § 5 Abs 1 StGB genügt hingegen nicht.

Da den Urteilsfeststellungen die erforderliche Absicht des Angeklagten, sich den Erhalt der weggenommenen Sache durch Gewaltanwendung zu sichern, nicht zu entnehmen ist, vermögen diese die rechtliche Annahme der Qualifikation nach § 131 erster Fall StGB nicht zu tragen. Die Anführung des Gesetzestexts dieser Bestimmung im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) kann die fehlende Feststellung in den Entscheidungsgründen nicht ersetzen (SSt 64/75; Lendl, WK-StPO § 260 Rz 8).

Einer amtswegigen Wahrnehmung (§ 290 Abs 1 StPO) des - nicht mit Sanktionsrüge relevierten - Umstands, dass das Erstgericht auf Basis der getroffenen Feststellungen die Annahme des Milderungsgrundes des Verbleibens der Tat beim Versuch nach § 34 Abs 1 Z 13 StGB zu Unrecht verweigert hat (RIS-Justiz RS0122137), bedurfte es in Hinblick auf die Kassation des Strafausspruchs nicht.

Das angefochtene Urteil war daher in der Unterstellung der Tat auch nach § 131 erster Fall StGB sowie im Strafausspruch aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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