OGH 7Ob59/09s

OGH7Ob59/09s29.4.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dieter A*****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei W***** AG *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Rechnungslegung und Zahlung, über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 12. Dezember 2008, GZ 2 R 229/08y-15, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 22. September 2008, GZ 23 Cg 133/07w-11, infolge Berufung des Klägers bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1.) beschlossen:

Die Bezeichnung der beklagten Partei wird von W***** AG auf W***** AG ***** von Amts wegen richtig gestellt.

2.) zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 1.959,48 EUR (darin enthalten 326,58 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zu 1.): Die Berichtigung der Parteibezeichnung der Beklagten gründet sich auf §§ 235 Abs 5 ZPO und das offene Firmenbuch (FN *****).

Zu 2.): Der Kläger, ein Versicherungsmakler, schloss mit der Beklagten am 13. 1. 1998 einen Lebensversicherungsvertrag, dem die „Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Erlebens- und Rentenversicherungen, Anhang 089" (im Folgenden: AVB) zugrundegelegt wurden. Deren § 16 lautet auszugsweise:

„Wie sind Sie am Gewinn beteiligt?

(1) Erlebens- und Rentenversicherungen sind in der Regel langjährige Versicherungsverträge. Um die Erbringung der vereinbarten Versicherungsleistung über die gesamte Versicherungsdauer hinweg sicherzustellen, sind die Prämien vorsichtig kalkuliert. Vorsichtige Annahmen werden insbesondere hinsichtlich der Kapitalerträge (Verzinsung) getroffen. Regelmäßige Überschüsse sind die Folge der vorsichtigen Prämienkalkulation.

(2) Sie nehmen im Wege der Gewinnbeteiligung an den von uns erzielten Überschüssen teil. Die Aufteilung der Überschüsse erfolgt über Gewinn- und Abrechnungsverbände, in denen alle gleichartigen Versicherungsverträge zusammengefasst sind. Ihr Versicherungsvertrag gehört dem Gewinnverband R an. Ab Anfall der versicherten Rente oder ab Inanspruchnahme des Rentenwahlrechtes gehört er innerhalb dieses Gewinnverbandes dem Abrechnungsverband 87 an.

(3) Der auf Ihren Vertrag entfallende Gewinn wird alljährlich am 31. Dezember gutgeschrieben. Die erstmalige Gutschrift erfolgt bei Versicherungen gegen Einmalprämie am 31. Dezember im zweiten Versicherungsjahr, [...].

(4) Für die Höhe des Gewinnanteiles sind die von unseren Unternehmensorganen diesbezüglich jeweils gefassten Beschlüsse maßgeblich. Der Anspruch auf den Gewinnanteil entsteht mit der Beschlussfassung.

Vorangehende Zahlenangaben über die Gewinnbeteiligung beruhen auf Schätzungen, denen die durchschnittlichen Verhältnisse der letzten zehn Jahre zugrundegelegt sind. Solche Angaben sind daher unverbindlich.

Die tatsächlich zur Auszahlung gelangende Gewinnbeteiligung hängt allein von den während der Laufzeit des Vertrages erzielten Überschüssen ab.

(5) Handelt es sich bei Ihrem Vertrag um eine Erlebensversicherung oder um eine Rentenversicherung, bei der die erste Rentenzahlung noch nicht fällig geworden ist, so setzt sich der auf Ihren Vertrag entfallende Gewinn aus einem Gewinnanteil und einem Zusatzgewinnanteil zusammen.

Der Gewinnanteil wird in Prozent der tariflichen Deckungsrückstellung der Stammversicherung und der bereits erworbenen Gewinn-Zusatzversicherungen am Beginn des laufenden Versicherungsjahres berechnet. Der Zusatzgewinnanteil wird in Promille der versicherten Erlebenssumme bzw. des versicherten Rentenkapitalwertes berechnet. Die Höhe des Prozentsatzes für den Gewinnanteil und des Promillesatzes für den Zusatzgewinnanteil wird in unserem jeweiligen Geschäftsbericht veröffentlicht.

Bei Erlebensversicherungen werden Gewinnanteile bis zum Ende der Versicherungsdauer, bei Rentenversicherungen bis zur Fälligkeit der ersten Rentenzahlung zugewiesen. Zusatzgewinnanteile erhalten nur Versicherungsverträge gegen laufende Prämienzahlung und nur bis zu jenem Bilanzstichtag, bis zu dem auch Prämien laufend entrichtet werden.

[...]

(7) Der auf Ihren Vertrag entfallende Gewinn dient der Erhöhung der Versicherungsleistung aus Ihrem Versicherungsvertrag. Er wird dazu als Einmalprämie für eine Gewinn-Zusatzversicherung verwendet, deren Versicherungsleistung gleichzeitig mit der Leistung aus der Stammversicherung fällig wird. Beziehen Sie aus Ihrem Vertrag laufende Rentenzahlungen, so bedeutet dies eine Erhöhung der laufenden Rente ab dem Zeitpunkt der Gewinngutschrift. Für die Gewinn-Zusatzversicherung gelten die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Stammversicherung sinngemäß.

(8) Wenn die Prämien bis zum Ablauf der vereinbarten Prämienzahlungsdauer voll bezahlt sind, erhalten Sie bei Fälligkeit der Erlebensleistung bzw. der ersten Rentenzahlung zusätzlich einen Schlussgewinnanteil in Höhe eines Gewinnanteiles. Dadurch erhöht sich bei Rentenversicherungsverträgen die laufende Rente. Der Anspruch auf diesen Schlussgewinnanteil besteht auch bei Versicherungsverträgen gegen Einmalprämie, nicht jedoch bei solchen, die sofort beginnende Rentenzahlungen vorsehen.

[...]."

Versicherungsbeginn war am 1. 10. 1997, die Versicherungsdauer betrug zehn Jahre. Der Kläger leistete der Beklagten eine Einmalzahlung von 1 Mio ATS (= 72.672,83 EUR). Nach den in der Polizze festgehaltenen Vereinbarungen sollte er zum Fälligkeitstermin 1. 10. 2007 entweder eine garantierte monatliche Rente von 5.224 ATS (= 379,64 EUR) oder ein einmaliges garantiertes Ablösekapital von 1.280.365 ATS (= 93.047,75 EUR) erhalten. Die angesammelten Gewinnanteile würden eine Erhöhung des Ablösekapitals auf 1.895.793 ATS (= 137.772,65 EUR) bewirken. Diese Angabe sei unverbindlich; sie beruhe auf einer Schätzung, der die durchschnittlichen Verhältnisse der letzten zehn Jahre zugrundegelegt seien. Die tatsächlich zur Auszahlung gelangende Gewinnbeteiligung hänge allein von den während der Laufzeit des Vertrags erzielten Überschüssen ab.

Mit Schreiben vom 9. 10. 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er werde zum Fälligkeitszeitpunkt einen Erlebensgewinn von ca 21.868,97 EUR, insgesamt daher 114.916 EUR erhalten.

Der Kläger begehrt mit der am 30. 8. 2007 beim Erstgericht eingebrachten (Stufen-)Klage, die Beklagte schuldig zu erkennen, 1.) ihm über die dem Gewinnverband R und die seiner Lebensversicherung zugewiesenen Zinsgewinnanteile sowie deren Berechnung Rechnung zu legen und 2.) den sich aufgrund dieser Rechnungslegung ergebenden Guthabensbetrag samt 4 % Zinsen zu bezahlen, wobei die ziffernmäßige Festsetzung des Zahlungsbegehrens bis zur Rechnungslegung vorbehalten bleibe. Die Beklagte sei zur Rechnungslegung verpflichtet, weil er die Richtigkeit der Höhe des von ihr mit 21.068,97 EUR errechneten Gewinnanteils sonst nicht überprüfen könne. Die Beklagte müsse die Gewinnzahlen, die Betriebskosten sowie die Überschuss- und Summengewinne ausweisen und durch das Testat eines Wirtschaftsprüfers bestätigen lassen. § 16 AVB sei im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG intransparent.

Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Sie habe den Kläger in § 16 AVB über die Grundsätze der Berechnung der Gewinnbeteiligung informiert und ihm jährlich den Stand der erworbenen Gewinnbeteiligung mitgeteilt. Mit Schreiben vom 5. 3. 2007 habe sie den Kläger darauf hingewiesen, dass Gewinnermittlung und -verteilung der Kontrolle der Finanzmarktaufsicht unterliege und habe ihm einen Auszug aus dem Geschäftsplan (= der vereinbarte Tarif) übermittelt. Anhand der Unterlagen in Verbindung mit den veröffentlichten Geschäftsplänen sei es dem Kläger möglich, die ihm zugewiesene Gewinnbeteiligung nachzuvollziehen. Sie sei dem Kläger daher nicht zur Rechnungslegung verpflichtet. Allenfalls habe sie ihre Rechnungslegungspflicht mit Schreiben vom 5. 2. 2008 erfüllt.

Mit diesem Schreiben hatte die Beklagte dem Kläger tabellarische Darstellungen der Deckungsrückstellungen vom 1. 10. 1997 bis 1. 10. 2007 und der Prozentangaben der in den Jahren 1987 bis 2006 jeweils am 31. 12. erfolgten Zinsgewinnausschüttungen übermittelt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren in beiden Punkten ab. Nach dem mit der VAG-Novelle 1994 erfolgten Wegfall der aufsichtsbehördlichen Genehmigungspflicht für die versicherungsmathematischen Grundlagen und Tarife sei auch die einer Rechnungslegungspflicht entgegenstehende Kontrolle der Aufsichtsbehörde weggefallen. Obwohl es mit dem VersRÄG 2006 zu einer Ausweitung der Informationspflichten zur Gewinnbeteiligung gekommen sei (§ 18b Abs 2 Z 2 VAG), werde in den Erläuterungen zu dieser Gesetzesänderung die vertragliche Nebenpflicht des Versicherers hervorgehoben, dem Versicherungsnehmer auf Verlangen Auskunft über dessen Zahlungen, deren Verrechnung und die Errechnung der vom Versicherer erbrachten Leistung zu erteilen. Diese Pflicht werde durch die aufsichtsrechtlichen Pflichten nicht verdrängt. Damit werde eine vertragliche Nebenpflicht des Versicherers zur Rechnungslegung neben einer im VAG normierten aufsichtsbehördlichen Kontrolle bejaht. Die Beklagte sei demnach zwar zur Rechnungslegung verpflichtet gewesen, habe diese Verpflichtung aber mit dem Schreiben vom 5. 2. 2008 erfüllt. Unter dem Blickwinkel des Kostenersatzrechts sei der Kläger in dem davor liegenden Verfahrensabschnitt als obsiegend und danach als unterlegen anzusehen.

Das Berufungsgericht bestätigte die (vom Kläger auch im Kostenpunkt bekämpfte) erstinstanzliche Entscheidung. Der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung 7 Ob 33/90 ausgesprochen, dass der Versicherte hinsichtlich seiner Gewinnbeteiligung keinen Rechnungslegungsanspruch gegenüber dem Lebensversicherer habe, zumal dieser der Kontrolle durch die Versicherungsaufsichtsbehörde unterliege. Die Wahrung der Belange der Versicherten bei Dotierung der Gewinnrückstellung und Festsetzung des Ausschüttungssatzes sei daher Aufgabe der Versicherungsaufsichtsbehörde. Nach der damaligen Rechtslage hätten die Versicherungsunternehmen einen Geschäftsplan zu erstellen gehabt, der die Allgemeinen und Besonderen Versicherungsbedingungen sowie die Grundsätze für die Berechnung der Prämienrückerstattung (Gewinnbeteiligung) enthalten habe müssen und der Genehmigung durch die Versicherungsaufsichtsbehörde bedurft habe. Dieses Genehmigungserfordernis sei durch die Novelle BGBl 1994/652 aufgrund europarechtlicher Vorgaben beseitigt worden. Das System der materiellen Staatsaufsicht sei dadurch aber nicht in Frage gestellt worden. Vielmehr sei die bisherige präventive Kontrolle im Bereich der Versicherungsbedingungen und Tarife zu einer bloß nachprüfenden verlagert worden, ohne dass die Maßstäbe dieser Kontrolle eine Änderung erfahren hätten. Seit der anschließenden Novellierung des § 18 Abs 4 VAG müsse den Versicherten bzw Versicherungsnehmern bei Versicherungsverträgen mit Gewinnbeteiligung ein angemessener Teil des Überschusses zugute kommen. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle diese Regelung die Bedeutung der Überschussbeteiligung unterstreichen und eine einwandfreie Grundlage für ein notwendiges aufsichtsbehördliches Einschreiten im Rahmen der nachprüfenden Kontrolle schaffen. Die Versicherungsaufsichtsbehörde habe daher bei Missständen einzuschreiten und zur Wahrung der Interessen der Versicherten geeignete Anordnungen im Sinn des § 104 Abs 1 VAG zu treffen. An den tragenden, der Entscheidung 7 Ob 33/90 zugrundeliegenden Wertungen habe sich daher bis heute nichts geändert. Zwar werde in den Materialien zur jüngsten Novellierung des § 18b Abs 2 Z 1 VAG (BGBl I 2006/95) angenommen, das Versicherungsunternehmen treffe auch die vertragliche Nebenpflicht, dem Versicherungsnehmer auf Verlangen Auskunft über dessen Zahlungen, deren Verrechnung und die Errechnung der vom Versicherungsunternehmen erbrachten Leistungen zu erteilen. Diese nur am Rande und ohne Begründung geäußerte Rechtsansicht entfalte aber keine normativen Wirkungen. Der in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage vertretenen Auffassung sei daher nicht zu folgen. Vielmehr sei ein Rechnungslegungsanspruch des Versicherungsnehmers in Übereinstimmung mit der nach wie vor maßgeblichen Entscheidung 7 Ob 33/90 weiterhin zu verneinen. Mit diesem Ergebnis harmoniere auch die Entscheidung 7 Ob 233/06z, wonach ein einzelner Versicherungsnehmer aus § 18b Abs 2 Z 2 VAG, der bestimmte Informationspflichten des Lebensversicherers statuiere, keine unmittelbaren subjektiven Rechtsansprüche ableiten könne, zumal diese Bestimmung bloß eine aufsichtsrechtliche Verpflichtung des Versicherers begründe. Da die vom Kläger behauptete Rechnungslegungspflicht nicht bestehe, sei eine nähere Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Schreibens vom 5. 2. 2008 entbehrlich. Eine Abänderung der Kostenentscheidung zugunsten des Klägers komme nicht in Betracht, weil der Kläger auch im ersten Verfahrensabschnitt nicht als obsiegend anzusehen sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei, weil keine höchstgerichtliche Judikatur zur Rechtsfrage existiere, ob eine Rechnungslegungspflicht des Lebensversicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer hinsichtlich der Gewinnbeteiligung auch seit dem Inkrafttreten der VAG-Novelle BGBl 1994/652 zu verneinen sei.

Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich die Revision des Klägers, der unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, das angefochtene Urteil im Sinn einer Klagsstattgebung abzuändern.

Die Beklagte stellt in der Revisionsbeantwortung den Antrag, das Rechtsmittel ihres Prozessgegners entweder zurück- oder abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Die Ausführungen des Revisionswerbers können nicht überzeugen, während die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung zutreffend sind. Gemäß § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO reicht es daher aus, grundsätzlich auf die Richtigkeit der Entscheidungsbegründung der zweiten Instanz zu verweisen. Bezugnehmend auf die Rechtsrüge des Klägers ist ergänzend auszuführen:

Auch in Deutschland wird bei (bis 1. 1. 2008) vergleichbarer Rechts- und Bedingungslage von der Rechtsprechung und (überwiegend auch) im Schrifttum die Auffassung vertreten, zivilrechtliche Ansprüche auf Überschussbeteiligung entstünden für die Versicherungsnehmer erst, wenn ihnen vom Versicherer eine Direktgutschrift oder eine Zuwendung aus der Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) erteilt werde. Für die Zeit davor stünden dem einzelnen Versicherungsnehmer zivilrechtliche Ansprüche auf individuelle Überschussbeteiligung nicht zu, und zwar weder parallel zu den aus der aufsichtsrechtlichen Regelung sich ergebenden öffentlich-rechtlichen Pflichten des Versicherers noch darüber hinausgehend. Ein solcher Anspruch sei weder im Gesetz noch im Versicherungsvertrag ausdrücklich festgelegt; er lasse sich auch nicht durch Auslegung oder durch Ableitung aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen gewinnen (BGH VersR 1995, 77 = BGHZ 128, 54; Kollhosser in Prölss/Martin VVG27 ALB 86 § 17 Rn 3 mwN). Da es vor der Zuteilung von Zuwendungen aus der RfB keine zivilrechtlichen Überschussbeteiligungsansprüche der einzelnen Versicherungsnehmer gebe, könne es zu ihrer Durchsetzung auch keine Hilfsansprüche in Form von Auskunftsansprüchen geben (BGH VersR 1983, 746 = BGHZ 87, 346; VersR 1995, 77; vgl Lorenz, Die Auskunftsansprüche der Versicherten zur Überschussbeteiligung in der Lebensversicherung, 27 ff). Der Versicherungsnehmer könne daher weder eine gerichtliche Bestimmung der Überschussbeteiligung noch eine Auskunft über die tatsächliche Geschäftsentwicklung oder eine Offenlegung der Rechnungsgrundlagen und des daraus abzuleitenden Gewinns verlangen (Ortmann in Schwintowski/Brömmelmeyer, PK-VersR, § 153 VVG Rn 23 mwN). Ein Anspruch ergebe sich nicht unmittelbar aus dem Vertrag, da die AVB nur auf den Geschäftsplan verwiesen und daher nur eine Beteiligung des Versicherungsnehmers am Überschuss vereinbart, aber nicht bestimmt sei, wie dieser im Einzelnen zu ermitteln sei (Ortmann aaO mwN). Ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB müsse der Vorbereitung eines konkreten Anspruchs dienen (BGH NJW 2002, 3771 ua). Die Festlegung der Höhe der Ausschüttungen und Überschussbeteiligungen sei eine von den Versicherungsnehmern grundsätzlich hinzunehmende (Bruck/Möller8 V/2 G 385) unternehmerische Entscheidung des Versicherers, die allein von der Aufsichtsbehörde zu kontrollieren sei (Ortmann aaO mwN).

Diese Rechtsprechung wurde auch für Verträge, die nach dem Inkrafttreten des 3. DurchführungsG/EWG zum dVAG am 29. 7. 1994 geschlossen wurden und nicht mehr die aufsichtsbehördliche Genehmigung des Geschäftsplans voraussetzten, beibehalten (BGH VersR 2008, 338 = r+s 2008, 158 = EWiR § 242 BGB 1/08, 389 [Abel/Winkens]).

Zufolge der, wie bereits erwähnt, vergleichbaren Rechtslage treffen diese Erwägungen in gleicher Weise auch in Österreich zu. § 18 Abs 4 VAG bestimmt, dass bei Versicherungsverträgen mit Gewinnbeteiligung den Versicherten ein angemessener Teil des Überschusses zugute kommen muss. In den ErläutRV 109 BlgNR 20. GP, 32, heißt es dazu, es dürfe daher nicht dem Belieben des Versicherungsunternehmens überlassen bleiben, ob und in welchem Ausmaß es die Versicherten am erzielten Überschuss beteilige. Solange der Geschäftsplan der aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedurfte, habe die Versicherungsaufsichtsbehörde im Wege des Genehmigungsverfahrens eine angemessene Überschussbeteiligung der Versicherten erreichen können. Nach dem Wegfall der Genehmigung solle eine ausdrückliche gesetzliche Regelung die Bedeutung der Überschussbeteiligung unterstreichen und eine einwandfreie Grundlage für ein notwendiges aufsichtsbehördliches Einschreiten im Rahmen der nachprüfenden Kontrolle schaffen. Wie die ErläutRV weiter ausführen, wird die Angemessenheit der Überschussbeteiligung allerdings nicht näher definiert. Es sei darüber nach dem jeweiligen Zusammenwirken aller maßgebenden Faktoren individuell zu entscheiden, wobei dem Versicherungsunternehmen ein vernünftiger Gestaltungsspielraum zugestanden werden müsse. Wie in Deutschland bis zum 1. 1. 2008 fehlt demnach in Österreich eine exakte Bestimmung der Höhe der den Versicherungsnehmern zu gewährenden Überschussbeteiligung. Durch die Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde über die Gewinnbeteiligung in der Lebensversicherung (GBVVU), BGBl II 2006/398, wird lediglich festgelegt, dass die Aufwendungen für die erfolgsabhängige Prämienrückerstattung bzw Gewinnbeteiligung der Versicherungsnehmer (§ 81e Abs 4 Z III. 8. VAG) zuzüglich allfälliger Direktgutschriften in jedem Geschäftsjahr mindestens 85 vH der (in § 3 GBVVU bestimmten) Bemessungsgrundlage im Sinn des § 18 Abs 4 VAG zu betragen habe. Es wird damit nur ein Rahmen für die Gewinnbeteiligung abgesteckt und nunmehr nach der VAG-Novelle BGBl 1994/652 von der Aufsichtsbehörde ex post kontrolliert, ob diese Rahmenbedingung jeweils erfüllt wurde. Neben dieser aufsichtsbehördlichen Kontrolle der eine unternehmerische Entscheidung darstellenden, den Versicherungsnehmern nach § 18b Abs 2 Z 2 VAG schriftlich mitzuteilenden Festsetzung der Gewinnbeteiligung ist ein zivilrechtlicher Anspruch auf eine bestimmte Gewinnbeteiligung auch in Österreich nicht gegeben, zumal § 16 AVB hinsichtlich der Höhe der Gewinnanteile (allein) die vom Versicherer diesbezüglich gefassten Beschlüsse für maßgeblich erklärt. Da eine Rechnungslegungspflicht allerdings zivilrechtliche Ansprüche voraussetzt, ist eine derartige Auskunftspflicht wie in Deutschland auch in Österreich zu verneinen. Einer ganz unbeschränkten Offenlegung sämtlicher auf die Überschussbestimmung inklusive etwa die Bildung stiller Rücklagen bezugnehmenden Unterlagen, wie sie dem Revisionswerber offenbar vorschwebt, stünden im Übrigen auch zur Verhinderung einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit und der Kreditfähigkeit des Versicherers im Interesse der Aktionäre, aber auch der anderen Versicherungsnehmer gegebene Geheimhaltungsbedürfnisse entgegen. Schließlich wäre eine generelle Rechnungslegungspflicht des Lebensversicherers gegenüber jedem einzelnen Versicherungsnehmer mit einem dem Interesse aller Versicherungsnehmer widersprechenden Aufwand verbunden, ohne einem rechtlichen Interesse des Klägers zu dienen (vgl BGH VersR 1983, 746).

Die mehrfach erwähnte Leitentscheidung des BGH VersR 1995, 77, war Gegenstand einer Überprüfung durch das BVerfG (VersR 2005, 1127), mit dem Ergebnis, dass die Entscheidung des BGH auf Recht beruhe, das weiter angewandt werden dürfe und daher Bestand habe. Allerdings werde der deutsche Gesetzgeber bis 21. 12. 2007 eine Regelung zu treffen haben, die dem bei der gegebenen Rechtslage nicht erfüllten Anforderungen der Art 2 Abs 1 und 14 Abs 1 GG gerecht werde. In Entsprechung dieses Auftrags wurde in Deutschland durch den am 1. 1. 2008 in Kraft getretenen § 153 VVG (neu) und die neuen AVB 2008 eine neue Rechts- und Bedingungslage geschaffen, um das vom BVerfG festgestellte Schutzdefizit der Versicherungsnehmer zu beseitigen. Da es bis zu dieser Neuregelung in Deutschland bei der alten Rechtslage blieb, wurden von den deutschen Gerichten bis dahin Ansprüche von Versicherungsnehmern auf Offenlegung der Rechnungsgrundlagen bzw sämtlicher betriebswirtschaftlicher Grundlagen der Überschussbeteiligungsberechnung sowie Auskunft über Höhe und Art der Ermittlung und Verteilung des Gewinns aufgrund der noch im Jahr 2007 geltenden Rechtslage mit Verweis auf die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung abgelehnt (Ortmann aaO Rn 25 mwN).

Da die Rechtslage in Österreich unverändert blieb, ist auf die Neuregelungen in Deutschland und deren Auswirkungen auf die Auskunftspflicht der Lebensversicherer hier nicht einzugehen. Dass die VAG-Novelle 1994 hinsichtlich der Frage der Rechnungslegungspflicht des Lebensversicherers (entgegen den ErläutRV 1428 BlgNR 22. GP, 11) keine wesentliche Veränderung der Rechtslage bedeutete, wurde bereits vom Berufungsgericht unter Hinweis auf die ErläutRV 1682 BlgNR 18. GP, 39, überzeugend dargetan. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf diese Ausführungen verwiesen werden. Danach haben die bereits in der Entscheidung 7 Ob 33/90, SZ 63/203 = VR 1991, 103 = VersR 1991, 905, angestellten Erwägungen weiter Gültigkeit. Ein über die nach § 18b Abs 2 Z 2 VAG jährlich vom Versicherer zu erstattende Mitteilung des Stands der Gewinnbeteiligung hinausgehender Anspruch des Versicherungsnehmers auf Rechnungslegung besteht demnach auch nach der VAG-Novelle 1994 nicht. Inwiefern dies aus verfassungsrechtlicher Sicht wie in Deutschland gesetzgeberische Maßnahmen erfordert, ist hier nicht zu untersuchen.

Der in erster Instanz noch erhobene Einwand, § 16 AVB sei im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG intransparent, muss schon deshalb ins Leere gehen, weil aus der daraus folgenden Konsequenz der Unwirksamkeit der Bestimmung für den Standpunkt des Revisionswerbers nichts zu gewinnen wäre.

Da die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts frei von Rechtsirrtum ist, muss die Revision erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte