OGH 8Ob28/09i

OGH8Ob28/09i2.4.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des am 10. Februar 1932 geborenen und am 3. Juli 2005 verstorbenen Gerhard R*****, zuletzt wohnhaft im Pflegeheim *****, im Verfahren über die Anträge des 1.) mj Stefan K*****, vertreten durch seine Mutter Isabella K*****, ebendort, diese vertreten durch Dr. Franz Leopold, öffentlicher Notar in 8010 Graz, Pestalozzistraße 3, und 2.) Elisabeth M*****, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in Graz, infolge des Revisionsrekurses des Erstantragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 9. Jänner 2007, GZ 2 R 5/07f-55, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 29. März 2007, GZ 2 R 5/07f-58, mit dem der Rekurs des Erstantragstellers gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Graz vom 16. November 2006, GZ 13 P 145/04d-49, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht aufgetragen, über den Rekurs des Erstantragstellers inhaltlich (unter Abstandnahme des herangezogenen Zurückweisungsgrundes) zu entscheiden.

Text

Begründung

Für den am 10. 2. 1939 geborenen Betroffenen wurde im Jahr 2004 ein Sachwalter gemäß § 273 Abs 3 Z 3 ABGB bestellt. Der Betroffene verstarb am 3. 7. 2005.

Am 22. 9. 2006 stellte unter anderem der am ***** geborene Erstantragsteller, laut Rubrum des Antragsschriftsatzes „vertreten durch" den einschreitenden Notar, einen Antrag auf Akteneinsicht, um seine Pflichtteilsansprüche durchsetzen zu können (der gleichzeitig gestellte weitere Antrag auch der Zweitantragstellerin ist bereits rechtskräftig abgewiesen).

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, dass nach § 141 AußStrG Auskünfte über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse vom Gericht nur dem betroffenen Pflegebefohlenen und dessen gesetzlichem Vertreter, nicht aber sonstigen Personen zu erteilen seien.

Das Rekursgericht wies den vom Erstantragsteller, wiederum laut Rubrum des Rechtsmittelschriftsatzes „vertreten durch" den einschreitenden Notar, erhobenen Rekurs mit dem angefochtenen Beschluss zurück. Ohne Einleitung eines Verbesserungsverfahrens nach § 5 Abs 1 AußStrG begründete es die Zurückweisung damit, dass der Erstantragsteller als Minderjähriger für Vermögensangelegenheiten, wenn sie nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören, noch nicht handlungsfähig sei und daher insoweit auch keine Vollmacht (an den für ihn einschreitenden Notar) habe erteilen können. Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht als nicht zulässig, da die „Gesetzeslage eindeutig" sei. Gegen diesen Beschluss richtet sich der - nach Ergänzung des Rekursgerichts hinsichtlich seines zunächst fehlenden Bewertungsausspruchs zutreffend umbezeichnete (ON 58, 62 und 63) - außerordentliche Revisionsrekurs des Erstantragstellers. In diesem genehmigt die gesetzliche Vertreterin des Minderjährigen das Verfahren, die auch dem einschreitenden Notar die Vollmacht erteilt habe. Das Rechtsmittel ist zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht hat die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs unbeachtet gelassen, wonach das Gericht in jeder Lage des Verfahrens (also auch im Rechtsmittelverfahren) die Einbeziehung des gesetzlichen Vertreters zu veranlassen und ihm die Möglichkeit einer Genehmigung der Prozesshandlung der vom Vertretungsmangel betroffenen Partei zu eröffnen hat (§ 5 Abs 1 AußStrG; RIS-Justiz RS0118612; RS0035331; RS0065355; Fucik/Kloiber AußStrG § 5 Rz 1; Rechberger in Rechberger, AußStrG § 5 Rz 1). Ein solcher Verstoß gegen die Prozessgesetze stellt eine aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG dar (vgl RIS-Justiz RS0118613).

Es war daher der Zurückweisungsbeschluss des Rekursgerichts - da dieses eine wesentliche Verfahrensvorschrift (§ 5 AußStrG) unbeachtet ließ, die jedoch durch die zwischenzeitliche Erklärung der gesetzlichen Vertreterin im Rechtsmittel ausreichend nachgeholt wurde - aufzuheben und diesem aufzutragen, über das Rechtsmittel inhaltlich (unter Abstandnahme vom herangezogenen Zurückweisungsgrund) zu entscheiden.

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