OGH 10Ob105/08a

OGH10Ob105/08a24.2.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Arthur Harald L*****, emeritierter Rechtsanwalt, *****, vertreten durch den Sachwalter Dr. Viktor T*****, Rechtsanwalt, *****, gegen die beklagte Partei mj Alina Marie Esther N*****, geboren am 20. Juli 1998, *****, vertreten durch ihre Mutter Doris N*****, ebendort, wegen Feststellung der Erbunwürdigkeit, im Verfahren über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 23. November 2004, GZ 42 R 487/04k-46, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 14. Juli 2004, GZ 16 C 3/03t-39, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Aus Anlass der Revision werden die Urteile der Vorinstanzen und das ihnen vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben. Die Klage wird zurückgewiesen.

Die bisherigen Verfahrenskosten einschließlich der des Rechtsmittelverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Mit seiner am 10. 2. 2003 gegen seine Tochter erhobenen Klage begehrt der Kläger, ein emeritierter Rechtsanwalt, die Feststellung ihrer Erbunwürdigkeit. Das Erstgericht wies die Klage ab (16 C 13/03t-39); das Berufungsgericht bestätigte (42 R 487/04k-46).

Mit Beschluss vom 22. 3. 2005, 10 Ob 33/05h, hat der vom Kläger angerufene Oberste Gerichtshof die Akten (in Bezug auf den Kläger) dem zuständigen Pflegschaftsgericht zur Entscheidung gemäß § 6a ZPO übermittelt und ausgesprochen, dass das Verfahren über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 23. 11. 2004, GZ 42 R 487/04k-46, bis zur Mitteilung des Pflegschaftsgerichts über die gemäß § 6a ZPO getroffene Maßnahme unterbrochen wird.

Das Pflegschaftsgericht hat mit rechtskräftigem Beschluss vom 25. 9. 2008, 29 P 13/08s, in der Sachwalterschaftssache des Betroffenen Mag. Arthur Harald L***** Dr. Viktor T***** zum Sachwalter bestellt (§ 268 ABGB). Der Sachwalter hat unter anderem folgenden Kreis von Angelegenheiten zu besorgen: jegliche Vertretung vor Gerichten, Behörden und Ämtern.

Am 12. 2. 2009 teilte der Sachwalter mit, dass der Betroffene Mag. Arthur Harald L***** nach der sachverständigen Beurteilung im Sachwalterbestellungsverfahren zumindest seit 2002 an einer chronifizierten wahnhaften Störung (früher: Paranoia) leide und zum Zeitpunkt der Klagseinbringung nicht imstande gewesen sei, gerichtliche Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen. Der Sachwalter genehmigte die gesamte bisherige Prozessführung des Klägers nicht und stellte namens des Betroffenen den Antrag, das gesamte Verfahren für nichtig zu erklären und die Kosten gegenseitig aufzuheben. Dieser Antrag wurde vom Pflegschaftsgericht mit Beschluss vom 13. 1. 2009, 29 P 13/08s, pflegschaftsgerichtlich genehmigt.

Aufgrund des im Sachwalterbestellungsverfahren eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dr. Thomas S***** wird folgender Sachverhalt festgestellt:

Beim Betroffenen Mag. Arthur Harald L***** liegt jedenfalls seit September 2002 eine chronifizierte wahnhafte Störung (frühere Bezeichnung: Paranoia) vor, die zu einem anhaltenden, zumindest chronischen psychosewertigen Zustandsbild führt. Er ist unkorrigierbar von der Richtigkeit seiner jeweiligen Ansichten überzeugt; Zufall und/oder Selbsttäuschung schließt er jedenfalls aus.

Dazu hat der Senat erwogen:

Aufgrund der getroffenen Feststellungen ist der Kläger schon ab Klagseinbringung als prozessunfähig anzusehen. Der vom Pflegschaftsgericht bestellte gesetzliche Vertreter hat die Zustimmung zu dem vom Kläger eingeleiteten Verfahren verweigert. Gemäß § 477 Abs 1 Z 5 ZPO sind gerichtliche Entscheidungen und diesen vorangegangene Verfahren nichtig, wenn eine Partei gar nicht oder, falls sie eines gesetzlichen Vertreters bedarf, nicht durch einen solchen vertreten war, sofern die Prozessführung nicht nachträglich genehmigt wurde. Die Urteile der Vorinstanzen und das ihnen vorausgegangene Verfahren sind daher als nichtig aufzuheben; die Klage ist zurückzuweisen (vgl RIS-Justiz RS0035241 [T1]). Der Kostenausspruch beruht auf § 51 Abs 2 ZPO.

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