OGH 6Ob21/09w

OGH6Ob21/09w19.2.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Josef A*****, vertreten durch Dr. Georg Vetter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin v***** AG, *****, wegen Überprüfung einer Barabfindung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 23. Jänner 2009, GZ 6 R 9/09z-10, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung

Der Antragsteller war Minderheitsaktionär der im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien zu FN 78568t eingetragenen BÖHLER-UDDEHOLM Aktiengesellschaft. Bei dieser wurde am 5. 9. 2008 der Hauptversammlungsbeschluss vom 23. 6. 2008 auf Übertragung der Aktien aller von der Hauptaktionärin (der Antragsgegnerin) verschiedener Aktionäre auf die Hauptaktionärin gemäß § 1 GesAusG eingetragen. Die Antragsgegnerin voestalpine AG ist im Firmenbuch des Landesgerichts Linz zu FN 66209t registriert.

Der Antragsteller strebt beim Erstgericht, dem Landesgericht Linz, die Überprüfung der Angemessenheit der im Rahmen des Gesellschafterausschlusses angebotenen Barabfindung und die Festlegung einer höheren Barabfindung an.

Das Erstgericht erklärte sich für dieses Verfahren örtlich nicht zuständig und überwies die Sache gemäß § 44 JN an das Handelsgericht Wien. Dessen Zuständigkeit richte sich nach § 120 Abs 5a JN, der analog anzuwenden sei. Nach dessen Zielsetzung sollten in den Fällen der Spaltung, der Verschmelzung und der Umwandlung von Gesellschaften sowohl das jeweilige Firmenbuchverfahren als auch allfällige anschließende Verfahren zur Überprüfung der Barabfindung bei einem Gericht zusammengefasst werden, und zwar bei jenem Gericht, welches die Spaltung, Verschmelzung oder Umwandlung ins Firmenbuch eingetragen hat. Diese Überlegung gelte auch für einen Gesellschafterausschluss nach dem Gesellschafter-Ausschlussgesetz und ein allfälliges anschließendes Verfahren zur Überprüfung der Barabfindung; örtlich zuständig sei somit jenes Firmenbuchgericht, welches den Gesellschafterausschluss eingetragen habe. Das selbe Ergebnis ergebe sich jedoch auch aufgrund einer analogen Anwendung von § 14 AktG und § 102 GmbHG; zuständig sei immer das Handelsgericht, in dessen Sprengel die Gesellschaft (und nicht der Gesellschafter) den Sitz haben.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es verwies auf § 3 Abs 1 GesAusG; dort sei festgelegt, dass der Minderheitsgesellschafter seinen Antrag auf Überprüfung der Barabfindung bei dem Gericht stellen könne, in dessen Sprengel die Kapitalgesellschaft ihren Sitz hat.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionrekurs des Antragstellers ist nicht zulässig.

1. Der erkennende Senat teilt die Auffassung der Vorinstanzen, wonach ein Antrag eines Minderheitsgesellschafters auf Überprüfung der ihm angebotenen Barabfindung nach den Bestimmungen des Gesellschafter-Ausschlussgesetzes bei jenem (Firmenbuch- [§ 120 Abs 1 Z 6 JN])Gericht zu stellen ist, in dessen Sprengel die Kapitalgesellschaft ihren Sitz hat. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus § 3 Abs 1 GesAusG, wonach der Bericht des Vorstands (der Geschäftsführung) der Kapitalgesellschaft und des Hauptgesellschafters über den geplanten Ausschluss eine derartige Rechtsbelehrung (gegenüber den Minderheitsgesellschaftern) zu enthalten hat.

Diese Auffassung entspricht auch § 6 Abs 2 GesAusG, der für die Überprüfung der Barabfindung auf §§ 225c bis 225m AktG verweist. Für die dort genannten Angelegenheiten ist nach § 120 Abs 1 Z 3 iVm Abs 5a Z 3 JN jedoch örtlich jenes Gericht zuständig, in dessen Sprengel die übernehmende Gesellschaft ihren Sitz hat, wobei Hintergrund dieser Regelung die Konzentration der in §§ 225c bis 225m AktG genannten Angelegenheiten bei einem Gericht war, nämlich dem Firmenbuchgericht der übernehmenden Gesellschaft (6 Ob 39/07i ecolex 2007/224). Im Anwendungsbereich des Gesellschafter-Ausschlussgesetzes ist dies das Firmenbuchgericht der Kapitalgesellschaft. Nicht zuletzt geht auch die Literatur von einer Zuständigkeit des für die Kapitalgesellschaft zuständigen Gerichts aus (F. Klement, Gesellschafterausschluss nach dem Gesellschafterausschlussgesetz, ecolex 2006, 912). Selbst Hauser/Blaschke (Sprengelüberschreitende Verschmelzung während eines Squeeze-out, GesRZ 2008, 18), die die erwähnte Entscheidung 6 Ob 39/07i in anderem Zusammenhang für verfehlt erachten, halten fest, dass die Verfahren zur Überprüfung der Barabfindung im Wesentlichen dazu gedacht seien, die Minderheitsaktionäre vor einer Übervorteilung zu schützen; den Aktionären werde zu diesem Zweck weitgehend das Recht eingeräumt, in dem Sprengel, in dem die Gesellschaft, an der sie sich beteiligt haben, ihren Sitz hat, den entsprechenden Antrag auf Überprüfung der Barabfindung einzubringen.

2. Der Antragsteller verweist in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs lediglich darauf, dass sich sein Antrag im Hinblick auf § 6 Abs 2 GesAusG bzw § 225e AktG gegen die Hauptgesellschafterin zu richten habe. Und dies sei eben die Antragsgegnerin, auf deren Sitz in Linz es gemäß § 120 Abs 5a Z 3 JN ankomme; § 3 Abs 1 GesAusG stelle lediglich einen „offensichtlich redaktionsfehlerhaften Hinweis an die Aktionäre" dar.

Der Antragsteller übersieht damit jedoch zunächst, dass die in § 6 Abs 2 GesAusG angeordnete sinngemäße Anwendung der §§ 225c bis 225m AktG nicht dazu führen kann, die übernehmende Gesellschaft bei einer Verschmelzung mit dem Hauptgesellschafter bei einem Gesellschafterausschluss gleichzusetzen. Nach den bereits in der Entscheidung 6 Ob 39/07i dargestellten Intentionen des § 120 Abs 5a JN geht es vielmehr darum, (unter anderem) die Verfahren zur Überprüfung der Barabfindung jeweils beim Firmenbuchgericht der einzigen bzw maßgeblichen beteiligten Gesellschaft zu führen. Und dies sind eben die übernehmende Gesellschaft bei einer Verschmelzung (§ 120 Abs 1 Z 3 iVm Abs 5a Z 1 JN), die übertragende Gesellschaft bei einer Spaltung (§ 120 Abs 1 Z 4 iVm Abs 5a Z 2 JN), die umzuwandelnde Gesellschaft bei einer Umwandlung (§ 120 Abs 1 Z 5 iVm Abs 5a Z 3 JN) und die Kapitalgesellschaft selbst bei einem Gesellschafterausschluss (warum die in § 3 Abs 2 GesAusG angeordnete Rechtsbelehrung „offensichtlich redaktionsfehlerhaft" sein soll, erklärt der außerordentliche Revisionsrekurs nicht).

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