Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen. Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.
Text
Begründung
Ein Ehepaar als Kreditnehmer der Beklagten trat der Klägerin seine Ansprüche auf Rückforderung von angeblich überhöht bezahlten Kreditzinsen ab. Es hatte am 13. 11. 1981 einen „Antrag auf Zuzählung eines Zwischendarlehens, für welches Zinsen von 9 % pa zu entrichten" wären, unterfertigt. § 5 der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom selben Tag lautet:
„Die Gläubigerin ist berechtigt, den Zinssatz für Bauspardarlehen mit Zustimmung der Bausparkassenaufsichtsbehörde entsprechend zu erhöhen, wenn die für die Gläubigerin zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen notwendige Aufbringung von Sparleistungen zum gegebenen Zinssatz (§ 2 der Spar- und Darlehensbedingungen) nicht mehr gewährleistet ist. Für die Zwischendarlehenslaufzeit gilt § 3 Z 2 der Bedingungen für die Gewährung von Zwischendarlehen. Tritt eine Erhöhung des Zinssatzes ein, so habe(n) ich (wir) auf Verlangen der Gläubigerin entsprechend höhere Monatsraten zu zahlen, damit die ursprünglich vorgesehene Tilgungszeit gewährleistet bleibt."
§ 3 der vom Bundesministerium für Finanzen genehmigten, zwischen den Kreditnehmern und der Beklagten mitvereinbarten „Bedingungen für die Gewährung von Zwischendarlehen" hat folgenden relevanten Inhalt:
„Verzinsung und Laufzeit
1. Der Zinssatz für Zwischendarlehen liegt 3 % über dem geltenden Satz für Bauspardarlehen. Die Zinsen werden vierteljährlich im Vorhinein dem jeweils noch nicht getätigten Zwischendarlehensbetrag zugeschlagen. Bei Teilzuzählungen werden nur für die zugezählten Beträge Zinsen verrechnet.
2. Die Bausparkasse ist berechtigt, diesen Zinssatz entsprechend zu erhöhen, sofern sich die volkswirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere die Kapital- und Geldmarktverhältnisse in für die Bausparkasse wesentlichen Belangen ändern. Solche Änderungen sind eine Erhöhung der Nominalverzinsung für Anleihen der öffentlichen Hand oder des Zinssatzes für Spareinlagen mit gesetzlicher Bindungsfrist oder des Diskontsatzes für Lombardkredite der Österreichischen Nationalbank.
..."
Die Beklagte teilte den Kreditnehmern mit Schreiben vom 5. 11. 1981 mit, dass der in der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde „angeführte Zinssatz von derzeit 9 % pa ... sich nach erfolgter Zuteilung auf 6 % pa" ermäßige. Auf den Kontoauszügen war immer der Zinssatz von 9 % pa vermerkt. Das eigentliche Bauspardarlehen wurde den Kreditnehmern am 31. 12. 1985 zugezählt und in der Folge zu 6 % verzinst. Die Klägerin begehrte von der Beklagten Zahlung von 18.151,75 EUR an zu viel gezahlten Kreditzinsen aus dem Titel der Bereicherung und des Schadenersatzes. Die Darlehensvereinbarung habe eine unbestimmte und daher iSd § 6 Abs 1 Z 5 KSchG in der bis 28. 2. 1997 in Geltung gestandenen Fassung unzulässige bzw unwirksame Zinsanpassungsklausel enthalten, welche die Beklagte einseitig zum Nachteil der Verbraucher angewendet habe. Im Sinne einer teleologischen Reduktion seien derartige Klauseln zweiseitig zu lesen, sodass die Beklagte nicht nur zu Erhöhungen des Zinssatzes berechtigt, sondern auch bei Vorliegen der Voraussetzungen zu Senkungen des Zinssatzes verpflichtet sei. Die Unwirksamkeit der Klausel mache eine ergänzende Vertragsauslegung notwendig. Der Klagsbetrag errechne sich durch Vornahme einer Vergleichsrechnung unter Heranziehung eines variablen Zinssatzes nach dem Mittelwert aus der Sekundärmarktrendite (SMR) Emittenten und VIBOR-3-Monate (ab 1. 1. 1999 EURIBOR). Die Kreditnehmer hätten ab April 2003 bis Dezember 2006 rechtsgrundlos weitere monatliche Raten in Höhe von je 409,37 EUR an die Beklagte bezahlt, woraus sich der begehrte Betrag errechne.
Die Beklagte wendete ein, dass eine - erheblich unter der damaligen Marktlage von allgemein 12 bis 12,75 % gelegene - Fixzinssatzvereinbarung von 9 % vorgelegen sei, die beide Vertragsteile auch tatsächlich gewollt hätten. Es sei während der gesamten Laufzeit ein unveränderter Zinssatz vorgeschrieben worden, obgleich die Beklagte nach der von der Klägerin geforderten Zinsanpassung etwa per 1. 4. 1982 eine Erhöhung auf 9,089 % hätte vornehmen können. Zwischendarlehensverträge wie der vorliegende seien auch mit sonst üblichen Kreditverträgen nicht vergleichbar. Eine Erhöhungsmöglichkeit des Zinsniveaus sei nur in den ganz besonderen Ausnahmefällen einer wesentlichen Änderung der volkswirtschaftlichen Verhältnisse durch eine Art Umstandsklausel, die der Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage entspreche, vorgesehen gewesen. Die von der Klägerin vorgenommene Berechnung wurde rechnerisch außer Streit gestellt.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Die inkriminierte Bestimmung sei eine zulässige Umstandsklausel, nach welcher Zinserhöhungen nicht mit jeder kleinen Schwankung von Zinssätzen auf dem Kapitalmarkt sondern nur bei gravierenden Änderungen der Umstände zulässig gewesen wären. Sie entspreche auch den Bestimmtheitserfordernissen, weil sie auf die Nominalverzinsung für Anleihen der öffentlichen Hand, den Zinssatz für Spareinlagen mit gesetzlicher Bindungsfrist oder den Diskontsatz für Lombardkredite der Österreichischen Nationalbank Bezug nehme und überdies die Zinserhöhung von der Genehmigung des Finanzministeriums bzw der Bausparkassenaufsichtsbehörde abhängig gewesen wäre. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Die Klägerin leite ihre Ansprüche aus einer Überzahlung aus der Phase des den Kreditnehmern gewährten Zwischendarlehens bis Ende 1985 ab, da - ausgehend von einem variablen Zinssatz - in diesem Zeitraum die Vornahme beträchtlicher Zinssatzsenkungen durch die Beklagte geboten gewesen wäre, diese jedoch den Zinssatz auf gleich hohem Niveau gelassen habe. Die Verrechnung eines unverändert gebliebenen Bausparzinssatzes in Höhe von 6 % für das eigentliche Bauspardarlehen ab dessen Zuteilung 1985 sei von der Klägerin selbst vorgebracht worden und sei zwischen den Streitteilen unstrittig. Die Nichtigkeit von (nur) das eigentliche Bauspardarlehen betreffenden Bestimmungen (§ 5 1. Satz des Schuld- und Pfandbestellungsvertrags) sei nicht releviert worden, sondern lediglich jene des § 3 Z 2 der Allgemeinen Bedingungen für die Gewährung von Zwischendarlehen. Diese Klausel sei nur für die „Zwischendarlehenslaufzeit" anzuwenden. Unterstelle man dieser Zinsanpassungsklausel einen Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG, so führe deren Wegfall im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu einem Durchschnittszinssatz zwischen EURIBOR und SMR. Es dürfe nämlich nicht außer Acht gelassen werden, dass der Zinssatz eines Zwischendarlehens gemäß § 3 Abs 1 erster Satz der Allgemeinen Bedingungen für die Gewährung von Zwischendarlehen bis zur Zuteilung des eigentlichen Bauspardarlehens jedenfalls um 3 % über dem geltenden Satz für Bauspardarlehen zu liegen habe. Die Nichtigkeit dieser zwischen der Beklagten und den Kreditnehmern geltenden Bestimmung sei nicht inkriminiert und müsse bei Erforschung des hypothetischen Parteiwillens diese Bestimmung mitberücksichtigt werden. Dies führe zum Ergebnis, dass keine Überzahlung vorliege, soweit die Beklagte keinen 9 % übersteigenden Zinssatz verrechnet habe, was unstrittig sei. Die Nichtigkeit von § 3 Z 2 der Allgemeinen Bedingungen für die Gewährung von Zwischendarlehen könnte daher nur dann gegeben sein, soweit nur Erhöhungen, nicht aber Senkungen bis zum Mindestzinssatz von 9 % (3 % über dem Zinssatz für Bauspardarlehen) als Untergrenze vorgenommen worden wären. Dies sei aber nicht der Fall. Eine allfällige Nichtigkeit des § 3 Z 2 der Allgemeinen Bedingungen für Zwischendarlehen habe sich daher im vorliegenden Fall nicht zum Nachteil der Kreditnehmer ausgewirkt.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Klägerin dagegen erhobene außerordentliche Revision ist wegen des Fehlens erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig.
1. Die Klägerin wendet sich gegen die Auslegung der Vertragsbestimmung des § 3 Z 1 der „Bedingungen für die Gewährung von Zwischendarlehen" im Sinne eines Mindestzinssatzes von 9 % („3 % über dem geltenden Satz für Bauspardarlehen"). Es gäbe keine Anhaltspunkte dafür, die Vertragsbestimmung als Festlegung eines Mindestzinssatzes zu verstehen, sondern sollte damit der geltende Ausgangszinssatz für das Zwischendarlehen festgelegt werden. Es sei daher aus Sicht der Klägerin nicht geboten gewesen, die Nichtigkeit dieser Vertragsbestimmung geltend zu machen.
Dem ist entgegen zu halten, dass der Wegfall der inkriminierten Zinsanpassungsklausel des § 3 Z 2 der genannten „Bedingungen" nicht jene der Z 1 beseitigt, wonach das Zwischendarlehen mit 3 % über dem geltenden Satz für Bauspardarlehen zu verzinsen ist. Die vom Berufungsgericht - unter Erforschung des hypothetischen Parteiwillens - getroffene Vertragsauslegung, wonach der Wegfall der angefochtenen Zinsanpassungsklausel nichts am Bestehen des vereinbarten Zinssatzes von 9 % - der unbestrittenermaßen unter der damaligen Marktlage gelegen ist - ändern würde, ist daher mehr als vertretbar. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt aber nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936).
2. Die Klägerin macht als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend, dass das Berufungsgericht mit seiner Rechtsansicht gegen das aus § 182a ZPO resultierende Verbot von Überraschungsentscheidungen verstoßen habe.
Dabei übersieht die Klägerin jedoch, dass die Beklagte bereits im Verfahren erster Instanz bestritt, dass der Wegfall der angefochtenen Zinsanpassungsklausel bewirken würde, dass ein variabler Zinssatz Anwendung zu finden hätte. Im Übrigen liegt keine Verletzung des § 182a ZPO vor, wenn nur dieselben Tatsachen, die schon der bisher erörterten Rechtslage zu Grunde lagen, rechtlich anders gewertet werden (RIS-Justiz RS0120056).
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Da der Oberste Gerichtshof der Revisionsgegnerin die Beantwortung der von der Klägerin erhobenen außerordentlichen Revision nicht freigestellt hat, war die dennoch erstattete Revisionsbeantwortung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Ein Kostenersatz hat demnach nicht stattzufinden.
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