Spruch:
Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag,
in § 634 Abs 10 ASVG idF der 68. ASVG-Novelle, BGBl I 2007/101,
- 1. die Wortfolge „, die mehr als 746,99 € monatlich betragen," und
- 2. in Z 1 die Wortfolge „mehr als 746,99 €"
als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.
Text
Begründung
Die am 11. 11. 1953 geborene Klägerin bezog von der Beklagten im Jahr 2007 eine Berufsunfähigkeitspension nach dem ASVG in Höhe von 522,54 EUR brutto monatlich. Vom 1. 7. 2007 bis 29. 2. 2008 bezog sie Kinderzuschuss in Höhe von 29,07 EUR monatlich.
Mit Bescheid vom 3. 3. 2008 stellte die Beklagte fest, dass die Pension der Klägerin unter Berücksichtigung des für das Jahr 2008 mit 1,017 festgesetzten Anpassungsfaktors ab 1. 1. 2008 531,42 EUR brutto monatlich betrage.
Gegen den Bescheid der Beklagten erhob die Klägerin rechtzeitig Klage mit dem Begehren auf Zahlung einer Pension in der Höhe von 543,54 EUR brutto monatlich ab 1. 1. 2008. Ihre Pension sei ab 1. 1. 2008 um 1,7 % (Anpassungsfaktor 1,017) erhöht worden. Die Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG, welche nur für Pensionen von mehr als 746,99 EUR monatlich anstatt einer Vervielfachung der Pension um den allgemeinen Anpassungsfaktor von 1,017 für das Jahr 2008 eine (prozentuell höhere) Pensionserhöhung um den Fixbetrag von 21 EUR monatlich vorsehe, diskriminiere mittelbar Frauen wie die Klägerin, deren Pensionen viel häufiger unter diesem Grenzbetrag lägen als jene von Männern, weil Frauen typischerweise von Teilzeitbeschäftigung betroffen seien. Die genannte Bestimmung sei gemeinschaftsrechtswidrig, weil Art 4 Abs 1 der Gleichbehandlungsrichtlinie (EWG) RL 79/7 jede Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Anwendungsbereich der Systeme der sozialen Sicherheit, insbesondere auch bei der Berechnung der Leistung untersage. Da auch objektiv nicht gerechtfertigt werden könne, dass niedrigere Pensionen nur um 1,7 %, höhere Pensionen hingegen um einen Fixbetrag von 21 EUR monatlich (und damit prozentuell stärker) angehoben würden, habe die Klägerin aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts Anspruch auf die Anpassung ihrer Pension im selben Ausmaß wie die Bezieher höherer Pensionen von mehr als 746,99 EUR monatlich, konkret also ebenfalls um einen Fixbetrag von 21 EUR monatlich. Die Zahl der Pensionisten aufgrund geminderter Arbeitsfähigkeit habe sich im Jahr 2006 aus 49.947 Männern und 46.447 Frauen zusammengesetzt. Im gleichen Zeitraum hätten 23.223 Frauen eine Berufsunfähigkeitspension von weniger als 710 EUR brutto monatlich bezogen; demgegenüber hätten nur 12.486 Männer eine Berufsunfähigkeitspension von unter 1.067 EUR brutto monatlich erhalten. Ein Großteil der Personen mit niedriger Berufsunfähigkeitspension sei somit weiblichen Geschlechts. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Nur Pensionen von mehr als 746,99 EUR monatlich seien nach der die allgemeine Pensionsanpassung ergänzenden Regelung der 68. ASVG-Novelle, BGBl I 2007/101, nicht mit dem Anpassungsfaktor für 2008 (1,017) zu vervielfachen, sondern um einen Fixbetrag von 21 EUR monatlich zu erhöhen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging in seiner Entscheidung davon aus, im Dezember 2006 hätten 50 % der Frauen - das sind 23.223 - eine Berufsunfähigkeitspension von weniger als 719 EUR brutto monatlich bezogen; demgegenüber seien es (nur) 25 % Männer - das sind 12.486 - gewesen, deren Berufsunfähigkeitspension unter dem Betrag von 1.067 EUR brutto monatlich lag. Auch bei der Verteilung der Alterspensionen der Angestellten im gleichen Zeitpunkt hätten 25 % der Frauen - das sind 73.970 - eine Pension von weniger als 661 EUR brutto monatlich bezogen, während 25 % der Männer - das sind 44.862 - eine Pension unter 1.572 EUR brutto monatlich erhielten. Im Jahr 1974 seien 172.900 Frauen, aber nur 26.300 Männer teilzeitbeschäftigt gewesen, wobei die Zahl der teilzeitbeschäftigten Frauen im Jahr 2006 auf 715.000 angestiegen sei, jene der teilzeitbeschäftigten Männer hingegen auf 139.300.
In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht die Anwendbarkeit des Art 4 Abs 1 RL 79/7/EWG auf den hier zu beurteilenden Fall der Valorisierung, weil der Begriff der „Berechnung" nicht nur die anfängliche rechnerische Festsetzung der Pensionshöhe, sondern auch ihre periodische Anpassung, also auch die Wertanpassung der Pensionen umfasse. Obwohl die Festsetzung des Anpassungsfaktors und die ergänzende Regelung des § 634 Abs 10 ASVG geschlechtsneutral formuliert seien, benachteiligten sie einen wesentlich höheren Prozentsatz der Frauen als der Männer. Diese mittelbare Diskriminierung müsste durch objektive, nicht auf das Geschlecht bezogene Faktoren, sachlich gerechtfertigt sein. Dass niedrigere - weitaus überwiegend von Frauen bezogene - Pensionen weniger erhöht würden als über 747 EUR liegende Pensionen, werde aber auch durch die gleichzeitig erfolgte Erhöhung der Richtsätze für die Ausgleichszulage nicht gerechtfertigt. Aufgrund der Berücksichtigung vieler Faktoren (wie etwa des Einkommens des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten [§ 293 Abs 1 lit a ASVG] oder des Anspruchs auf Witwenpension [§ 293 Abs 1 lit b ASVG]) führe die Richtsatzerhöhung nämlich (anders als eine Pensionserhöhung) nicht notwendig auch zu einer Erhöhung des an den Pensionsbezieher auszuzahlenden Betrags. Der Zweck, öffentliche Ausgaben einzuschränken, sei ebenfalls keine Rechtfertigung für eine Diskriminierung. Fehlten demnach (innerstaatlich) angemessene Maßnahmen zur Durchsetzung des Art 4 Abs 1 RL 79/7/EWG , hätten Frauen Anspruch auf die gleiche Behandlung und auf Anwendung der gleichen Regelung wie Männer, die sich in der gleichen Lage befänden. Im Ergebnis habe daher die in § 634 Abs 10 ASVG vorgesehene Untergrenze für die Erhöhung der monatlichen Pension um 21 EUR außer Betracht zu bleiben, sodass die Klägerin Anspruch auf eine um diesen Betrag erhöhte Pension habe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge. Es verpflichtete die Beklagte, der Klägerin ab 1. 1. 2008 die Pension in der bescheidmäßig zuerkannten Höhe von 531,42 EUR brutto monatlich zu zahlen. Das auf Zahlung einer höheren Pension im Ausmaß von 543,54 EUR brutto monatlich gerichtete Klagebegehren wies es ab. Hinsichtlich des Anwendungsbereichs des Art 4 Abs 1 RL 79/7/EWG sei der Beklagten zwar darin zu folgen, dass das Gemeinschaftsrecht zwischen der Feststellung (Berechnung) einer Leistung und der späteren Anpassung der Leistung unterscheide, sodass der in der Gleichbehandlungsrichtlinie gebrauchte Begriff der „Berechnung" nicht unbedingt jede Maßnahme umfasse, welche auf einem Rechenvorgang beruhe. Erkennbares Ziel der RL 79/7/EWG sei jedoch auch die Aufrechterhaltung der Leistung, sodass danach wohl auch geschlechtsbezogene Unterschiede bei der Pensionsanpassung verpönt seien.
Auch wenn man daher von der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Gleichbehandlungsrichtlinie auf den vorliegenden Fall ausgehe, sei zu berücksichtigen, dass mit der strittigen Pensionsanpassung 2008 nicht nur kleine Pensionen (zwischen 747 und 1.050 EUR monatlich) um einen Fixbetrag von 21 EUR monatlich erhöht worden seien, sondern in dem selben Ausmaß auch der Ausgleichszulagen-Einzelrichtsatz von 726 EUR monatlich ab 1. 1. 2008 auf nunmehr 747 EUR monatlich erhöht worden sei. Damit werde gewährleistet, dass auch jene Gruppe von Kleinstpensionisten, die nicht einmal über das Existenzminimum verfügten, im Wege der Ausgleichszulage eine Erhöhung ihres Pensionseinkommens um denselben Fixbetrag von 21 EUR monatlich erhalte, was prozentuell einer weit über dem allgemeinen Anpassungsfaktor von 1,017 liegenden Valorisierung von 2,89 % entspreche.
Die von den Pensionsversicherungsträgern gewährte Ausgleichszulage verfolge ganz allgemein den Zweck einer existenzsichernden Mindestversorgung jener (überwiegend weiblichen) Versicherten, die aufgrund langer Kindererziehungszeiten, Teilzeitbeschäftigung und anderer typischerweise auf Frauen zutreffender Umstände geringere Beitragszeiten und Beitragsgrundlagen in der Pensionsversicherung aufwiesen, was sich nachteilig auf die Leistungshöhe auswirke. Das System der aus Steuermitteln finanzierten Ausgleichszulage sehe allerdings unter bestimmten im Gesetz näher geregelten Voraussetzungen die Anrechnung anderweitigen Einkommens vor. Erreiche der Pensionist damit schon selbst (zusammen mit der Pension) das Existenzminimum, bedürfe es nicht mehr der Gewährung einer Ausgleichszulage aus öffentlichen Mitteln. Es sei daher nur sachgerecht, in jenen Fällen, in denen eine existenzsichernde Mindestversorgung nur im Wege der Ausgleichszulage erreicht werde, den Richtsatz für diese Leistung über den allgemeinen Anpassungsfaktor hinaus (mit einem Fixbetrag) überproportional zu erhöhen. Verfüge der Pensionsbezieher hingegen über ein anrechenbares Zusatzeinkommen, mit dem der Ausgleichszulagen-Richtsatz überschritten werde, bedürfe es weder der Gewährung einer Ausgleichszulage noch sei es unsachlich, die Eigenpension in diesem Fall nur mit dem allgemeinen Anpassungsfaktor zu erhöhen. Die vom Gesetzgeber gerade im Hinblick auf das österreichische Ausgleichszulagensystem erfolgte abgestufte Pensionsanpassung mit der grundsätzlichen Tendenz, die vom Kaufkraftverlust besonders betroffenen niedrigen Einkommen mit einem Fixbetrag (und daher prozentuell stärker als höhere Pensionen) zu valorisieren, möge zwar im Einzelfall dazu führen, dass dann, wenn mit dem anrechenbaren Zusatzeinkommen der Ausgleichszulagen-Richtsatz nur knapp überschritten werde, die Pensionsanpassung etwas geringer ausfalle als bei einer Eigenpension in vergleichbarer Höhe. Davon seien aber männliche wie weibliche Pensionsbezieher ohne Anspruch auf Ausgleichszulage in gleicher Weise betroffen; die Anrechnungsbestimmungen des § 292 ASVG seien also nicht nur geschlechtsneutral formuliert, sondern sie führten insoweit auch zu keiner mittelbaren geschlechtsbezogenen Diskriminierung. Knüpfe der Gesetzgeber demnach bei der Pensionsanpassung 2008 erkennbar und sachgerecht an das System der Ausgleichszulage an, das weit überwiegend Frauen durch Gewährung eines beitragsunabhängigen, existenzsichernden Einkommens begünstige, könnten sachlich berechtigte und geschlechtsneutrale Anrechnungsbestimmungen innerhalb dieses Systems zu keiner mittelbaren Diskriminierung der primär begünstigten Gruppe führen. Ziel der Pensionsanpassung 2008 sei unstrittig die stärkere Anhebung des Ausgleichszulagen-Richtsatzes und der niedrigen Pensionseinkommen um einen über dem allgemeinen Anpassungsfaktor liegenden Fixbetrag von 21 EUR gewesen. Dieses Ziel sei grundsätzlich erreicht worden, bei Pensionen unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz aber im Ergebnis nur für jene Gruppe von Pensionsbeziehern, die auch tatsächlich die Ausgleichszulage beziehen. Diese Regelung möge unbefriedigend erscheinen, weil damit die niedrigsten Pensionen weniger stark angehoben worden seien als höhere Pensionen; sie sei aber verfassungsrechtlich nicht bedenklich, weil der Mindeststandard des allgemeinen Anpassungsfaktors jedenfalls gewahrt geblieben sei. Es liege im rechtspolitischen Ermessensspielraum des Gesetzgebers, bei der Valorisierung von Pensionen unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz zwischen Ausgleichszulagenbeziehern und jenen Pensionsbeziehern zu unterscheiden, die infolge eines über den Richtsatz hinausgehenden zusätzlichen Einkommens von vornherein besser abgesichert seien. Die Regelung des § 634 Abs 10 ASVG sei demnach weder gemeinschaftsrechtswidrig noch verstoße sie gegen den innerstaatlich von der Verfassung garantierten Gleichheitssatz. Auch ein (unverhältnismäßiger) Eingriff in das Eigentumsrecht sei bei dieser Sachlage nicht erkennbar.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Pensionsanpassung 2008 noch nicht vorliege.
Gegen den abweisenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Weiters wird die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend die hier maßgebende Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG beim Verfassungsgerichtshof angeregt.
Die Beklagte hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, weil die vom Obersten Gerichtshof nicht auszuräumenden Bedenken gegen die Verfassungskonformität der präjudiziellen Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG ein Normenprüfungsverfahren angezeigt erscheinen lassen.
Die Klägerin vertritt in ihren Rechtsmittelausführungen weiterhin den Standpunkt, die RL 79/7/EWG sei auf die Bestimmungen der Pensionserhöhung 2008 anzuwenden und sei die Regelung des § 634 Abs 10 ASVG gemeinschaftsrechtswidrig. Sie begehrt in diesem Zusammenhang eine ergänzende Feststellung dahingehend, dass von den Bestimmungen der Pensionserhöhung 2008, welche die Erhöhung der Pensionen bis zu einem Betrag von 746,99 EUR monatlich regeln, wesentlich mehr Frauen als Männer betroffen seien. Weiters wiederholt sie ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die genannte Bestimmung wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes.
Die Beklagte vertritt demgegenüber die Ansicht, Art 4 Abs 1 der RL 79/7/EWG sei auf die (jährliche) Rentenanpassung nicht anzuwenden. Im Übrigen sei die Pensionsanpassung 2008 weder gemeinschaftsrechtsnoch verfassungswidrig.
Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:
1.1 Nach § 108h Abs 1 ASVG idF BGBl I 2003/71 sind mit Wirksamkeit ab 1. Jänner eines jeden Jahres alle Pensionen aus der Pensionsversicherung, für die der Stichtag vor dem 1. Jänner dieses Jahres liegt, mit dem Anpassungsfaktor zu vervielfachen. Der Anpassung ist die Pension zu Grunde zu legen, auf die nach den am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres in Geltung gestandenen Vorschriften Anspruch bestand, jedoch mit Ausnahme der Kinderzuschüsse und der Ausgleichszulage und vor Anwendung von Ruhensbestimmungen. Sie erfasst im gleichen Ausmaß alle Pensionsbestandteile (Abs 2 leg cit).
Zu der nach diesen Bestimmungen gebührenden Pension treten die Kinderzuschüsse und die Ausgleichszulage nach den hiefür geltenden Vorschriften (Abs 3 leg cit).
1.2 Gemäß der Verordnung zur Feststellung des Anpassungsfaktors für das Jahr 2008, BGBl II 2007/337, beträgt der Anpassungsfaktor für das Jahr 2008 1,017.
1.3 Mit Art 4 des Bundesgesetzes zur Anpassung von Rechtsvorschriften an die Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens für die Jahre 2008 bis 2013 (68. ASVG-Novelle), BGBl I 2007/101, wurde die Pensionsanpassung 2008 in § 634 Abs 10 und 11 ASVG wie folgt ergänzt:
„(10) Abweichend von § 108h Abs. 1 erster Satz sind im Kalenderjahr 2008 alle Pensionen, die mehr als 746,99 € monatlich betragen, nicht mit dem Anpassungsfaktor zu vervielfachen, sondern wie folgt zu erhöhen: Beträgt die Pension monatlich
- 1. mehr als 746,99 € bis zu 1 050 €, so ist sie um 21 € zu erhöhen;
- 2. mehr als 1 050 € bis zu 1 700 €, so ist sie mit dem Faktor 1,020 zu vervielfachen;
3. mehr als 1 700 € bis zu 2 161,50 €, so ist sie um einen Prozentsatz zu erhöhen, der zwischen den genannten Werten von 2,0 % auf 1,7 % linear absinkt;
4. mehr als 2 161,50 €, so ist sie um 36,75 € zu erhöhen.
(11) Bezieht eine Person zwei oder mehrere Pensionen, die jeweils den Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 101/2007 nicht erreichen, so ist ausschließlich die Summe dieser Pensionen nach Abs. 10 zu erhöhen, wobei der Erhöhungsbetrag auf die einzelne Pension im Verhältnis der Pensionen zueinander aufzuteilen ist."
1.4 Weiters wurden mit diesem Bundesgesetz, BGBl I 2007/101, mit Wirksamkeit ab 1. 1. 2008 der Ausgleichszulagen-Richtsatz für alleinstehende PensionsbezieherInnen (§ 293 Abs 1 lit a sublit bb ASVG) von 726 auf 747 EUR und der Ausgleichszulagen-Richtsatz für Ehepaare (§ 293 Abs 1 lit a sublit aa ASVG) von 1.091,14 auf 1.120 EUR erhöht.
1.5 Nach den Gesetzesmaterialien (vgl AB 352 BlgNR XXIII. GP 4 f) wurde in Gesprächen mit Vertretern des Österreichischen Seniorenrates Einvernehmen über die Pensionsanpassung für das Jahr 2008 erzielt.
Demnach werden folgende Maßnahmen getroffen:
1. Der Ausgleichszulagen-Richtsatz für alleinstehende PensionsbezieherInnen wird um 21 EUR auf 747 EUR erhöht; der Ausgleichszulagen-Richtsatz für Ehepaare wird um rund 29 EUR auf
1.120 EUR erhöht.
2. Pensionen bis zur Höhe des Ausgleichszulagen-Richtsatzes werden um 1,7 %, also mit dem Anpassungsfaktor aufgrund des VerbraucherInnenpreisindex, erhöht.
3. Im Übrigen werden die Pensionen sozial gestaffelt erhöht:
Beträgt die Pensionsleistung über 746,99 EUR bis zu 1.050 EUR, so beläuft sich die Erhöhung auf 21 EUR monatlich; beträgt die Leistung mehr als 1.050 EUR und höchstens 1.700 EUR, so wird sie um 2 % angepasst. Ab 1.700 EUR wird die prozentuelle Erhöhung linear auf 1,7 % abgeschmolzen und ab 2.161,50 EUR gebührt ein Fixbetrag in der Höhe von 36,75 EUR monatlich.
Die Pensionsanpassung für das Jahr 2008 berücksichtigt nach den Gesetzesmaterialien sowohl die Interessen der PensionsbezieherInnen als auch jene der aktiv Erwerbstätigen, dient der Armutsbekämpfung und ist nicht zuletzt auch dauerwirksam, weil von Einmalzahlungen abgesehen wird. Zu betonen ist auch, dass sie keinerlei Präzedenzwirkung entfaltet, da Basis für die zukünftigen Pensionsanpassungen der Verbraucherpreisindex bleibt (AB 352 BlgNR XXIII. GP 4 f).
2. Ausgehend von der dargelegten Rechtslage ist auf Pensionen, die - wie die Pension der Klägerin - bis zu 746,99 EUR monatlich betragen, weiterhin die Verordnung zur Festsetzung des Anpassungsfaktors für das Jahr 2008 anzuwenden und es sind daher diese Pensionen im Jahr 2008 einheitlich um 1,7 % zu erhöhen. Hingegen sind Pensionen, die mehr als 746,99 EUR monatlich betragen, davon abweichend entsprechend dem Bundesgesetz vom 28. 12. 2007, BGBl I 2007/101, zu erhöhen. Die Pension der Klägerin beträgt daher ausgehend von dieser Rechtslage ab 1. 1. 2008 531,42 EUR monatlich.
3. Gegen die Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG idF 68. ASVG-Novelle, BGBl I 2007/101, bestehen nach Ansicht des antragstellenden Gerichts folgende verfassungsrechtliche Bedenken:
3.1 Die Pensionsanpassung 2008 sieht eine nach sozialen Gesichtspunkten gestaffelte Erhöhung vor, die höher ausfällt, je niedriger die Pension ist. So werden Pensionen von 747 bis 1.050 EUR um einen Fixbetrag von 21 EUR - das entspricht 2,81 % bis 2 % - erhöht. Beträgt die Pension mehr als 1.050 EUR und höchstens 1.700 EUR, so wird sie um 2 % erhöht. Pensionen über 1.700 EUR bis 2.161,50 EUR werden um einen Prozentsatz, der mit zunehmender Pensionshöhe von 2 % auf 1,7 % absinkt, erhöht. Ab einer Pensionsleistung von mehr als 2.161,50 EUR gebührt ein Fixbetrag in der Höhe von 36,75 EUR. Die niedrigsten Pensionen (Pensionen unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz von 747 EUR) werden demgegenüber nur um 1,7 % erhöht. Demnach werden im Zuge der Pensionsanpassung 2008 Pensionen unter 747 EUR unterdurchschnittlich, nämlich um 1,7 % erhöht, während Pensionen zwischen 747 und 2.160 EUR stärker erhöht werden. Diese Regelung widerspricht nach Ansicht des antragstellenden Gerichts dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz. Der Gleichheitsgrundsatz beinhaltet nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs auch ein allgemeines Sachlichkeitsgebot für gesetzliche Regelungen. Es erscheint verfassungswidrig, dass diejenigen, die eine besonders geringe Pension haben, eine vergleichsweise geringere Erhöhung erhalten als jene, die eine höhere Pension beziehen. Der Umstand, dass für PensionsbezieherInnen mit Pensionen unterhalb des Ausgleichszulagen-Richtsatzes von 747 EUR monatlich die Pensionsanpassung lediglich 1,7 % beträgt, während die Erhöhung höherer Pensionen bis zu 2,81 % beträgt, ist daher nach Ansicht des antragstellenden Gerichts unsachlich und damit verfassungswidrig.
3.2 Diese Verfassungswidrigkeit der Pensionserhöhung 2008 wird durch die gleichzeitig erfolgte Anhebung der Ausgleichszulagen-Richtsätze um 21 EUR für alleinstehende PensionsbezieherInnen und von ca 29 EUR für Ehepaare zwar in manchen Fällen gemildert, jedoch nicht grundsätzlich behoben. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Ausgleichszulage - im Gegensatz zur Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung - um keine (beitragsfinanzierte) Versicherungsleistung im engeren Sinn, sondern um eine Leistung mit Fürsorge-(Sozialhilfe-)charakter handelt. Es ist daher, wie auch die Klägerin zutreffend geltend macht, schon vom Ansatz her jedenfalls zweifelhaft, ob die Gewährung einer staatlichen Sozialleistung (Ausgleichszulage) überhaupt geeignet ist, eine Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Pensionsregelung zu sanieren. Weiters ist gemäß § 108h Abs 2 ASVG eine (erhöhte) Ausgleichszulage bei einer - auch zukünftigen - Pensionsanpassung nicht zu berücksichtigen, weshalb die Bezieher von Kleinstpensionen (unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz) durch eine zu geringe Erhöhung ihrer Pension im Zuge der Pensionsanpassung 2008 auch bei zukünftigen Pensionsanpassungen einen fortwirkenden Einkommensverlust erleiden können. Es erscheint auch sachlich nicht nachvollziehbar, dass Pensionen, die unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz liegen, geringer erhöht werden, als Pensionen über dem Ausgleichszulagen-Richtsatz, obwohl die PensionsbezieherInnen - wie die Klägerin - aufgrund eines höheren PartnerInneneinkommens gar keine Ausgleichszulage erhalten. Die Erhöhung der Ausgleichszulage kommt auch dann nicht zum Tragen, wenn in einem Haushalt lebende Ehegatten jeweils Pensionen unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz für Alleinstehende erhalten, die in der Summe jedoch den Ausgleichszulagen-Richtsatz für Ehepaare übersteigen. In diesem Fall ist ebenfalls sachlich nicht nachvollziehbar, warum die Pensionen der beiden Ehegatten nur um 1,7 % erhöht werden sollen, während andere betragsmäßig gleich hohe Pensionen um 2 % erhöht werden. Eine Sanierung dieser vom antragstellenden Gericht angenommenen Verfassungswidrigkeit ist auch weder durch das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz, SVÄG 2008, BGBl I 2008/92, noch durch das vom Nationalrat erst jüngst am 25. 9. 2008 beschlossene Sozialrechts-Änderungsgesetz 2008, SRÄG 2008, BGBl I 2008/129, erfolgt.
3.3 Die dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken wegen Verletzung des Gleichheitssatzes bestehen auch im Hinblick auf einen unzulässigen Eingriff in das Eigentumsrecht, wenn man davon ausgeht, dass der eigentumsrechtliche Schutz die im geltenden Recht allgemein vorgesehene jährliche Rentenanpassung (vgl § 108h ASVG) mitumfasst.
3.4 Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher veranlasst, dem Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit zu geben, die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG zu prüfen und stellt den aus dem Spruch ersichtlichen Antrag. Die Anordnung der Innehaltung des Verfahrens beruht auf der im Spruch zitierten Gesetzesstelle.
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