OGH 3Ob235/08t

OGH3Ob235/08t19.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef H*****, vertreten durch Dr. Herwig Ernst, Rechtsanwalt in Korneuburg, wider die beklagte Partei Elfriede Hermine H*****, vertreten durch Dr. Helmut Berger-Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), infolge „außerordentlicher" Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 3. Juli 2008, GZ 21 R 237/08p-22, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Gänserndorf vom 12. März 2008, GZ 4 C 10/07p-14, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die beklagte Partei, die geschiedene Ehefrau des Klägers, betreibt aus einem Scheidungsvergleich gegen diesen exekutiv einen Unterhaltsrückstand von 185,17 EUR sA sowie laufenden Unterhalt von monatlich 385,17 EUR.

Das Erstgericht gab dem Oppositionsklagebegehren teilweise statt. Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien gegen dieses Urteil nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die gegen dieses Urteil erhobene „außerordentliche" Revision der Beklagten legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der WGN 1997 geltenden Rechtslage:

Nach § 502 Abs 3 ZPO idFd WGN 1997 iVm Art 94 Z 14 des 2. Euro-JuBeG BGBl I 2001/98 ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn in einem Verfahren über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt (wovon hier auszugehen ist) der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert nicht insgesamt 20.000 EUR übersteigt (selbst wenn es noch um die gesamte betriebene Forderung ginge: 185,17 EUR + 36 x 385,17 EUR = 14.051,29 EUR) und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungsurteils den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird. Oppositionsklagen, mit denen das (auch nur teilweise) Erlöschen des Unterhaltsanspruchs dem Grunde nach geltend gemacht wird, fallen unter § 49 Abs 2 Z 2 JN aF (stRsp; jüngst 3 Ob 253/07p mwN).

Auch wenn hier schon die durch das AußStr-BegleitG BGBl I 2003/112 geänderte Rechtslage gilt, weil die Klage nach dem 31. Dezember 2004 eingebracht wurde (Art XXXII § 4 Abs 3 iVm § 3 Abs 1 AußStr-BegleitG), ändert sich - jedenfalls für Unterhaltsstreitigkeiten zwischen Ehegatten - nichts, weil diese nach wie vor von § 49 Abs 2 Z 2 JN erfasst sind.

Im vorliegenden Fall hat die Rechtsmittelwerberin das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und geltend gemacht, dass sie entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts die Revision für zulässig erachte. Der Revision fehlt freilich die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht (§ 508 Abs 1 ZPO) gestellt werde.

Im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage ist der Rechtsmittelschriftsatz nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, sind doch (auch) im Streitwertbereich des § 502 Abs 4 ZPO Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof, vorzulegen (§ 508 ZPO); dieser darf über das Rechtsmittel nämlich nur und erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RIS-Justiz RS0109623).

Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar (gleich den Revisionsausführungen zur Sache) an den Obersten Gerichtshof gerichtet sei (vgl zum Fehlen der [richtigen] Bezeichnung des Berufungsgerichts E. Kodek in Rechberger3, § 467 ZPO Rz 2), dann wird es einen mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen haben. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis iSd § 84 Abs 3 ZPO, ist ein Verbesserungsverfahren einzuleiten. Das gilt nach § 474 Abs 2 zweiter Satz ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrags. Sollte die Rechtsmittelwerberin die Verbesserung ihres Schriftsatzes sodann verweigern, dann wäre die Revision jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0109501).

Der Akt ist dem Erstgericht zurückzustellen.

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