OGH 3Ob205/08f

OGH3Ob205/08f19.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer, und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Margit S*****, vertreten durch Dr. Mag. Christina Haslwanter, Rechtsanwältin in Hall in Tirol als Verfahrenshelferin, wider den Antragsgegner Günther S*****, vertreten durch Achammer Mennel Welte Achammer Kaufmann Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 23. November 2007, GZ 52 R 109/07x-12, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 22. Juli 2008, AZ 52 R 109/07x, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hall in Tirol vom 13. August 2007, GZ 2 C 78/07d-5, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen nach Ergänzung des Verfahrens zu fällenden Entscheidung über den Aufteilungsantrag zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Erstgerichts vom 24. März 2005 gemäß § 49 EheG geschieden. Dieses Urteil wurde der Antragstellerin am 29. März 2005, dem Antragsgegner am 30. März 2005 zugestellt und erwuchs in Ansehung des Ausspruchs der Ehescheidung in Rechtskraft, hatte doch der Antragsgegner nur den Ausspruch seines Alleinverschuldens an der Zerrüttung der Ehe erfolglos mit Berufung bekämpft. Am 8. Juni 2007 langte der von der Antragstellerin erhobene Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse beim Erstgericht ein.

Die Antragstellerin brachte zu ihrem Antrag im Wesentlichen vor, die Frist des § 95 EheG sei durch die seit 2006 geführten außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen über die einvernehmliche Aufteilung gehemmt worden. Nach Abbruch der Vergleichshandlungen habe sie unverzüglich den Aufteilungsantrag eingebracht.

Der Antragsgegner wendet im Wesentlichen ein, bereits im Schreiben vom 10. Mai 2006 habe er auf die Jahresfrist nach § 95 EheG hingewiesen. Auch in der gesamten weiteren Korrespondenz habe er jeweils den Standpunkt vertreten, dass ein etwaiger Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse verfristet sei. Anbote seien nur unpräjudiziell und vorbehaltlich der Sach- und Rechtslage erfolgt.

Der Erstrichter schränkte das Verfahren auf die Frage ein, ob der Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse innerhalb der Frist des § 95 EheG gestellt worden sei, wies den Antrag ab und stellte dazu folgenden Sachverhalt fest:

Zumindest seit Beginn des Jahres 2006 fand zwischen den Parteienvertretern eine rege Korrespondenz zur Erzielung einer außergerichtlichen Regelung der Aufteilungs- und Unterhaltsansprüche der Antragstellerin statt.

Mit Schreiben vom 10. Mai 2006 unterbreitete der Antragsgegnervertreter der Antragstellervertreterin „unpräjudiziell" und vorbehaltlich der Sach- und Rechtslage ein Vergleichsanbot über 7.000 EUR zur Abgeltung des Aufteilungsanspruchs, der ehelichen Ersparnisse und der Ehewohnung. Dieses Anbot stelle ausdrücklich kein Anerkenntnis dar, sondern ein äußerstes Entgegenkommen des Antragsgegners. Im Schreiben heißt es weiter: „... In diesem Zusammenhang erlaube ich mir auf § 95 EheG hinzuweisen. ... Voraussetzung für die Bezahlung des Betrages von € 7.000,-- ist aber auch eine Einigung hinsichtlich der Unterhaltsberechnung gemäß meinem Schreiben vom 3. 4. 2006, wonach die zu zahlende Abfertigung durch 60 dividiert und dem Einkommen der nächsten 60 Monate jeweils hinzugerechnet und davon der zu leistende Unterhalt berechnet wird. Nach Erhalt der Abfertigung wird mein Mandant ein entsprechendes Anbot auf Abgeltung der Ansprüche aus der Abfertigung (Unterhalt) unterbreiten, respektive nehme ich gerne etwaige Vergleichsvorschläge entgegen. Aufgrund der obigen Ausführungen (§ 95 EheG) wird mein Mandant das Eigenvermögen deiner Klientin zum Zeitpunkt des Auszuges nicht weiter thematisieren." (Beilage F).

Mit Schreiben vom 14. Juni 2006 antwortete die Vertreterin der Antragstellerin wie folgt: „Einleitend nehme ich auf § 95 EheG Bezug. Diesbezüglich darf ich auf die Rechtsprechung des OGH verweisen. Demgemäß ist in Vergleichsverhandlungen ein Hemmungsgrund hinsichtlich der Frist des § 95 EheG zu erblicken. Der OGH hat ausgesprochen, dass für die Anwendung von Hemmung und Unterbrechung auf die Frist des § 95 EheG spreche, dass außergerichtliche Vergleichsverhandlungen der Parteien über die Aufteilung des Gebrauchsvermögens und ihrer Ersparnisse nicht dadurch behindert werden sollen, dass zur Wahrung der Frist ein Antrag bei Gericht gestellt werden müsse und damit eine nicht erstrebenswerte sowie kostenintensive Zweigleisigkeit zwischen außergerichtlichen Verhandlungen über eine einvernehmliche Aufteilung und dem gerichtlichen Verfahren nach den §§ 81 ff EheG entstehe. Eine Anspruchstellung nach den §§ 93 ff AußStrG ist daher im gegenständlichen Fall möglich. ... Um die außergerichtliche Aufteilung ehest möglich einer Enderledigung zuzuführen, darf ich mir für die Übermittlung der Unterlagen zur Feststellung der Höhe der Abfertigung sowie der Lebensversicherung und die Übermittlung eines Angebots zur Abgeltung dieser Ansprüche den 30.6.2006 in Vormerk nehmen."

Darauf replizierte der Antragsgegnervertreter mit Schreiben vom 4. Juli 2006 wie folgt: „In obiger Angelegenheit beziehe ich mich auf dein Schreiben vom 14. 6. und schließe daran an. Hinsichtlich der Verjährung darf ich doch etwas deutlicher werden. Ich habe diese nicht nur angedeutet, sondern ganz klar darauf hingewiesen. Nach § 95 EheG erlischt der Anspruch auf Aufteilung ... Mein Mandant hat den Anspruch weder anerkannt, noch hat deine Klientin einen solchen gerichtlich geltend gemacht. Die Jahresfrist des § 95 ist eine von Amts wegen wahrzunehmende materiell rechtliche Frist, deren Nichteinhaltung zum Anspruchsverlust führt und auch keine Naturalobligation bestehen lässt, ein verspäteter Antrag ist daher nicht zurückzuweisen, sondern vielmehr abzuweisen. Es erübrigt sich auf die diesbezüglichen Judikate einzugehen, dies ist ständige Judikatur. Die von dir angezogene Rechtsprechung mag zwar schadenersatzrechtliche Ansprüche und die dazugehörigen korrespondierenden Verhandlungen betreffen, keinesfalls aber die Frist nach § 95 EheG. ...

Damit ist der Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach § 95 EheG mittlerweile verjährt. Dessen ungeachtet ist mein Mandant willens die Angelegenheit einer einvernehmlichen Lösung zuzuführen, was aber kein Anerkenntnis darstellt. Das Anbot gemäß Schreiben vom 10.5.2006 erfolgte damit lediglich unpräjudiziell. ..."

In ihrem Schreiben vom 18. August 2006 wies die Vertreterin der Antragstellerin abermals darauf hin, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu § 95 EheG ein Verlust des Aufteilungsanspruchs nicht eingetreten sei, durch analoge Anwendung des § 1497 ABGB sei die Frist während der Vergleichsverhandlungen gehemmt, der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin sei davon unabhängig. In weiterer Folge stellte die Vertreterin der Antragstellerin Überlegungen zur Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin an, und schloss das Schreiben wie folgt: „Unabhängig davon ist jedenfalls der Betrag in der Höhe von € 7.000,- als Abgeltung für den Aufteilungsanspruch zu zahlen und darf ich diesbezüglich darauf hinweisen, dass dies ein Entgegenkommen meiner Mandantin darstellt, da aufgrund der nicht bestehenden Verjährung ansonsten jedenfalls die Lebensversicherung zu berücksichtigen wäre.

Zu guter Letzt möchte ich das Interesse zum Ausdruck bringen, die außergerichtlichen Verhandlungen ehest möglich einer positiven Enderledigung zuzuführen. Ich sehe daher deiner Rückäußerung mit großem Interesse entgegen und darf mir diesbezüglich der Ordnung halber den 4.9.2006 in Vormerk nehmen."

Mit Schreiben vom 13. September 2006 teilte der Vertreter des Antragsgegners der Vertreterin der Antragstellerin mit:

„...

1.) Mein Mandant leistet bis zum 31.12.2006 einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von monatlich € 562,13.

2.) Bis zum 31.12.2006 leistet mein Mandant einen Abfindungsbetrag in Höhe von € 15.000,- für die erhaltene Abfertigung und als Ausgleichsbetrag für die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse.

3.) Ab 1.1.2007 leistet mein Mandant einen Unterhalt auf Basis des Einkommens der Streitteile ohne Berücksichtigung der Abfertigung, sohin von derzeit € 340,90. Diese Unterhaltszahlung unterliegt aber der Umstandsklausel.

4.) Dieser Vergleichsvorschlag stellt kein Anerkenntnis hinsichtlich der Zahlung eines Betrages aus dem Titel der Aufteilung des Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse dar. Hier vertreten ich und mein Mandant nach wie vor die Ansicht, dass dieser Anspruch bereits verjährt ist. ..."

Auch in der weiteren Korrespondenz verwies die Vertreterin der Antragstellerin auf ihre Ansicht, wonach die Frist des § 95 EheG aufgrund der Vergleichsverhandlungen gehemmt sei, während der Vertreter des Antragsgegners weiter den Standpunkt vertrat, dass die Ansprüche auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß § 95 EheG verfristet seien. Die Vergleichsvorschläge, die der Vertreter des Antragsgegners der Vertreterin der Antragstellerin unterbreitete, enthielten stets den Hinweis, unpräjudiziell zu sein und kein Anerkenntnis darzustellen, weiters wurden Vergleichsanbote nicht lediglich beschränkt auf die Frage der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, sondern immer verknüpft mit der gleichzeitigen vergleichsweisen Erledigung der Unterhaltsansprüche der Antragstellerin unterbreitet.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, spätestens seit dem Schreiben vom 4. Juli 2006 seien die Vergleichsverhandlungen als gescheitert anzusehen, weil der Vertreter des Antragsgegners in diesem Schreiben deutlich gemacht habe, im Fall der Einbringung eines gerichtlichen Antrags auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse den Verfristungseinwand erheben zu wollen. Weiters habe er klargestellt, dass die weiteren Vergleichsverhandlungen über den Aufteilungsanspruch lediglich ein Entgegenkommen darstellen würden, um zugleich die Frage des Ehegattenunterhalts einer einvernehmlichen Lösung zuzuführen. Bereits nach Erhalt des Schreibens vom 14. Juli 2006 hätte die Antragstellerin unverzüglich den Aufteilungsantrag bei Gericht einbringen müssen. Der erst im Juni 2007 eingebrachte Antrag sei verfristet.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR nicht übersteige und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nachträglich doch zu.

In rechtlicher Hinsicht ging die zweite Instanz von folgenden Erwägungen aus:

Ungeachtet dessen, dass sich der Antragsgegner in seinem Schreiben vom 4. Juli 2006 auf das Verstreichen der Einjahresfrist des § 95 EheG berufen habe, habe er doch ein weiteres Vergleichsanbot erstellt, wenngleich dieses „unpräjudiziell" erfolgt sei. Des weiteren habe er am 13. September 2006 einen Betrag von 15.000 EUR als Ausgleichsbetrag für den Aufteilungsanspruch und den Anteil der Antragstellerin an der Abfertigung angeboten. Wie sich aus dem im Akt erliegenden Schreiben vom 29. September 2006 (Beilage L) ergebe, habe die Antragstellerin dieses Anbot nicht akzeptiert. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2006 (Beilage M) habe der Antragsgegner erklärt, nun endgültig nicht mehr willens zu sein, den angebotenen Betrag von 7.000 EUR für die Abgeltung des Aufteilungsanspruchs zu leisten und neuerlich auf die bereits eingetretene Verjährung des Aufteilungsanspruchs hingewiesen; darüber hinaus habe er sich im Hinblick auf den von der Antragstellerin zur Abgeltung ihrer Unterhaltsansprüche geforderten Abfindungsbetrag von 13.320 EUR bereit erklärt, diesen Betrag abzüglich von 2.262 EUR für den im Zeitraum 1. Mai 2005 bis Ende Februar 2006 zu viel geleisteten Unterhalt zu zahlen, somit insgesamt 11.058 EUR. Über neuerliche Aufforderung der Antragstellerin vom 14. Dezember 2006 (Beilage N), einen Betrag von 18.000 EUR als einmalige Abschlagszahlung für die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sowie für den aus der bezogenen Abfertigung zu leistenden Unterhalt zu bezahlen, habe der Antragsgegner mit Schreiben vom 27. Dezember 2006 (Beilage O) reagiert, in welchem er unter neuerlichem Hinweis auf die Verfristung des Aufteilungsanspruchs die Leistung eines Betrags von nunmehr 10.000 EUR in Erwägung gezogen habe. Gleichzeitig habe er aber klargestellt, dass ab dem der Bezahlung dieses Betrags folgenden Monat der von ihm an die Antragstellerin zu leistende Unterhalt auf Basis seines Pensionseinkommens ohne Berücksichtigung der Abfertigung zu bemessen sei. Nachdem der Antragstellerin das Schreiben des Antragsgegners vom 17. Oktober 2006 (Beilage M) zugegangen war, habe sie davon ausgehen müssen, dass eine Einigung über den Aufteilungsanspruch endgültig nicht mehr erzielt werden könne. Die dennoch weitergeführten Vergleichsverhandlungen habe sie nicht mehr als erfolgversprechend werten dürfen, weil sich der in diesem Schreiben angebotene Betrag von 10.000 EUR nur mehr auf die vom Antragsgegner lukrierte Abfertigung und den daraus resultierenden Unterhaltsanspruch der Antragstellerin bezogen habe, nicht jedoch auf den Aufteilungsanspruch. Jedenfalls mit Zugang des Schreibens vom 17. Oktober 2006 seien die Vergleichsverhandlungen zum Aufteilungsanspruch als gescheitert anzusehen. Der erst mehr als sieben Monate später beim Erstgericht eingebrachte Aufteilungsantrag sei verfristet, zumal dem Vorbringen der Antragstellerin beachtliche Gründe für die Verzögerung nicht zu entnehmen seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig und berechtigt.

Gemäß § 95 EheG erlischt der Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird. Bei dieser Frist handelt es sich um eine materiell-rechtliche Fallfrist, auf die die allgemeinen Verjährungsbestimmungen analog anzuwenden sind (RIS-Justiz RS0034613; Koch in KBB2 § 95 EheG Rz 1). Für die Anwendung von Hemmung und Unterbrechung auf die Frist des § 95 EheG spricht, dass außergerichtliche Vergleichsverhandlungen über die Aufteilung des Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nicht dadurch behindert werden sollen, dass zur Wahrung der Frist ein Antrag bei Gericht gestellt werden müsse, weil damit eine nicht erstrebenswerte und kostenintensive Zweigleisigkeit zwischen außergerichtlichen Verhandlungen und dem gerichtlichen Verfahren nach den §§ 81 ff EheG entstünde. Außergerichtliche Vergleichsgespräche bewirken somit eine Hemmung des Ablaufs der Frist des § 95 EheG, sofern nur der Aufteilungsantrag nach Abbruch der Vergleichsverhandlungen ohne unnötigen Aufschub eingebracht wird (1 Ob 536/92 mwN; 6 Ob 209/07i; RIS-Justiz RS0057759; Koch aaO Rz 3 mwN). Nach einhelliger Rechtsprechung und Lehre reicht es für die Annahme von Vergleichsverhandlungen aus, dass der Gläubiger seine Ansprüche anmeldet und der Schuldner eine Stellungnahme abgibt, in der er den Anspruch nicht vollständig ablehnt (8 ObA 85/03p = ARD 5459/3/03; Dehn in KBB2 § 1494 ABGB Rz 3; M. Bydlinski in Rummel3 § 1501 ABGB Rz 2a; Mader/Janisch in Schwimann3 Vor §§ 1494 - 1496 ABGB Rz 4; vgl RIS-Justiz RS0034472). Das entspricht auch der Rechtsprechung des dBGH zu der ausdrücklichen Hemmungsregel des § 203 BGB nF, in der von „Verhandlungen über den Anspruch" die Rede ist (Palandt, BGB65 § 203 Rz 2 mwN). Nach der älteren österreichischen Rechtsprechung rechtfertigen Vergleichsverhandlungen bis zum Ablauf der Verjährungsfrist oder darüber hinaus gegenüber der Verjährungseinrede die Replik der Arglist (5 Ob 130/72 = SZ 45/97). Nach der neueren Rechtsprechung liegt ein Hemmungsgrund eigener Art vor; der Ablauf der Verjährungsfrist wird hinausgeschoben (M. Bydlinski aaO § 1501 ABGB Rz 2a). Der Zeitpunkt, wann Vergleichsverhandlungen abgebrochen sind, richtet sich danach, wann bei objektiver Beurteilung des Verhaltens des Gegners zu erkennen ist, dass weitere Vergleichsversuche aussichtslos sind (RS0034599 [T2, T4, T7]).

In ihrem Revisionsrekurs wiederholt die Antragstellerin ihren Standpunkt, der Zeitpunkt des Abbruchs der Vergleichsverhandlungen sei weder mit 4. Juli 2006 (wie vom Erstgericht angenommen) noch mit dem Schreiben vom 17. Oktober 2006 (wie vom Berufungsgericht angenommen) anzusetzen; vielmehr seien die Vergleichsverhandlungen zur außergerichtlichen Erledigung der Rechtssache von beiden Seiten bis 7. Juni 2007 fortgesetzt und bis zu diesem Zeitpunkt wechselseitig Anbote erstellt worden.

Ob diesem Standpunkt Berechtigung zukommt, kann aufgrund der bisher vorhandenen Feststellungen noch nicht beurteilt werden. Dies deshalb, weil die Feststellungen des Erstgerichts zum genauen Inhalte der wechselseitigen Schreiben mit der (teilweisen) Wiedergabe des Schreibens des Vertreters des Antragsgegners vom 13. September 2006 enden und der Verlauf der weiteren Vergleichsgespräche lediglich kursorisch festgestellt ist. So steht lediglich fest, dass auch nach dem Schreiben vom 13. September 2006 zwischen den Parteienvertretern eine Korrespondenz stattgefunden habe, beide Parteienvertreter auf ihren gegenteiligen Rechtsstandpunkten zur Frage der Verfristung des Anspruchs auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse beharrten, Vergleichsanbote des Vertreters des Antragsgegners jeweils unpräjudiziell erfolgten und sich nicht nur auf die Aufteilungs-, sondern auch auf die Unterhaltsansprüche der Antragstellerin bezogen haben. Aus diesen Feststellungen lässt sich aber nicht erkennen, ob und - gegebenenfalls - wann bei objektiver Beurteilung des Verhaltens des Gegners zu ersehen war, dass weitere Vergleichsversuche aussichtslos sind. Zugleich reichen diese Feststellungen auch nicht aus, um daraus mit Sicherheit abzuleiten, der Vertreter des Antragsgegners habe trotz seiner Berufung auf die Verfristung weiterhin Gesprächsbereitschaft signalisiert, sodass die Antragstellerin davon ausgehen konnte, ihr Begehren sei von der Gegenseite noch nicht endgültig abgelehnt. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, die Vertreterin der Antragstellerin habe die dennoch weitergeführten Vergleichsverhandlungen deshalb als nicht mehr erfolgversprechend werten dürfen, weil sich der im Schreiben vom 17. Oktober 2006 angebotene Betrag von 10.000 EUR nur mehr auf die vom Antragsgegner lukrierte Abfertigung und den daraus resultierenden Unterhaltsanspruch der Antragstellerin bezogen habe, nicht jedoch auf den Aufteilungsanspruch, findet in den erstgerichtlichen Feststellungen keine Grundlage, lauten diese doch eindeutig dahin, Vergleichsanbote hätten jeweils auch den Aufteilungsanspruch der Antragstellerin mitumfasst.

Im fortzusetzenden Verfahren werden daher ergänzende Feststellungen nicht nur zum Inhalt des Schreibens vom 17. Oktober 2006, sondern auch zum Inhalt der nachfolgenden Vergleichsanbote und -verhandlungen bis zum Zeitpunkt der Einbringung des vorliegenden Antrags zu treffen sein. Erst dann wird abschließend beurteilt werden können, wie lange die Frist des § 95 EheG durch die Führung außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen über Abschlagszahlungen zur Abgeltung des Aufteilungsanspruchs gehemmt war.

Zufolge der aufgezeigten rechtlichen Feststellungsmängel erweist sich die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen als unumgänglich.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 78 Abs 1 AußStrG.

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