OGH 10Ob94/08h

OGH10Ob94/08h4.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Ing. Gerhard L***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Leopold Boyer, Rechtsanwalt in Zistersdorf, gegen die beklagte und widerklagende Partei Noelia de la C***** S*****, vertreten durch Dr. Herwig Ernst, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen 31.437,64 EUR sA (Klage) und restlich 127.334,92 EUR sA (Widerklage), infolge außerordentlicher Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23. Juni 2008, GZ 16 R 88/08s-67, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden und widerbeklagten Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, dass die maßgeblichen Bestimmungen des ABGB, insbesondere die §§ 932 ff und 1167 ff hier in der Fassung des Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetzes (GewRÄG-BGBl I 2001/48) anzuwenden sind, weil der gegenständliche Werkvertrag nach dem 1. 1. 2002 geschlossen wurde.

Verletzt der Werkunternehmer schuldhaft seine aus § 1168a ABGB abgeleitete Warnpflicht, verliert er einerseits den Anspruch auf das Entgelt und hat dem Besteller andererseits auch noch einen allfälligen weitergehenden Schaden zu ersetzen (RIS-Justiz RS0022124). Wer nicht darüber aufklärt, dass das Werk in seiner vereinbarten Beschaffenheit untauglich ist, haftet nur für den Vertrauensschaden, das heißt dafür, dass der Besteller nicht gleich ein zweckentsprechendes Werk anderer Beschaffenheit herstellen ließ; das Interesse an diesem Werk als solchem ist nicht zu ersetzen. Zu dem zu ersetzenden Schaden gehören auch die Verbesserungskosten, allerdings nur solche, die zur Verbesserung des Werks im Sinne der Herstellung des vertragsmäßig geschuldeten Zustands aufzuwenden sind, somit nicht jene Kosten, die er auch bei entsprechender Warnung hätte tragen müssen. Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stünde, wenn der Warnpflicht entsprochen worden wäre (Krejci in Rummel, ABGB3 § 1168a Rz 35 f mwN; 3 Ob 274/01t mwN; RIS-Justiz RS0022104). Die Revisionswerberin zieht in ihren Rechtsmittelausführungen zu Recht nicht mehr in Zweifel, dass sie schuldhaft ihre Warnpflicht verletzt hat. Sie hätte bereits im Zuge der Bestandsaufnahme vor dem Beginn der Umbauarbeiten erkennen können, dass der vorhandene Altbestand für diese Umbauarbeiten keine ausreichende Fundierung besaß und daher für den geplanten Um- und Zubau nicht geeignet war. Die Beklagte ist damit nicht nur von der Verpflichtung zur Bezahlung eines Entgelts für die von der Revisionswerberin erbrachten Leistungen frei, sie ist überdies infolge des Verschuldens der Revisionswerberin berechtigt, von dieser Ersatz für den durch das mangelhafte Werk verursachten Schaden zu verlangen. Die Vorinstanzen wiesen daher das auf Zahlung eines restlichen Werklohns von 31.437,64 EUR sA gerichtete Klagebegehren ab und verpflichteten die Revisionswerberin im Rahmen der Widerklage zur Rückzahlung des von der Beklagten für die Durchführung der Arbeiten bereits geleisteten Entgelts von insgesamt 44.797,37 EUR sowie zur Zahlung der aufgrund der Warnpflichtverletzung der Revisionswerberin bei der Beklagten eingetretenen Schäden in Höhe von insgesamt 82.537,55 EUR. Soweit die Revisionswerberin unter Bezugnahme auf die beiden noch zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetzes (BGBl I 2001/48) ergangenen Entscheidungen 3 Ob 91/02g und 7 Ob 235/02p geltend macht, es sei entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen eine von ihr der Beklagten auch ausdrücklich angebotene Sanierung der Mängel in wirtschaftlich vertretbarer Weise möglich und der Beklagten auch zumutbar, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich bei den von den Vorinstanzen als berechtigt erkannten Schadenersatzforderungen der Beklagten nicht um den Ersatz eines Mangelschadens (= der in der Mangelhaftigkeit einer Leistung liegende Nachteil), sondern um den Ersatz von sogenannten Mangelfolgeschäden, also um weitere Schäden, die durch die mangelhafte Leistung der Revisionswerberin entstanden sind, handelt. Solche Mangelfolgeschäden sind jedoch von dem in § 933a Abs 2 erster Satz ABGB festgelegten Grundsatz des Verbesserungsvorrangs vor dem Geldersatz nicht umfasst (vgl 2 Ob 95/06v; P. Bydlinski, KBB2 § 933a ABGB Rz 10). Es ist daher nicht entscheidungswesentlich, ob, wie das Erstgericht ausgeführt hat, der Beklagten im vorliegenden Fall eine Verbesserung des mangelhaften Werks durch den Werkunternehmer im Hinblick auf die im bautechnisch sensiblen Bereich der Standsicherheit aufgetretenen Mängel und die Zurücklegung der Bauführerschaft durch die Revisionswerberin auch aus triftigen, in der Person des Werkunternehmers liegenden Gründen unzumutbar wäre (§ 933a Abs 2 letzter Satz ABGB).

Die Frage, was dem Geschädigten im Rahmen der Schadensminderungspflicht zumutbar ist, hängt grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls ab und stellt daher keine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0027787). Dem Einwand der Revisionswerberin, eine Sanierung sei möglich und im Rahmen der Schadensminderungspflicht der Beklagten auch zumutbar, haben die Vorinstanzen entgegengehalten, dass eine Sanierung des Gebäudes wirtschaftlich nicht sinnvoll und keine technisch brauchbare Lösung wäre. So würde eine Sanierung nach den maßgebenden Feststellungen der Vorinstanzen einen Aufwand von ca 85.600 EUR zuzüglich der noch offenen Baumaßnahmen erfordern. Soweit die Revisionswerberin demgegenüber meint, die Kosten der Sanierung würden nur 61.800 EUR betragen, lässt sie unberücksichtigt, dass mit einem solchen Aufwand der vertragsmäßige Zustand nicht hergestellt würde. Es müsste dazu nämlich zusätzlich die Höhe der Aufmauerung im Dachgeschoß reduziert und der Dachstuhl abgesenkt werden und es müssten auch weitere Mängel (wie beispielsweise die zu geringe Breite des Stiegenhauses durch Versetzen von Mauern) behoben werden. Die von der Revisionswerberin in diesem Zusammenhang geltend gemachte Aktenwidrigkeit im Berufungsurteil liegt nicht vor. Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage davon ausgingen, dass eine Sanierung des Gebäudes wirtschaftlich nicht sinnvoll sei, keine technisch brauchbare Lösung darstelle und die Beklagte daher durch die Ablehnung des entsprechenden Verbesserungsangebots der Revisionswerberin ihre Schadensminderungspflicht nicht verletzt habe, kann darin keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden. Auch der weitere Vorwurf der Revisionswerberin, die Entscheidung der Vorinstanzen würde zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Beklagten führen, trifft nicht zu, weil bei einer erforderlichen Neuerrichtung des Gebäudes die von den anderen Professionisten erbrachten Werkleistungen nicht mehr weiter verwendet werden können und es sich dabei somit um frustrierte Aufwendungen handelt. Die Revision der klagenden und widerbeklagten Partei ist daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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