Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die am 22. 4. 2005 geborene Nina ist das uneheliche Kind der Karina Z***** und des Manuel S*****.
Mit Beschluss vom 10. 4. 2008 entschied das Erstgericht, dass die Obsorge für Nina der Mutter entzogen und dem Land Niederösterreich als Jugendwohlfahrtsträger übertragen werde (1.), dieser Beschluss gemäß § 44 AußStrG sofort verbindlich und vollstreckbar sei (2.), der Obsorgeantrag des Vaters abgewiesen werde (3.), beiden Elternteilen jeweils ein begleitetes Besuchsrecht bestimmten Ausmaßes eingeräumt werde (4. und 5.) und die darüber hinausgehenden Besuchsrechtsanträge abgewiesen werden würden (6.).
Gegen diesen Beschluss erhoben beide Elternteile Rekurs. Während die Mutter hiebei anwaltlich vertreten war, brachte der Vater beim Erstgericht zunächst eine von ihm selbst verfasste, als „Einspruch gegen das Urteil vom 10. 4. 2008" bezeichnete und als Rekurs zu wertende Eingabe ein. Er wandte sich darin konkret gegen die „Ablehnung" seines Obsorgeantrags, begründete dies mit Mängeln des psychologischen Sachverständigengutachtens und beantragte die Einholung eines neuerlichen Gutachtens. Zwei Tage nach dem Einlangen dieser Eingabe überreichte er noch innerhalb der vierzehntägigen Rechtsmittelfrist, nunmehr ebenfalls anwaltlich vertreten, beim Erstgericht einen weiteren Rekurs. Dessen Rechtsmittelanträge lauteten dahin, den angefochtenen Beschluss in dessen Punkten 1. und 2. ersatzlos zu beheben, dem Obsorgeantrag des Vaters stattzugeben und die Punkte 5. und 6. im Sinne eines unbegleiteten, zeitlich weiterreichenden Besuchsrechts des Vaters abzuändern. Das Rekursgericht gab den Rekursen Folge. Es hob die erstinstanzliche Entscheidung in deren Punkten 1. und 3. bis 6. nicht aber auch in deren Punkt 2. zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht auf, ohne auszusprechen, dass der Revisionsrekurs zulässig sei.
Eingangs der Entscheidungsbegründung verwies das Rekursgericht zum Rekurs des Vaters auf den auch im Außerstreitverfahren geltenden Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels, demzufolge Nachträge, Ergänzungen und Berichtigungen des Rechtsmittels grundsätzlich unzulässig seien. Insbesondere sei dem Außerstreitverfahren die nachträgliche „Ausführung" eines Rechtsmittels fremd. Dabei sei gleichgültig, ob die Partei selbst oder durch einen Vertreter handle. Das Rechtsmittelrecht des Vaters sei demnach schon durch seine selbstverfasste Eingabe verbraucht. Der Umstand, dass dieses Schreiben keine konkreten Anträge enthalte, schade im Außerstreitverfahren nicht; es genüge, dass erkennbar sei, was mit der Eingabe angestrebt werde. Auf das spätere Rechtsmittel sei daher nicht einzugehen.
Zu Punkt 2. des erstinstanzlichen Beschlusses führte das Rekursgericht aus, dass gegen Entscheidungen über die vorläufige Verbindlichkeit oder Vollstreckbarkeit ein Rechtsmittel nicht zulässig sei. Soweit der Vater in seinem zweiten Rekurs auch diesen Ausspruch bekämpfe, sei dieses Rechtsmittel daher verfehlt. Einer Zurückweisung bedürfe es jedoch nicht, weil ohnedies nur über den vom Vater selbst eingebrachten (ersten) Rekurs zu entscheiden sei. Zu einer Abänderung des Ausspruchs nach § 44 AußStrG, der ungeachtet der Aufhebung des Punkts 1. der angefochtenen Entscheidung bis zur rechtskräftigen Erledigung der Sache fortwirke, sehe sich das Rekursgericht nicht veranlasst.
Gegen die zweitinstanzliche Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne des ergänzenden Ausspruchs abzuändern, dass Punkt 2. der erstinstanzlichen Entscheidung ersatzlos behoben werde. Weder die Mutter noch der Jugendwohlfahrtsträger erstatteten eine Revisionsrekursbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zwar nicht jedenfalls, aber mangels des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG dennoch unzulässig.
1. Vorauszuschicken ist, dass sich der Revisionsrekurs nicht gegen die aufhebenden Teile des zweitinstanzlichen Beschlusses richtet und das Rechtsmittel daher auch nicht schon wegen des fehlenden Zulässigkeitsausspruchs gemäß § 64 Abs 1 Satz 1 AußStrG unzulässig ist (vgl RIS-Justiz RS0030814, RS0109580). Der Vater macht vielmehr geltend, sein als Einspruch bezeichneter Rekurs habe keine konkreten Rekursanträge enthalten, sodass ihm die Vorinstanzen einen Verbesserungsauftrag hätten erteilen müssen. Der durch seinen Rechtsanwalt eingebrachte zweite Rekurs stelle nur die Verbesserung des ersten Rekurses dar. Das Rekursgericht habe daher zu Unrecht eine Entscheidung über den auf die ersatzlose Behebung des Punkts 2. des erstinstanzlichen Beschlusses abzielenden Rekursantrag abgelehnt.
2. Nach § 47 Abs 3 AußStrG muss der Rekurs kein bestimmtes Begehren enthalten, aber hinreichend erkennen lassen, aus welchen Gründen sich die Partei beschwert erachtet und welche andere Entscheidung sie anstrebt; im Zweifel gilt der Beschluss, gegen den Rekurs erhoben worden ist, als zur Gänze angefochten. Mit dieser Regelung folgte der Gesetzgeber des neuen Außerstreitgesetzes, BGBl I 2003/111, der schon zur früheren Rechtslage maßgeblichen höchstgerichtlichen Judikatur (RIS-Justiz RS0006674; Fucik/Kloiber, AußStrG § 47 Rz 2). Für die Beurteilung des Umfangs der Anfechtung kommt es daher auf den gesamten Inhalt des Rechtsmittels an (10 Ob 28/04x = SZ 2004/90). Aus diesem muss deutlich zu erkennen sein, dass der Einschreiter die Überprüfung einer bestimmten Entscheidung begehrt und inwieweit und warum er diese Entscheidung nicht annimmt (10 Ob 28/04x; RIS-Justiz RS0006674).
3. Der Vater hat in seinem selbst verfassten Rekurs dargetan, dass er sich (nur) durch die Abweisung seines Obsorgeantrags beschwert erachtet, die Gründe hiefür angeführt und begehrt, ein neuerliches Gutachten einzuholen. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts über die fehlende Verbesserungsbedürftigkeit des Rechtsmittels hält sich somit im Rahmen der zitierten Judikatur. Es ist folgerichtig auch vertretbar davon ausgegangen, dass die Einbringung eines zweiten Rechtsmittels gegen den auch im Außerstreitverfahren geltenden Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels verstößt und daher unzulässsig ist (RIS-Justiz RS0007007).
4. Soweit sich der Vater gegen die Unterlassung einer spruchmäßigen Entscheidung über das zweite Rechtsmittel (im Umfang des offenen Beschwerdepunkts) wendet, fehlt es ihm schließlich an jeglicher Beschwer; bereits das Rekursgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die erstinstanzliche Entscheidung über die vorläufige Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit der Obsorgeübertragung infolge des in § 44 Abs 2 AußStrG normierten Rechtsmittelausschlusses im Rechtsmittelweg nicht beseitigt werden kann.
Der Revisionsrekurs des Vaters ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
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