OGH 8Nc18/08a

OGH8Nc18/08a14.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der beim Bezirksgericht Urfahr-Umgebung zu 8 P 47/05t geführten Pflegschaftssache der mj Viktoria M*****, infolge der beim Landesgericht Linz festgestellten Befangenheit aller bei den Bezirksgerichten im Gerichtshofsprengel tätigen Richterinnen und Richter den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Zur weiteren Führung des Pflegschaftsverfahrens wird das Bezirksgericht St. Pölten bestimmt.

Text

Begründung

Das beim Bezirksgericht Urfahr-Umgebung geführte Pflegschaftsverfahren betrifft eine Tochter des Leitenden Visitators des Oberlandesgerichts Linz. Zu diesem Verfahren gab das Landesgericht Linz mit Beschluss vom 28. 8. 2008, 15 Nc 27/08t, den Befangenheitsanzeigen aller bei den Bezirksgerichten des Landesgerichtssprengels tätigen Richterinnen und Richter Folge. In weiterer Folge legte es den Akt dem Oberlandesgericht Linz zur Bestimmung eines zuständigen Gerichts vor.

Die Mitglieder des nach der Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts für Delegierungssachen zuständigen Senats zeigten bereits im Zusammenhang mit den die Schwestern der mj Viktoria betreffenden Sachwalterschaftsverfahren ihre Befangenheit an. Sie verwiesen dabei auf mehrere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs, denen die Auffassung zugrundeliegt, dass in den die Kinder des Leitenden Visitators betreffenden Sachen alle Richter des Linzer Oberlandesgerichtssprengels befangen seien (6 Ob 93/08g, 12 Ns 66/07p; 11 Ns 80/07i). Der Akt wurde an den Obersten Gerichtshof gemäß den in den Sachwalterschaftssachen Elisabeth und Katharina M***** bereits ergangenen Delegierungsbeschlüssen 4 Nc 10/08w und 4 Nc 11/08t zur Entscheidung über die Delegierung nach § 30 JN weitergeleitet.

Rechtliche Beurteilung

Der Senat hat dazu Folgendes erwogen:

1. Ist ein Gericht aus einem der in § 19 JN vorgesehenen Gründe an der Ausübung der Gerichtsbarkeit gehindert, so hat nach § 30 JN das im Instanzenzug übergeordnete Gericht ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen.

2. Im vorliegenden Fall sind nach der - unanfechtbaren (§ 24 JN) - Befangenheitsentscheidung des Landesgerichts Linz alle Bezirksgerichte des Landesgerichtssprengels an der Ausübung der Gerichtsbarkeit gehindert. Aus diesem Grund ist eine Bestimmung des zuständigen Gerichts durch das Landesgericht Linz als jenen Gerichten im Instanzenzug übergeordnetes Gericht nicht möglich. Die Entscheidung über die Delegierung obliegt daher nach § 30 JN dem Obersten Gerichtshof, der dem Landesgericht Linz im Instanzenzug der Hauptsache unmittelbar übergeordnet ist. Da das Oberlandesgericht Linz aufgrund dieser Rechtslage für die Delegierung nicht zuständig ist, kommt es auf eine mögliche Befangenheit seiner Richterinnen und Richter nicht an (vgl hiezu auch 8 Nc 11/08x).

Da - wie schon in den Entscheidungen 6 Ob 93/08g, 11 Ns 80/07i, 12 Ns 66/07p, 4 Nc 10/08w und 4 Nc 11/08t - anzunehmen ist, dass die vom Landesgericht Linz festgestellte Befangenheit in gleicher Weise auch bei den Richterinnen und Richtern der anderen Bezirksgerichte im Sprengel des Oberlandesgerichts Linz vorliegen wird, ist zur weiteren Behandlung der Pflegschaftssache daher aus Gründen der Zweckmäßigkeit und Raschheit auch in der vorliegenden Pflegschaftssache sogleich das außerhalb dieses Sprengels gelegene Bezirksgericht St. Pölten zu bestimmen.

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