OGH 17Ob33/08i

OGH17Ob33/08i14.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr. Griss als Vorsitzende und durch die Hofrätin Dr. Schenk sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Q***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei Ludwig L*****, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung, Rechnungslegung, Zahlung eines angemessenen Entgelts und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 30.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 1. August 2008, GZ 3 R 127/08d-11, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin, ein Versandhandelsunternehmen mit dem Angebot von Waren aller Art, betreibt seit 1987 unter der Bezeichnung „happy kauf" an mehreren Standorten einen Einzelhandel mit Waren aus ihrem Sortiment, vorwiegend Restposten. Sie verfügt auch über eine im selben Jahr registrierte Wortbildmarke „happy kauf". Der Beklagte ließ sich Ende 2006 die Domain „www.happykauf.at " registrieren; bei Aufruf der Domain wird man zunächst auf das Unternehmen „Acor" hingewiesen und nach wenigen Sekunden zum „Acor-Shop" weitergeleitet, der im Zusammenhang mit der Internet-Plattform „eBay" steht und wo Waren zum online-Bezug angeboten werden, die sich mit dem Warenangebot der Klägerin im Einzelhandel decken. Der Beklagte stellt dieses Internetportal auch dritten Anbietern zum Warenabsatz zur Verfügung. Das Rekursgericht hat die Unterscheidungskraft des Wortbestandteils der Marke der Klägerin bejaht und eine einstweilige Verfügung bestätigt, die dem Beklagten ua verbietet, die genannte Domain und/oder einen damit verwechslungsfähigen Domain-Namen im geschäftlichen Verkehr zur Förderung des Absatzes näher bezeichneter Waren zu benutzen und/oder benutzen zu lassen.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1.1. Für die Frage der Kennzeichnungskraft ist nach ständiger Rechtsprechung maßgebend, ob die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt eines Zeichens zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und die Wortkombination als beschreibenden Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstehen (RIS-Justiz RS0109431). Enthält das Zeichen demgegenüber nur Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend und daher auch ohne

Verkehrsgeltung geschützt (4 Ob 230/01d = ÖBl 2002, 138 -

the.internet.factory; 4 Ob 116/03t = ÖBl-LS 2003/158 - immofinanz;

RIS-Justiz RS0109431 [T3]; 17 Ob 27/07f - ländleimmo). Bloße Andeutungen über die Beschaffenheit begründen also in der Regel keine Deskriptivität, so lange sie nur in fantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen. Worte, die eine gedankliche Schlussfolgerung verlangen oder lediglich im übertragenen Sinn auf die Merkmale der Ware hinweisen, sind oft sogar sehr gut als Marken geeignet. Stellt ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff her, ohne etwas Bestimmtes über Herstellung oder Beschaffenheit der Ware auszusagen, dann liegt keine bloß beschreibende Angabe vor (4 Ob 77/95 = ÖBl 1996, 143 - Plus). Die Abgrenzung zwischen Beschreibung und bloßer Andeutung begründet - grobe Fehlbeurteilungen ausgenommen - keine erhebliche Rechtsfrage (17 Ob 27/07f - ländleimmo).

1.2. Im konkreten Fall deutet der Wortbestandteil der Marke der Klägerin - die Verbindung eines der englischen Sprache entnommenen Worts mit einem deutschen Wort - zwar darauf hin, dass die Klägerin Waren im Einzelhandel anbietet. Die Auffassung des Rekursgerichts, diese Wortverbindung sei ihrer Struktur nach ungewöhnlich und bezeichne keinen bekannten Ausdruck der deutschen Sprache zur Kennzeichnung von Geschäften, in denen Restposten von Waren verkauft würden, hält sich aber im Rahmen der oben dargestellten Rechtsprechung.

2. Soweit der Rechtsmittelwerber von einer durchgreifenden Waren-/Dienstleistungsverschiedenheit zwischen den Angeboten der Streitteile ausgeht, lässt er unberücksichtigt, dass sich nach dem bescheinigten Sachverhalt die vom Beklagten im Internet unter dem strittigen Zeichen zum online-Bezug beworbenen Waren mit dem Warenangebot der Klägerin im Einzelhandel decken.

3. Auch Unternehmens- oder Etablissementbezeichnungen (also die besonderen Geschäftsbezeichnungen von Unternehmen) sind zufolge der ihnen innewohnenden Namensfunktion schutzfähige Kennzeichen iSd § 9 Abs 1 UWG, wenn sie Unterscheidungskraft (Kennzeichnungskraft) besitzen, also etwas Besonderes, Individuelles an sich haben, das sich schon ihrer Art nach dazu eignet, ihren Träger von anderen Personen oder Unternehmen zu unterscheiden (4 Ob 14/01i = ÖBl 2002, 300 - Dorf Alm mwN).

Nach dem bescheinigten Sachverhalt steht fest, dass die Klägerin unter dem - wie zuvor ausgeführt: unterscheidungskräftigen - Zeichen „happy kauf" an mehreren Standorten einen Einzelhandel mit Waren betreibt. Damit ist dieses Zeichen auch ohne Verkehrsgeltung als von ihr benützte Etablissementbezeichnung geschützt, und der geltend gemachte Unterlassungsanspruch schon im Lauterkeitsrecht begründet. Ob das verletzte Zeichen daneben noch unter den Namensschutz des § 43 ABGB oder den Markenschutz nach § 10 Abs 1 Z 2 MSchG fällt (letzteres setzt voraus, dass die Domain des Beklagten als Herkunftshinweis für das Warenangebot auf der - offenbar - verlinkten Seite „Acor-Shop" aufgefasst wird), ist demnach ohne Bedeutung.

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