OGH 6Ob117/08m

OGH6Ob117/08m1.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.‑Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gerhard A*****, vertreten durch Dr. Johannes Roilo, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach der am ***** verstorbenen Herta F***** vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Hermann Holzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom (richtig) 20. März 2008, GZ 1 R 402/07k‑20, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0060OB00117.08M.1001.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsausführungen zeigen keine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf:

1. Entgegen den Zweifeln des Revisionswerbers ergibt sich aus den Ausführungen des Berufungsgerichts hinreichend deutlich, dass es die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts, soweit diese nicht bekämpft oder vom Berufungsgericht für unbedenklich erkannt wurden, und die von ihm nach Beweiswiederholung getroffenen, vom Urteil des Erstgerichts abweichenden Tatsachenfeststellungen seiner Entscheidung zugrunde legte (§ 498 Abs 1 ZPO). Gerade die vom Revisionswerber unter Punkt A 2 b der Revisionsschrift angeführten Tatsachenfeststellungen und in diesem Zusammenhang allenfalls im Rahmen der Beweiswürdigung getroffene Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts sind ganz klar die vom Berufungsgericht nicht übernommenen Feststellungen des Erstgerichts. Die unter A 3 der Revisionsschrift aufgestellte Behauptung der Widersprüchlichkeit der vom Berufungsgericht übernommenen Tatsachenfeststellungen und jener von ihm getroffenen und der daraus gezogene Schluss der Aktenwidrigkeit sind unzutreffend.

2. In der Gewinnung tatsächlicher Feststellungen durch Schlussfolgerungen, mögen diese auch unrichtig sein, liegt keine Aktenwidrigkeit im Sinn des § 502 Z 3 ZPO (E. Kodek in Rechberger, ZPO3 § 471 Rz 7 mwN). Das Berufungsgericht hat die als aktenwidrig bekämpfte Feststellung durch Schlussfolgerungen aus den Gutachten des Sachverständigen Dr. K***** getroffen. Ob aber ein Sachverständigengutachten erschöpfend ist und die getroffenen Feststellungen rechtfertigt, betrifft die nicht revisibler Frage der Beweiswürdigung (10 ObS 51/92 uva).

3. Mit den Ausführungen zur Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens bekämpft der Revisionswerber in Wahrheit die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts, ist es doch eine Frage der irrevisiblen Beweiswürdigung, ob ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt werden soll (RIS‑Justiz RS0043320).

4. Die Feststellung des Berufungsgerichts über die Absicht der Wiederaufnahme des gemeinsamen Haushalts mit der Mieterin durch deren Sohn ist eine Tatsachenfeststellung, die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann, und keine - wie der Revisionswerber offenbar meint - rechtliche Beurteilung (rechtliche Schlussfolgerung). Mit seinen Ausführungen unter Punkt A 1 und 2 b sowie Punkt C a, c und d zweiter Absatz der Revisionsschrift bekämpft er daher nicht - wie geltend gemacht - die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, sondern dessen irrevisible Beweiswürdigung. Dies trifft auch auf die Ausführungen unter Punkt C b der Revisionsschrift zu. Damit werden keine Feststellungsmängel aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung des Berufungsgerichts aufgezeigt. Das Berufungsgericht hat seine Beweiswürdigung ausführlich begründet; es ist nicht erforderlich, dass es auf jedes mögliche Gegenargument im Einzelnen einging (RIS‑Justiz RS0043371 [T18]).

Im Übrigen hat das Berufungsgericht keine Negativfeststellung getroffen, sondern positiv festgestellt, dass der Sohn der Mieterin jedenfalls nicht die Absicht hatte, seine Mutter, falls es der Gesundheitszustand erlaubte, nicht mehr in den gemeinsamen Haushalt in der nun aufgekündigten Wohnung aufzunehmen. Für das Eingreifen von Beweislastregeln besteht insoweit kein Raum (s Rechberger in Rechberger, ZPO3 vor § 266 Rz 8 ff).

5. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Sohn der Mieterin gemäß § 14 MRG in den Mietvertrag eingetreten ist, ist durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gedeckt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wird der gemeinsame Haushalt im Sinn des § 14 Abs 3 MRG nicht durch eine vorübergehende Abwesenheit des Mieters - etwa durch Aufenthalt in einem Pflegeheim - aufgehoben, sofern die Absicht, in die Wohnung zurückzukehren, fortbesteht und die Verwirklichung dieser Absicht nicht objektiv ausgeschlossen ist (RIS‑Justiz RS0069705; RS0069795; RS0069712; RS0069379). Kann ein Mieter, der in einem Pflegeheim aufgenommen wurde, seinem Willen zur Rückkehr in seine Wohnung schicksalhaft nicht mehr Ausdruck verleihen, ist, sollte seine Rückkehr nicht schlechthin (objektiv) ausgeschlossen sein, im Zweifel davon auszugehen, dass er bei Änderung der Sachlage in die von ihm vor Ausbruch der Krankheit kraft Mietrechts benützte Wohnung zurückkehren will (RIS‑Justiz RS0069795). Dass die Rückkehr der Mieterin in die kraft Mietrechts benützte Wohnung schlechthin (objektiv) ausgeschlossen war, stellten die Vorinstanzen ebenso wenig fest wie Willensbekundungen der Mieterin vor dem Eintritt der Krankheit, die gegen einen Rückkehrwillen sprächen (vgl 1 Ob 608/90 ua). Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Mieterin einen Willen, nicht mehr in die Wohnung zurückzukehren, nicht mehr äußern konnte.

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