OGH 11Os125/08d

OGH11Os125/08d16.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. September 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Falmbigl als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ludwig S***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. Juni 2008, GZ 042 Hv 32/08v-84, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ludwig S***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG, teils als Beteiligter gemäß § 12 dritter Fall StGB (I./A./ und II./), sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (I./B./) schuldig erkannt. Danach hat er in W*****

I./ zwischen Frühjahr 2005 und Oktober 2007 vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabisharz und Kokain

„A./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge den abgesondert verfolgten Paula Christina L*****, Gertrude V*****, Heinz L*****, Regina B*****, Ernst H***** und Ivanna N***** sowie weiteren unbekannten Suchtgifthändlern bzw -konsumenten überlassen, wobei er die Straftat als Mitglied einer kriminellen Vereinigung und überdies in Bezug auf Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich zumindest 45.000g Cannabisharz mit handelsüblichem Reinheitsgehalt und zumindest 450g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 60 % beging, indem er

1./ im Frühjahr 2007 durch zwei Schmuggelfahrten des Artur Ja***** insgesamt zumindest zumindest 30.000g Cannabisharz und 300g Kokain aus dem Schmuggelfahrzeug ausbaute und V***** sowie Paula L***** überließ;

2./ am 31. Juli 2007 den Mercedes mit dem Kennzeichen ***** von Ion R***** übernahm, daraus 15.000g Cannabisharz ausbaute und der V***** überließ;

3./ am 15. Juli 2007 150g Kokain von einem unbekannten Kurier übernahm und für V***** in einem Bunkerauto deponierte;

4./ im Zeitraum November 2006 bis Oktober 2007 im Auftrag von V***** insgesamt 200g Kokain und 700g Cannabisharz an Regina B***** um einen Grammpreis von 60 Euro für Kokain und 4,50 Euro für Cannabisharz übergab;

5./ im Zeitraum Frühjahr 2005 bis September 2007 im Auftrag von V***** an Ernst H***** insgesamt 3.000g Cannabisharz um einen Grammpreis von 2,80 Euro bis 3 Euro verkaufte;

6./ im Zeitraum Jänner 2007 bis Oktober 2007 an Ivanna N***** insgesamt 20g Kokain um einen Grammpreis von 70 Euro für Kokain verkaufte;

B./ erworben und besessen, nämlich über die unter Punkt A./ angeführten Mengen hinausgehend ca 100g Cannabisharz mit einem handelsüblichem Reinheitsgehalt und 20g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 60 %;

II./ zu drei nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten im Jahr 2006 zu der vom abgesondert verfolgten Horst K***** dadurch begangenen strafbaren Handlungen, dass dieser im Jahr 2006 vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabisharz in einer die Grenzmenge (§28 b SMG) übersteigenden Menge den abgesondert verfolgten Paula Christina L***** und Gertrude V***** überließ, wobei dieser die Straftat in Bezug auf Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich ca 45.000g Cannabisharz mit handelsüblichem Reinheitsgehalt beging, beigetragen, indem er K***** jeweils seine Werkstätte samt Einrichtung zum Zwecke des Ausbaus der in Schmuggelfahrzeugen versteckten Suchtgifte zur Verfügung stellte, wobei er seinen Tatbeitrag als Mitglied einer kriminellen Vereinigung leistete."

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die - undifferenziert - auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5a, 10 und 10a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde (der Sache nach Z 10), der keine Berechtigung zukommt.

Weshalb der Umstand, dass nur hinsichtlich THC ein 25-faches Überschreiten der Grenzmenge angenommen wurde, nicht jedoch bezüglich Kokain (US 23), der Annahme der Qualifikation des § 28a Abs 4 Z 3 SMG entgegenstehen sollte, vermag der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar darzutun, weswegen dieser Einwand einer sachbezogenen Erwiderung unzugänglich ist.

Sollte der Rechtsmittelwerber mit diesem Vorbringen in Ansehung des Kokains, das in einer das 18-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge anderen überlassen wurde, eine gesonderte Verurteilung wegen § 28a Abs 1, Abs 2, Z 2 und 3 SMG anstreben, wäre die Nichtigkeitsbeschwerde nicht zu seinem Vorteil ausgeführt. Der Angeklagte lässt des weiteren unbegründet, weshalb entgegen dem klaren Wortlaut des § 278 Abs 2 StGB eine Verbindung einer „größeren Zahl" von Menschen Voraussetzung für die Annahme der kriminellen Vereinigung wäre.

Die - vom Beschwerdeführer vermissten - Feststellungen zur subjektiven Tatseite der Qualifikation des § 28a Abs 2 Z 2 SMG finden sich auf US 19.

Soweit der Angeklagte unter eigenständiger Bewertung einzelner Beweisergebnisse in Abrede stellt, eine Vorstellung von der Organisation und der logistischen Dimension der Vorgänge gehabt zu haben und davon ausgehend das Vorliegen der genannten Qualifikation verneint, wendet er sich nach Art einer - in einem kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen - Schuldberufung gegen die Beweiswürdigung.

Die Qualifikation des § 28a Abs 4 Z 1 SMG wurde entgegen der Ansicht des Nichtigkeitswerbers nicht angenommen.

Konkrete Ausführungen zu den geltend gemachten Nichtigkeitsgründen der Z 5, 5a und 10a finden sich in der Rechtsmittelschrift nicht, sodass die Beschwerde insoweit einen Nichtigkeit begründenden Umstand nicht deutlich und bestimmt bezeichnet (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO). Anzumerken ist, dass § 27 SMG durch die SMG-Novelle 2007, BGBl I 2007/110 mit Wirkung vom 1. Jänner 2008 geändert wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt war das vom Schuldspruchfaktum I./B./ erfasste Verhalten gemäß § 27 Abs 1 SMG aF mit Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht, während § 27 Abs 1 SMG in der geltenden Fassung eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen vorsieht. Gemäß §§ 1 Abs 2, 61 StGB sind neue Strafbestimmungen auf vor ihrem Inkrafttreten begangene Taten nur dann anzuwenden, wenn die Tatzeitgesetze in ihrer Gesamtauswirkung nicht günstiger wären, wobei in erster Linie die Strafsätze zu vergleichen sind.

Dieser Vergleich führt dazu, dass die zu I./B./ erwähnten Straftaten § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG aF zu subsumieren sind. In Ansehung der richtig nach § 28a Abs 4 SMG vorgenommenen Strafzumessung blieb dies aber ohne nachteilige Auswirkung für den Angeklagten, sodass es keines Vorgehens nach § 290 Abs 1 StPO bedarf (Ratz WK-StPO § 290 Rz 22 f), zumal keine - dem Berufungswerber zum Nachteil gereichende - Bindung des Oberlandesgerichts an den Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO besteht (RIS-Justiz RS0118870; vgl 11 Os 71/08p).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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