OGH 1Ob262/07x

OGH1Ob262/07x16.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Thomas Margreiter, Rechtsanwalt in Kundl, gegen die beklagte Partei Dr. Hans E*****, vertreten durch Dr. Manfred Trentinaglia und Dr. Clemens Winkler, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen 37.863,92 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei (Revisionsstreitwert 32.744,92 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. Oktober 2007, GZ 4 R 222/07i-48, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 31. Mai 2007, GZ 14 Cg 69/05z-44, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts zur Gänze wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen deren mit 5.060,98 EUR (darin enthalten 648,83 EUR USt und 1.168 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte beauftragte die Klägerin mit Baumeister- und Zimmererarbeiten an seinem Wohnhaus, wofür er Teilzahlungen von 82.847,03 EUR leistete.

Die Klägerin begehrte die Zahlung restlichen Werklohns von 37.863,92 EUR sA.

Der Beklagte wendete Mangelhaftigkeit der durchgeführten Arbeiten und mangelnde Fälligkeit des Werklohns ein. Das von der Klägerin errichtete Biotop sei undicht. Die dadurch verursachten Kosten eines erhöhten Wasserverbrauchs wurden compensando eingewandt. Eine Steinmauerabdichtung im Gartenbereich sei unsachgemäß ausgeführt worden. Zudem seien Undichtheiten im Keller aufgrund einer fehlerhaften Isolierung zu beklagen. Vom Generalauftrag sei auch eine Feuchtigkeitsisolierung des Hauses umfasst gewesen. Diese Feuchtigkeitsisolierung sei von der Klägerin nicht ausgeführt worden. Eine der Folgeschäden seien Putzablösungen im Haus. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren (ohne über die eingewendeten Gegenforderungen im Urteilstenor abzusprechen) mit 32.744,92 EUR Folge und wies das Mehrbegehren von 5.119 EUR ab. Es traf im Wesentlichen folgende Feststellungen:

Ein schriftlicher Kostenvoranschlag der Klägerin habe sich unter anderem auf die Herstellung eines Bodenbelags in der Garage, Ergänzung einer Trockensteinmauer, Herstellung eines Riemenbodens im ersten Obergeschoß, Herstellen des Eingangsbereichs, Ausbauarbeiten im Fitnessbereich, Reinigen der Fassade, Aufbringen einer Spachtelmasse und einer Endbeschichtung bezogen. Der Beklagte habe der Klägerin neben diesen Arbeiten durch mündliche Zusatzaufträge Arbeiten am Biotop-Teich und Isolierungsarbeiten im Keller aufgetragen, welche „auf Regie" durchgeführt werden sollten. Die Klägerin habe sodann ohne Vorlage eines Kostenvoranschlags für die Sanierungsarbeiten im Keller mit diesen Arbeiten begonnen. Von der Klägerin seien im Keller diverse Umbauarbeiten vorgenommen worden. Sie sei vom Beklagten zusätzlich auch mit der Sanierung eines Wasserschadens in der Waschküche beauftragt worden. Nicht festgestellt werden könne, was die Parteien in Bezug auf die Sanierung der Feuchtigkeitsschäden im Keller vereinbart hätten, insbesondere ob vereinbart gewesen sei, ob eine Feuchtigkeitsisolierung oder lediglich eine Wärmeisolierung angebracht werden sollte. Die Klägerin habe zur Behebung der Wasserschäden das Gebäude auf drei Seiten etwa 2 m tief aufgegraben. Sie habe dann eine Wärmedämmung aufgebracht, nicht aber auch eine Feuchtigkeitsisolierung. Im Bereich der Wassereintrittstellen sei außen mit Sika-Mörtel eine Reparatur der Wanne vorgenommen worden. Normalerweise sei es üblich, dass bei einzelnen Fehlstellen in betonierten Wänden keine Freilegungen durchgeführt werden, sondern werde von innen mit Verpressungen eine Abdichtung durchgeführt. Bei einer höherwertigen Nutzung des Kellers, wie dies der Beklagte durch den Umbau beabsichtigt habe, und wenn zur Behebung von Feuchtigkeitsproblemen ohnehin rund um das Haus aufgegraben werde, wäre es sinnvoll und technisch richtig gewesen, nicht nur eine Drainage zu verlegen und stellenweise Ausbesserungen durchzuführen, sondern die Wand vollflächig mit einer zusätzlichen Feuchtigkeitsabdichtung zu versehen. Im Bereich der an der Ostseite des Kellers liegenden Waschküche seien an der Außenwand hinter der Waschmaschine Feuchtigkeitsspuren mit Abblätterungen der obersten Verputzschicht und des Anstrichs aufgetreten. Die westliche Wand im Stiegenhaus des Kellers zeige im unteren Bereich bis in die Höhe von etwa 30 cm deutliche Farbaufwölbungen, also Feuchtigkeitsspuren. Anschließend an diese nördliche Stiegenhauswand befinde sich eine WC-Anlage mit einem Hänge-WC mit Unterputzspülkasten sowie einem Waschbecken direkt an der Wand zum Stiegenhaus. Feuchtigkeitsspuren seien hier im Bereich des Waschbeckens und ganz in der Ecke zur Außenwand vorhanden. Auch an dieser Seite sei aufgegraben worden. Die Feuchtigkeitseintritte im Keller stellten wesentliche behebbare Mängel dar. Für die Behebung der Wassereintrittstellen in der Waschküche sei eine Verpressung erforderlich. Die Behebungskosten hiefür betrügen 720 EUR. Die Feuchtigkeitsspuren im Stiegenhaus könnten ebenfalls durch Verpressung behoben werden. Auch dafür betrügen die Kosten 720 EUR brutto. Sowohl die Feuchtigkeitsspuren in der Waschküche als auch im Stiegenhaus und im WC seien auf Feuchtigkeitseintritte von außen zurückzuführen. Im Bereich der Werkstätte und im WC habe sich zudem an einigen Stellen der Putz gelockert. Der lose Verputz bzw die großflächigen Ablösungen seien auf Feuchtigkeitszutritte durch die Außenwände und/oder unzureichende Haftbrücken zurückzuführen. Die Behebung dieser Schäden sei entweder durch Abschlagen des Verputzes und Neuaufbringung oder durch Aufdübelung des Verputzes und durch weitere Aufbringung einer Feinputzschicht möglich. Im WC sei zur Vermeidung von Beschädigungen an den Fliesen das Verdübeln an der Außenwand oberhalb der Verfliesung sinnvoll. Die Kosten für diese Sanierungsmaßnahmen beliefen sich auf 3.000 EUR brutto.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass am Biotop keine von der Klägerin zu vertretenden Mängel bestünden. Der geltend gemachte Werklohn bestehe - nach korrektem Abzug der Teilzahlungen - mit 37.684,92 EUR zu Recht, sodass nach Abzug der Sanierungskosten für die Feuchtigkeitsschäden von insgesamt 4.440 EUR und einer Wertminderung für einen optischen Mangel im Betrag von 500 EUR der Betrag von 32.744,92 EUR zuzusprechen und das Mehrbegehren von 5.119 EUR abzuweisen sei. Die eingewendete Gegenforderung bestehe nicht zu Recht, weil kein schlüssiges Vorbringen dazu erstattet worden sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten gegen den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung Folge, wies das Klagebegehren zur Gänze ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die Feststellungen des Erstgerichts über die Kosten von insgesamt 4.440 EUR seien dahin zu verstehen, dass es sich um Kosten handle, die dazu dienen sollten, künftige Wassereintritte zu verhindern und nicht Mangelfolgeschäden zu beheben. Der Beklagte habe bereits im Verfahren erster Instanz im Zusammenhang mit der von ihm behaupteten mangelnden Fälligkeit der Werklohnforderung vorgebracht, im Keller seien Undichtheiten aufgrund einer fehlerhaften Isolierung zu beklagen. Er habe auch vorgebracht, dass die Klägerin bereits vergeblich versucht habe, die Mängel zu beheben. Dem Prozessstandpunkt des Beklagten sei „in seiner Gesamtheit noch ausreichend deutlich zu entnehmen", dass er nach Sanierung der Mängel durch die Klägerin bereit sei, weitere Zahlungen zu leisten. Dass er an einer Verbesserung der Mängel nicht mehr interessiert sei, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Beide Parteien seien im erstgerichtlichen Verfahren von einem einheitlichen Werkvertrag ausgegangen. Der Beklagte mache zu Recht von seinem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch. Es sei seine Sache, zu entscheiden, ob er auf einer Verbesserung des mangelhaften Werks bestehe oder sich mit einer Preisminderung zufrieden gebe. Auf eine solche habe sich der Beklagte im Verfahren nicht berufen, weshalb es schon deshalb nicht möglich sei, der Klägerin den um die Mängelbehebungskosten verminderten Werklohn zuzuerkennen. Dadurch stehe dem Beklagten auch noch kein Deckungsfonds für die durchzuführenden Behebungsarbeiten zur Verfügung.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

1. Die Revisionswerberin moniert unter anderem, dass das Erstgericht hinsichtlich der Vereinbarungen der Streitteile über Ausführungsart und Umfang der Behebung der Feuchtigkeitsschäden im Keller eine Negativfeststellung getroffen habe und dass sonstige Feststellungen hinsichtlich der Tätigkeit und des Auftragsumfangs der Klägerin im Kellerbereich nicht vorlägen, während das Berufungsgericht einfach - offenbar ohne genaue Beachtung der erstinstanzlichen Feststellungen zu diesem Themenkreis - davon ausgegangen sei, dass alles, was im Sachverständigengutachten als Mangel festgestellt sei, vom Auftragsumfang der Klägerin umfasst gewesen wäre.

Dieser Einwand ist in der Tat berechtigt, zumal der Übernehmer (hier der Beklagte) unter Zugrundelegung des gesamten Vertragsinhalts dartun muss, dass die Leistung vom Vertrag abweicht und daher mangelhaft ist; er ist es, der das Vorliegen eines Mangels beweisen muss (1 Ob 199/07g mwN). Dieser Beweis ist dem Beklagten allerdings nicht gelungen. Den Feststellungen der Tatsacheninstanzen über die beauftragten Arbeiten im Keller ist lediglich zu entnehmen, dass die Klägerin dort diverse Umbauarbeiten vorgenommen habe und vom Beklagten „zusätzlich auch mit der Sanierung eines Wasserschadens in der Waschküche beauftragt" worden sei. Was die Parteien in Bezug auf die Sanierung der Feuchtigkeitsschäden im Keller vereinbarten, insbesondere ob eine Feuchtigkeitsisolierung oder eine Wärmeisolierung angebracht werden sollte, konnte nicht festgestellt werden.

Die Nichtdurchführung oder die mangelhafte Verrichtung von Arbeiten, die - aus der eben zitierten Negativfeststellung abzuleiten - gar nicht beauftragt wurden, kann jedenfalls keinen Mangel begründen.

2. Verbleibt somit als tatsächlicher Mangel nur der - von der Klägerin als solcher zugestandene - Feuchtigkeitsschaden in der Waschküche, dessen Behebung einen Betrag von 720 EUR erfordert, so kann dieser Mangel nicht die Zurückbehaltung des gesamten restlichen Werklohns rechtfertigen. Das volle Leistungsverweigerungsrecht besteht nämlich nicht, wenn von einem Missverhältnis zwischen den vom Gewährleistungsberechtigten verfolgten Interessen an der Leistungsverweigerung und dem Interesse des Werkunternehmers an der Bezahlung des Werklohns für den mängelfreien Teil des Werks auszugehen ist (RIS-Justiz RS0019929). Dies ist bei dem hier gegebenen Verbesserungsaufwand von (nur) rund 2 % im Verhältnis zur offenen (berechtigten) Werklohnforderung wohl der Fall (vgl Binder in Schwimann, ABGB3 § 1052 Rz 53 mwN).

Der Revision der Klägerin ist daher Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung im Sinne der gänzlichen Wiederherstellung des Ersturteils - welches bezüglich der Abweisung des Mehrbegehrens von 5.119 EUR sA bereits in Rechtskraft erwachsen ist - abzuändern. Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 50 und 41 ZPO.

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