OGH 8ObS7/08z

OGH8ObS7/08z2.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Spenling und die Hofrätin Dr. Lovrek und die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Umfahrer und Franz Boindl als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. Jürgen J*****, vertreten durch Achammer Mennel Welte Achammer Kaufmann Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei IAF-Service GmbH, Geschäftsstelle *****, wegen 28.367,55 EUR netto Insolvenz-Ausfallgeld (Revisionsinteresse 20.788,75 EUR netto), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. April 2008, GZ 25 Rs 12/08p-10, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die mit Wirksamkeit ab 1. 7. 2008 erfolgte Änderung der Parteienbezeichnung der Beklagten (Art 4 BGBl I 2008/82) ist amtswegig zu berücksichtigen.

2. Das Berufungsgericht hat den in der Berufung behaupteten primären Verfahrensmangel, den der Kläger in der Verletzung einer das Erstgericht treffenden Manuduktionspflicht erblickte, entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung inhaltlich sehr wohl behandelt, jedoch sein Vorliegen verneint. Auch in Sozialrechtssachen kann nach ständiger Rechtsprechung ein Mangel des Verfahrens erster Instanz, dessen Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, mit Revision nicht mehr geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0043061).

3. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass Insolvenz-Ausfallgeld nur im Fall einer gesetzlichen Abfertigung gebührt. Eine darüber hinaus gewährte freiwillige Abfertigung ist nicht gesichert (RIS-Justiz RS0101975; 8 ObS 16/05v).

4. Das Berufungsgericht hat die zwischen dem Kläger und seiner früheren Dienstgeberin getroffene Vereinbarung, wonach sich die Dienstgeberin im Fall einer Dienstgeberkündigung zu einer außerordentlichen Abstandszahlung in der Höhe von 45.000 EUR an den Dienstnehmer verpflichtete, sowohl ausgehend vom Wortlaut der Vereinbarung als auch nach dem erkennbaren Parteiwillen (RIS-Justiz RS0017915) zumindest vertretbar als Vereinbarung einer freiwilligen Abfertigung ausgelegt. Inwiefern die nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Dienstgeberkündigung gebührende „außerordentliche Abstandszahlung" als „Provision, Zulage oder Prämie" angesehen werden könnte, ist nicht nachvollziehbar.

5. Der Feststellungsmangel, der darin begründet sein soll, dass das Erstgericht Feststellungen zu einem vom Wortsinn und Zweck der schriftlichen Vereinbarung abweichenden Parteiwillen nicht getroffen hat, liegt nicht vor. Eine - vom Inhalt einer Urkunde abweichende - Parteienabsicht ist nur dann zu erforschen, wenn dies von einer der Parteien behauptet und unter Beweis gestellt wird (RIS-Justiz RS0017834; RS0017915 [T7, T28]). Einen solchen abweichenden Parteiwillen hat der Kläger in erster Instanz nicht behauptet.

6. Unter Tarifpost 1 fallen gemäß der ausdrücklichen Anordnung in IV zu Tarifpost 1 des RATG Forderungsanmeldungen im Konkursverfahren, sofern sie nicht unter Tarifpost 3 fallen. Zu Tarifpost 3 A bestimmt I Z 4 des RATG, dass Anträge auf Eröffnung eines Ausgleichsverfahrens (lit a) und Schriftsätze, in denen ein Absonderungs- oder ein Aussonderungsrecht geltend gemacht werden (lit b), unter Tarifpost 3 fallen. Nur jene im Konkurs- und Ausgleichsverfahren erstatteten Schriftsätze eines Gläubigers, die nicht in den Tarifposten 1 und 3 genannt sind, fallen unter Tarifpost 2 (I Z 4 zu Tarifpost 2 des RATG).

Die Beurteilung der Vorinstanzen, die vom Kläger gegenüber der Beklagten geltend gemachten Kosten für die Forderungsanmeldung im Konkurs seiner früheren Dienstgeberin seien lediglich nach Tarifpost 1 des RATG zu honorieren, entspricht somit der klaren und in keiner Weise auslegungsbedürftigen, geschweige denn verfassungswidrigen Anordnung des Gesetzgebers, sodass auch der Anregung des Revisionswerbers auf ein Vorgehen iSd Art 89 Abs 2 B-VG nicht näher zu treten ist.

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