OGH 5Ob152/08a

OGH5Ob152/08a26.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elfriede M*****, vertreten durch Dr. Berthold Garstenauer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. Mag. Dr. Johannes K*****, 2. Cornelia K*****, beide *****, beide vertreten durch Lindner & Rock Rechtsanwälte OEG in Graz, wegen Unterlassung (Streitwert 3.000 EUR) und Wiederherstellung (Streitwert 5.000 EUR), über die ordentliche Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 18. April 2008, GZ 22 R 418/07k‑23, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 17. September 2007, GZ 5 C 127/06v‑18, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0050OB00152.08A.0826.000

 

Spruch:

Die ordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten binnen 14 Tagen die mit 820,81 EUR (darin 136,80 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Die Klägerin stellte ein Wiederherstellungs- und Unterlassungsbegehren, weil die Beklagten die Entfernung einer Hecke und eines Metallzauns veranlasst hatten, welche sich vor der Terasse ihrer Wohnung auf der Liegenschaft der Klägerin befunden hatten.

Das Erstgericht wies die Klagebegehren mit der wesentlichen Begründung ab, dass den Beklagten die nicht verbücherte Dienstbarkeit der Gartenbenützung an jenem Liegenschaftsteil zustehe, auf dem sich Hecke und Zaun befunden hätten. Dieses Nutzungsrecht erlaube auch die Entfernung von Hecke und Zaun.

Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge. Zwar hat es das Berufungsgericht unterlassen, ausdrücklich im Spruch der Entscheidung über den Wert des nicht ausschließlich in einem Geldbetrag bestehenden Entscheidungsgegenstands abzusprechen (§ 500 Abs 2 Z 1 ZPO), doch ist aus den Entscheidungsgründen (Berufungsurteil S 40) eindeutig ersichtlich, dass es diesen mit einem 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteigenden Betrag bewertet wissen wollte. Eine formelle Nachholung des unterbliebenen Ausspruchs konnte daher unterbleiben (9 Ob 5/07m; 8 ObA 333/97z). Das Berufungsgericht sprach - nachträglich über Antrag der Klägerin nach § 508 Abs 1 ZPO - aus, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei. Es fehle zugängliche oberstgerichtliche Judikatur zur Frage, ob das vom Berufungsgericht angenommene Alleinbenützungsrecht am Garten auch die Befugnis umfasse, die betreffende Fläche ausschließlich (exklusiv) zu gestalten, etwa die bestehende Bepflanzung und einen Zaun zu entfernen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision der Klägerin wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) unzulässig; die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich folgend auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):

1. Die von der Klägerin zunächst relevierte Frage, ob es sich bei der festgestellten vertraglichen Vereinbarung um eine - von den Vorinstanzen angenommene - Dienstbarkeit oder - wie die Klägerin meint - um ein „obligatorisches/prekaristisches Nutzungsrecht" handelt, ist eine solche der Vertragsauslegung, die wegen deren nicht über den Anlassfall hinausgehenden Bedeutung die Zulässigkeit der Revision nur dann rechtfertigt, wenn ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (vgl RIS‑Justiz RS0042936; RS0044358; RS0044298).

Die einschlägigen Punkte des Kaufvertrags vom 19. 11. 1986 lauten:

„...

VIII.

An der Westseite (gemeint: Ostseite) des Hauses vor dem Esszimmer und dem Windfang wurde eine Terasse errichtet, die Frau Edith R***** und ihren Rechtsnachfolgern zur Benützung überlassen wird. Jener Teil des Gartens, der von der Einfahrt in der P*****straße östlich des Hauses bis zur gedachten Verlängerung der Zwischenwand reicht, die zwischen Esszimmer und Wohnzimmer ist, wird Frau Edith R***** und ihren Rechtsnachfolgern zur Benützung übergeben.

...

XII.

Alle in diesem Vertrag festgelegten Rechte und übernommenen Verpflichtungen gehen auf die Erben und Rechtsnachfolger über; diese treten in diesen Vertrag ein.

...".

Schon angesichts des Wortlauts dieser Vereinbarung stellt deren Verständnis als Dienstbarkeitseinräumung, insbesondere wegen der ausdrücklichen Einbeziehung der Rechtsnachfolger jedenfalls keine unvertretbare Vertragsauslegung dar, die vom Obersten Gerichtshof aufgegriffen werden müsste.

2. Die Klägerin meint bezogen auf deren Stellung als vertragliche Rechtsnachfolgerin, ihre Schlechtgläubigkeit betreffend das nicht verbücherte Nutzungsrecht erstrecke sich „ausschließlich auf die mit einem Eisenzaun und einer Thujenhecke umschlossene Terasse", mangels äußerlicher Erkennbarkeit aber nicht auf die übrige Gartenfläche.

Der von der Klägerin abgeschlossene Kaufvertrag enthält den Hinweis:

„Dem Käufer wurde zur Kenntnis gebracht, dass mit Wohnungseigentumsvertrag vom 19. 11. 1986 der Frau Edith R***** ein Gartenbenützungsrecht eingeräumt wurde. Die Verkäufer erklären nunmehr an Eides statt, dass diese Servitut nie in Vollzug gesetzt und der Garten von Frau Edith R***** tatsächlich nie benützt wurde. Es wird diesbezüglich von den Verkäufern die Lastenfreiheit gewährleistet."

Das ausdrücklich als Servitut bezeichnete Nutzungsrecht bezog sich also schon nach dem Wortlaut des von der Klägerin unterschriebenen Kaufvertrags nicht „ausschließlich auf die mit einem Eisenzaun und einer Thujenhecke umschlossene Terasse", sondern umfasste die im Vertrag vom 19. 11. 1986 näher umschriebene Gartenbenützung. Dass die Verkäufer erklärten, dass „diese Servitut nie in Vollzug gesetzt und der Garten von Frau Edith R***** tatsächlich nie benützt wurde", kann zwanglos im Kontext der folgenden Gewährleistungsregelung gesehen werden, ändert aber nichts an der positiven Kenntnis der Klägerin vom bestehenden Nutzungsrecht der Beklagten, was jener gegenüber zur Wirksamkeit der nicht verbücherten Dienstbarkeit führt (vgl 10 Ob 33/04g). Ein Abweichen der Vorinstanzen von höchstgerichtlicher Judikatur zeigt die Klägerin auch insoweit nicht auf.

3. Die von der Klägerin zuletzt angesprochene Frage nach dem Umfang des den Beklagten zustehenden Nutzungsrechts ist eine solche der anhand des Einzelfalls vorzunehmenden Klärung des Ausmaßes der Dienstbarkeit (RIS‑Justiz RS0011720 [T7]). Die von der Klägerin bezogene Entscheidung „6 Ob 255v", gemeint wohl 6 Ob 255/00v (= bbl 2001/114, 158 = RdU 2001, 155 [Wagner] = immolex 2001/170, 309 [Iby] = wobl 2002/6, 24 = SZ 74/57 = MietSlg 53.737/12), betraf den Gebäudebewuchs mit „Veitschi‑Pflanzen", demnach keinen vergleichbaren Sachverhalt. Die Ansicht der Vorinstanzen, es stehe den Beklagten am betreffenden Gartenteil das - alleinige - und kein mit der Klägerin gemeinsames Nutzungsrecht zu, ist nach Wortlaut und Sinn der wiedergegebenen Vereinbarung wohl vertretbar. Ob eine solche Gartennutzung jegliche Befugnis zur Gartengestaltung miteinschließt, ist hier in dieser Allgemeinheit nicht zu entscheiden. Die Entfernung der Hecke erfolgte über Empfehlung eines Gärtners wegen ihres schlechten Zustands. Den Zaun hatte die seinerzeitige Berechtigte errichten lassen und er diente offenbar nicht zuletzt dazu, die „Reviere" der Hunde der seinerzeitigen Vertragsparteien abzugrenzen, welche Funktion inzwischen obsolet ist. Wenn die Vorinstanzen unter diesen spezifischen Umständen in der Entfernung von Hecke und Zaun keine unzulässige „Erweiterung" der Dienstbarkeit erkannten, so ist auch darin keine unvertretbare Einzelfallbeurteilung zu erkennen.

Die ordentliche Revision ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig und zurückzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagten haben auf das Fehlen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO hingewiesen.

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