OGH 6Ob152/08h

OGH6Ob152/08h7.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek in der Rechtssache der klagenden Partei Lorenz P*****, vertreten durch Dr. Schilchegger Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in St. Johann im Pongau gegen die beklagte Partei Anton P*****, vertreten durch Dr. Ludwig Draxler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Übergangs des Gesellschaftsvermögens (Streitwert 10.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 23. April 2008, GZ 53 R 39/08d-10, womit das Teilurteil des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 12. Dezember 2007, GZ 2 C 1613/07b-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 742,27 EUR (darin 123,71 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind persönlich haftende Gesellschafter der Gebrüder P***** OG mit dem Sitz in G*****. Am 29. 6. 2007 kündigte der Beklagte die Gesellschaft zum 30. 9. 2007 auf. Daraufhin erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten, dass er gemäß § 141 Abs 1 UGB iVm § 142 Abs 1 UGB als einziger verbleibender Gesellschafter den Fortbestand der Gesellschaft beschlossen habe und das Unternehmen in der Rechtsform eines protokollierten Einzelunternehmers fortführen werde, dies mit der Konsequenz, dass die Gesellschaft ohne Liquidation erlösche und das Gesellschaftsvermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Kläger übergehe.

Mit seinem Hauptbegehren begehrt der Kläger die Feststellung, mit Ablauf des 30. 9. 2007 sei der Beklagte aus der Gesellschaft ausgeschieden, die Gesellschaft aufgelöst und ohne Liquidation erloschen und das Gesellschaftsvermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Kläger übergegangen; der Kläger sei berechtigt, das Unternehmen zum 1. 10. 2007 ohne Liquidation mit allen Aktiven und Passiven zu übernehmen und als eingetragener Einzelunternehmer mit dem Firmenwortlaut „Lorenz P***** e.U" fortzuführen. Weiters begehrt der Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen, binnen 14 Tagen an der Firmenbuchanmeldung dieser Umwandlung mitzuwirken und einen entsprechenden Firmenbuchantrag in beglaubigter Form zu unterfertigen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. § 141 Abs 1 zweiter Satz und § 142 UGB seien auf das vorliegende, vor dem 1. 1. 2007 gegründete Gesellschaftsverhältnis nicht anwendbar. Diese Bestimmungen seien zwar im Ausnahmekatalog des § 907 Abs 9 UGB nicht enthalten. Allerdings normiere der zweite Satz des § 141 Abs 1 UGB keine eigene Fortsetzungsregelung, sondern lege bloß die zur Fassung des in Abs 1 Satz 1 vorgesehenen Fortsetzungsbeschlusses Berechtigten fest. Ebenso sei § 142 Abs 1 UGB nicht isoliert auszulegen, sondern im Kontext mit den §§ 140 und 141 UGB zu lesen. Da auch eine Vereinbarung der Geltung der hier relevanten Bestimmungen der §§ 141, 142 HGB nicht getroffen worden sei, seien diese Bestimmungen nicht anwendbar.

Punkt I.b. des Gesellschaftsvertrags regle lediglich die Fortführung des Gesellschaftsnamens und nicht die Fortführung des Unternehmens im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters. Auch aus der „Realverfassung der Gesellschaft" lasse sich nicht ableiten, dass das Unternehmen unabhängig von der jeweiligen Gesellschafterstruktur von den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt werden könne.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Punkt I.b. des Gesellschaftsvertrags solle nur die Fortführung des Firmenwortlauts ermöglichen und enthalte keine Regelung über die Fortführung der Gesellschaft. Eine Vereinbarung im Sinne des § 138 HGB (idF vor dem HaRÄG) sei nicht getroffen worden.

Nach § 907 Abs 9 UGB seien die im Einzelnen näher bezeichneten Bestimmungen nur auf nach dem 31. 12. 2006 errichtete Personengesellschaften anzuwenden. Sofern unter den Gesellschaftern nichts anderes vereinbart wurde, seien auf vor diesem Zeitpunkt errichtete Gesellschaften die bisher geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Als Ausnahme von der generellen Anwendbarkeit des UGB auch auf Altgesellschaften sei § 141 Abs 1 Satz 1 UGB angeführt. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage solle § 907 Abs 9 UGB sicherstellen, dass jene Gesellschaften, die im Vertrauen auf die geltende Rechtslage keine besonderen Vereinbarungen zu den das Innenverhältnis der Gesellschaft betreffenden Fragen getroffen hätten, nicht von der neuen Gesetzeslage überrascht werden.

Wenn nun in den Ausnahmebestimmungen § 141 Abs 1 Satz 1 UGB als auf Altgesellschaften unanwendbar bezeichnet werde, so werde damit gerade jener Regelungstatbestand ausgenommen, der seinem Inhalt nach bereits bisher nach der Rechtsprechung als zulässig erachtet worden sei. Satz 2 dieser Bestimmung könne hingegen nur im Zusammenhang mit Satz 1 gelesen werden und sei selbstständig nicht anwendbar. Daher sei Ch. Nowotny (in [richtig] RdW 2007/150, 142 [144]) nicht zu folgen, wonach die Ausnahmebestimmung des § 907 Abs 9 UGB den Umkehrschluss nahelege, dass § 141 Abs 1 Satz 2 UGB auch für Altgesellschaften gelte. Bei § 142 UGB handle es sich um eine Ergänzung zu §§ 140, 141 UGB. Damit hänge aber die Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf Altgesellschaften zwingend mit der Anwendbarkeit des § 141 Abs 1 UGB zusammen. Verneine man die Anwendbarkeit des § 141 Abs 1 UGB zur Gänze, müsse dies auch für § 142 UGB gelten.

Auch eine schikanöse Verweigerung der Zustimmung liege nicht vor. Nach dem Vorbringen des Klägers verfolge der Beklagte Eigeninteressen. Eine schikanöse Rechtsausübung liege aber nur dann vor, wenn die Ausübung eines Rechts ohne eigenes Interesse des Berechtigten mit dem ausschließlichen Zweck erfolge, einen anderen zu schädigen (Krejci in Rummel, ABGB3 § 879 Rz 138b). Im Gesellschaftsvertrag sei hingegen auf die Möglichkeit einer Fortsetzungsklausel im Sinne des § 138 HGB aF verzichtet worden. Auch aus dem Gesetz ergebe sich keinerlei Verpflichtung, der Übernahme des Gesellschaftsvermögens durch den verbleibenden Gesellschafter zuzustimmen.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Anwendbarkeit der § 141 Abs 1 Satz 2, § 142 UGB auf vor dem 1. 1. 2007 gegründete Gesellschaften keine Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

1. Der Oberste Gerichtshof billigt die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung, so dass vollinhaltlich darauf verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO):

2. Zunächst ist festzuhalten, dass § 141 Abs 1 UGB im vorliegenden Fall nicht (unmittelbar) anwendbar ist, weil diese Bestimmung nur dann greift, wenn die Gesellschaft auch nach Ausscheiden eines Gesellschafters als solche noch fortbesteht, nicht aber, wenn nur mehr ein Gesellschafter verbleibt (ErläutRV zu § 142 UGB; Krejci in Krejci, Reformkommentar § 142 UGB Rz 1). Gleichwohl hat § 141 Abs 1 UGB mittelbar auch für den vorliegenden Fall Bedeutung, weil der Gesetzgeber die Sonderregeln für die zweigliedrige Gesellschaft enthaltende Bestimmung des § 142 UGB als Ergänzung der §§ 140, 141 UGB ansah. Diese Beobachtung spricht dafür, dass diese Regelungen gleichzeitig in Kraft treten.

3.1. Zum besseren Verständnis der Übergangsregelungen des § 907 Abs 8 und 9 UGB ist zunächst die vor dem HaRÄG, BGBl I 2005/120 geltende Rechtslage zu skizzieren: § 131 HGB sah für die dort näher angeführten Fälle als Regelfall die Auflösung der Gesellschaft als Rechtsfolge vor. Alternativ konnte jedoch nach § 138 HGB für den Fall, dass ein Gesellschafter kündigt oder stirbt oder über sein Vermögen der Konkurs eröffnet wird, bestimmt werden, dass die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbesteht und diesfalls der Gesellschafter, in dessen Person das Ereignis eintritt, aus der Gesellschaft ausscheidet. Eine derartige Vereinbarung wurde im vorliegenden Fall jedoch nicht getroffen, so dass auf die Frage der Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf zweigliedrige Gesellschaften (dazu Koppensteiner in Straube, HGB3 § 138 Rz 8) nicht weiter einzugehen ist.

3.2. Auch in den Fällen, in denen § 131 HGB die Auflösung der Gesellschaft vorsah, konnten aber - abgesehen vom Fall der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gesellschaft - die Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen (Koppensteiner in Straube, HGB3 § 131 Rz 21 mwN). Ein derartiger Fortsetzungsbeschluss erforderte grundsätzlich Einstimmigkeit (Koppensteiner aaO Rz 22; EvBl 1961/43; EvBl 1970/205; ecolex 1993, 322).

3.3. Neben der Möglichkeit der Auflösung der Gesellschaft sah § 140 HGB den Ausschluss eines Gesellschafters durch Entscheidung des Gerichts über Antrag der übrigen Gesellschafter vor. Dies war auch nach erfolgter Auflösung der Gesellschaft noch möglich (Koppensteiner in Straube, HGB3 § 140 Rz 5 mwN). Für die zweigliedrige Gesellschaft sah § 142 Abs 1 HGB eine Klage auf Übernahme des Geschäfts ohne Liquidation vor, sofern bei einem Gesellschafter die Voraussetzungen vorlagen, unter welchen bei einer größeren Zahl von Gesellschaftern seine Ausschließung aus der Gesellschaft zulässig sein würde. Wenngleich sich der Wortlaut dieser Bestimmung nur auf die - hier nicht erhobene - Ausschließungsklage bezog, waren doch abweichende Vereinbarungen zulässig. Insbesondere wurde oft eine Übernahmebefugnis unabhängig von § 142 HGB vorgesehen, insbesondere für den Fall des Todes eines Gesellschafters (vgl Koppensteiner aaO § 143 Rz 13 mwN), aber auch im Zusammenhang mit der Kündigung des Gesellschaftsvertrags (Koppensteiner aaO). Eine derartige Übernahmevereinbarung konnte auch nachträglich als „andere Art der Auseinandersetzung" im Sinne des § 145 Abs 1 HGB vereinbart werden (Koppensteiner aaO Rz 14 ff mwN).

3.4. Nach der vor dem HaRÄG geltenden gesetzlichen Regelung war daher eine einseitige Übernahme des Gesellschaftsvermögens durch den verbleibenden Gesellschafter bei Fehlen einer entsprechenden abweichenden Vereinbarung nur bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes in der Person des anderen Gesellschafters möglich.

4.1. Von diesem Grundkonzept des HGB weicht das UGB in wesentlichen Punkten ab. Dafür war die Überlegung des Gesetzgebers maßgeblich, die Unternehmensfortführung zu fördern (dazu Krejci in Krejci, Reformkommentar, Vor §§ 131 - 144 UGB Rz 4 ff). Im Gegensatz zum deutschen Gesetzgeber, der den Fortbestand der OHG bzw KG dadurch besser sichern wollte, dass er die Auflösungstatbestände verringerte und diese teilweise durch Ausscheidenstatbestände ersetzte, behielt das UGB im Wesentlichen die bisherigen Auflösungstatbestände bei, erleichterte jedoch die Möglichkeit der verbleibenden Gesellschafter, die Auflösung der Gesellschaft dadurch zu vermeiden, dass sie einen Fortsetzungsbeschluss fassen, ohne dass dafür die Mitwirkung des ausscheidenden Gesellschafters erforderlich wäre (Krejci aaO).

4.2. In diesem Sinne sieht § 141 UGB vor, dass die Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft, wenn sie nicht infolge der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gesellschaft eintritt, deren Fortbestand beschließen können. In den Fällen des § 131 Z 4 [Tod], Z 5 [Konkurs] oder Z 6 erster Fall [Kündigung] UGB steht dieses Recht den verbleibenden Gesellschaftern zu. Diese Regelung gilt jedoch, wie sich schon aus dem Plural „Gesellschafter" in § 141 Abs 1 UGB, vor allem aber aus systematischen Erwägungen ergibt, nur für den Fall, dass noch mehrere Gesellschafter verbleiben. Eine Ein-Personen-OG ist in Österreich schon nach der allgemeinen Regel des § 105 UGB unzulässig (Krejci in Krejci, Reformkommentar § 142 UGB Rz 1). Dem entspricht, dass im Falle des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters die verbleibende OG nicht mehr aufrecht erhalten werden kann (Krejci aaO).

4.3. Der vom Auflösungsgrund betroffene Gesellschafter scheidet aufgrund des Fortsetzungsbeschlusses der übrigen Gesellschafter aus der Gesellschaft aus (Krejci in Krejci, Reformkommentar § 141 UGB Rz 1 aE). Für den Fall der Kündigung durch einen Privatgläubiger (§ 135 UGB) und die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Gesellschafters sehen § 141 Abs 2 und Abs 3 UGB Regelungen über den Zeitpunkt des Ausscheidens vor.

4.4. Auch die Ausschließungsklage wurde in § 140 UGB insofern neu geregelt, als eine derartige Klage nunmehr auch dann möglich ist, wenn nach der Ausschließung nur mehr ein Gesellschafter verbleibt. Für diesen Fall sieht § 142 Abs 1 UGB vor, dass die Gesellschaft ohne Liquidation erlischt und das Gesellschaftsvermögen im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter übergeht. Darüber hinaus sieht jedoch § 142 Abs 1 UGB eine Gesamtrechtsnachfolge in allen Fällen vor, in denen nur ein Gesellschafter „verbleibt"; der ausscheidende Gesellschafter ist nach § 142 Abs 2 UGB in sinngemäßer Anwendung der §§ 137 und 138 UGB abzufinden.

5.1. Nach der Übergangsbestimmung des § 907 Abs 8 UGB sind, sofern in der Folge nichts anderes bestimmt wird, die Bestimmungen des Zweiten Buches idF des HaRÄG auch auf vor dem 1. 1. 2007 errichtete Gesellschaften anzuwenden. Eine Ausnahme von dieser allgemeinen Regel enthält § 907 Abs 9 UGB unter anderem für § 141 Abs 1 Satz 1 UGB, der, sofern unter den Gesellschaftern nichts anderes vereinbart wurde, auf nach dem 31. 12. 2006 errichtete Personengesellschaften anzuwenden sei; auf vor diesem Zeitpunkt errichtete Gesellschaften seien die bisher geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dabei handelt es sich jedoch - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten - um ein offenkundiges Redaktionsversehen. § 141 Abs 1 Satz 1 UGB enthält nach dem Gesagten keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage; die Besonderheit des § 141 Abs 1 UGB liegt vielmehr in dessen zweitem Satz, der vorsieht, dass über die Fortsetzung der Gesellschaft - anders als nach der Rechtslage vor dem HaRÄG - nur die verbleibenden Gesellschafter entscheiden. In Hinblick darauf ist die in § 907 Abs 9 UGB statuierte Ausnahme von der Grundregel des § 907 Abs 8 UGB zumindest auch auf § 141 Abs 1 Satz 2 UGB zu beziehen, zumal diese - durch die Formulierung „dieses Recht" auch sprachlich mit Satz 1 eng verbundene - Bestimmung losgelöst von Satz 1 keinen selbstständigen Anwendungsbereich hat.

5.2. Aus diesem Grund kann der Auffassung von Ch. Nowotny (UGB - Was bringt es Neues für die Personengesellschaften? RdW 2007/150, 142 [144]), dass die Bestimmung des § 907 Abs 9 UGB, dass § 141 Abs 1 Satz 1 UGB nur auf nach Inkrafttreten des UGB errichtete Personengesellschaften anzuwenden ist, den Umkehrschluss, nahelege, dass der zweite Satz, der die Fortsetzungsregel enthält, auch für Altgesellschaften gelte, nicht gefolgt werden. Die Ausführungen bei Krejci (in Krejci, Reformkommentar, Vor §§ 131 - 144 UGB Rz 6), wonach „für die Zukunft" vom Recht des ausgeschiedenen Gesellschafters, der Fortsetzung der Gesellschaft zuzustimmen, abgesehen werde, sagen über die Geltung des § 142 UGB für Altgesellschaften nichts aus.

5.3. Die Richtigkeit dieser Auslegung bestätigen auch die Gesetzesmaterialien (1058 BlgNR 22. GP 66). Demnach soll § 907 Abs 9 Satz 2 UGB sicher stellen, dass jene Gesellschaften, die im Vertrauen auf die geltende Rechtslage keine besonderen Vereinbarungen zu den das Innenverhältnis der Gesellschaft betreffenden Fragen getroffen haben, nicht von der neuen Gesetzeslage überrascht werden.

5.4. Nach der bisherigen Gesetzeslage hätte aber eine Kündigung der Gesellschaft durch einen Gesellschafter grundsätzlich zur Auflösung und Liquidation der Gesellschaft geführt. Ein Fortsetzungsbeschluss wäre nur mit Zustimmung des ausscheidenden Gesellschafters möglich gewesen; auch eine einseitige Übernahme der Gesellschaft bei Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Gesellschaft wäre nur bei Vorliegen eines Ausschließungsgrundes möglich gewesen, sofern der Gesellschaftsvertrag - wie im vorliegenden Fall - keine abweichende weitergehende Regelung in Form eines Übernahmerechts vorsah. Auf diese Rechtslage konnte der Beklagte vertrauen; die zitierte Passage aus den Gesetzesmaterialien zeigt, dass der Gesetzgeber ein derartiges Vertrauen auch nach der Handelsrechtsreform für schutzwürdig ansah und vermeiden wollte, dass Gesellschafter, die im Gesellschaftsvertrag seinerzeit keine Veranlassung hatten, entsprechende Regelungen vorzusehen, von der Reform durch das UGB überrascht werden.

5.5. Diese Überlegungen haben aber - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten - auch Einfluss auf die zeitliche Anwendbarkeit des § 142 UGB. Soweit dieser eine Ergänzung zur nunmehr auch im Fall einer zweigliedrigen Gesellschaft vorgesehenen Ausschließungsklage (§ 140 Abs 1 letzter Satz UGB) darstellt, ist die Anwendbarkeit auch auf Altgesellschaften wohl durchaus folgerichtig; ein allfälliges Vertrauen eines Gesellschafters, trotz Setzen eines Ausscheidungsgrunds eine Fortsetzung der Gesellschaft verhindern zu können, wäre nicht schutzwürdig. Insoweit entspricht § 140 Abs 1 letzter Satz UGB iVm § 142 Abs 1 UGB nämlich nur der bisherigen Regelung des § 142 HGB. Anderes gilt jedoch für die Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 142 UGB durch die Handelsrechtsreform auf alle Fälle, in denen nur mehr ein Gesellschafter „verbleibt". Die Universalsukzession ist nunmehr in allen Fällen des Ausscheidens eines Gesellschafters einer zweigliedrigen Gesellschaft (oder aller Gesellschafter bis auf einen bei einer mehrgliedrigen Gesellschaft) vorgesehen, ohne dass es darauf ankommt, ob der zum Ausscheiden führende Grund einen Vorwurf begründet oder nicht. Damit ist der Gesetzgeber für die zweigliedrige Gesellschaft vom sonst weiter geltenden Auflösungsprinzip in Richtung des Ausscheidens- oder Ausschließungsprinzips abgegangen.

5.6. Für derartige Fälle war zwar schon bisher eine vertragliche abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag möglich; wenn die Gesellschafter aber - wie im vorliegenden Fall - keine abweichende Regelung trafen, konnten sie darauf vertrauen, dass die Kündigung zur Auflösung der Gesellschaft und damit zur Liquidation führt. Dies ist ein wesentlicher Unterschied, weil die Liquidation im Regelfall zur Gesamtveräußerung des Unternehmens führt und dadurch die Abfindung objektiviert wird, während bei der Fortsetzung ohne Mitwirkung des Kündigenden die Abschichtung zum anteiligen Unternehmenswert über eine Bewertung rechnerisch zu ermitteln ist (Ch. Nowotny, RdW 2007/150, 142 [144]). Aus diesem Grund ist auch nicht entscheidend, dass sich der - schon zum damaligen Zeitpunkt anwaltlich vertretene - Beklagte bei Abgabe der Kündigungserklärung über die geltende neue Rechtslage informieren konnte. Entscheidend ist vielmehr, dass er nach dem Gesagten auf die im Innenverhältnis geltende Rechtslage nach dem HGB vertrauen durfte.

5.7. Während die Kündigung der Gesellschaft nach der alten Rechtslage ohne gesellschaftsvertragliche abweichende Regelung zur Auflösung und Liquidation führte, können nach der neuen Rechtslage bei Kündigung durch einen Gesellschafter die übrigen Gesellschafter die Fortsetzung beschließen (§ 141 Abs 1 UGB) oder der letzte verbleibende Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen übernehmen (§ 142 Abs 1 UGB). Auf diese Neuregelung konnte der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag aber nicht Rücksicht nehmen. Aus diesem Grund ist daher der zeitliche Anwendungsbereich des § 142 Abs 1 UGB, soweit er einen Übergang des Gesellschaftsvermögens an den verbleibenden Gesellschafter auch ohne Vorliegen eines Ausschlussgrunds vorsieht, auf nach dem 1. 1. 2007 gegründete Gesellschaften zu beschränken. Diese Parallele des zeitlichen Anwendungsbereichs des § 141 Abs 1 UGB und des § 142 Abs 1 UGB liegt auch deshalb nahe, weil es sich bei § 142 UGB nach den Gesetzesmaterialien nur um eine Ergänzung zu den §§ 140, 141 UGB für die zweigliedrige Gesellschaft handelt.

5.8. Damit ist auf den vorliegenden Fall § 142 UGB insoweit nicht anzuwenden, als diese Bestimmung über § 142 HGB idF vor dem HaRÄG hinausgeht. Die Übernahme des Gesellschaftsvermögens durch den Kläger ist daher nur nach Ausschließung des Beklagten möglich. Eine derartige Ausschließung und anschließende Übernahme des Gesellschaftsvermögens strebt der Kläger mit seinem Eventualbegehren an. Über dieses Begehren hat das Erstgericht jedoch noch nicht abgesprochen, sodass darauf im vorliegenden Verfahrensstadium nicht einzugehen ist.

6. Eine missbräuchliche Verweigerung der Zustimmung zur Vermögensübernahme (vgl dazu ausführlich SZ 70/43 = ecolex 1997, 853 [Zehetner]) liegt - wie bereits die Vorinstanzen zutreffend erkannten - nicht vor. Dazu wäre erforderlich, dass der Kläger Umstände geltend macht, die über das grundsätzlich immer gegebene Interesse an der Fortsetzung einer Personengesellschaft hinaus gegen eine Liquidation sprechen. Die bloße Gefahr, das Unternehmen könne nach Vollbeendigung nicht weiter betrieben werden, begründet mangels Hinzutretens besonderer Umstände kein über das übliche Maß hinausgehendes wirtschaftliches Interesse an der Fortsetzung (6 Ob 26/97k = SZ 70/43). Der Kläger hat auch nicht behauptet, ein im Sinne der Entscheidung SZ 70/43 ausreichend bestimmtes Anbot über die Zahlung des Liquidationsanteils abgegeben zu haben.

7. Damit erweist sich das angefochtene Urteil als frei von Rechtsirrtum, sodass der unbegründeten Revision ein Erfolg zu versagen war.

8. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 41 ZPO. Die Kostenersatzpflicht im Revisionsverfahren ist bereits abschließend beurteilbar, weil hier nur das Hauptbegehren Verfahrensgegenstand war, über das abschließend entschieden wurde.

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