OGH 14Os77/08t

OGH14Os77/08t8.7.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Juli 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp und Hon.-Prof. Dr. Schroll und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Harammer als Schriftführer in der Strafsache gegen Kostja P***** wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. April 2008, GZ 124 Hv 15/08x-24, sowie dessen Beschwerde gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Kostja P***** des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 16. Jänner 2008 in Wien Dr. Heide W***** mit Gewalt gegen ihre Person eine fremde bewegliche Sache, nämlich ihre Handtasche, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versucht, indem er derart kräftig an der von ihr festgehaltenen Tasche zog und zerrte, dass ein Tragriemen abriss und die Genannte beinahe zu Sturz kam.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt. Den tatsächlichen Bezugspunkt bildet dabei die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen, zu deren Verdeutlichung das Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) herangezogen werden kann. Von diesem Gesamtzusammenhang ausgehend ist zur Geltendmachung eines aus Z 9 oder Z 10 gerügten Fehlers klarzustellen, aus welchen ausdrücklich zu bezeichnenden Tatsachen (einschließlich der Nichtfeststellung von Tatsachen) welche rechtliche Konsequenz (§§ 259, 260 Abs 1 Z 2 StPO) hätte abgeleitet werden sollen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584).

Indem der Beschwerdeführer aus den - verzerrt zusammengefasst wiedergegebenen - Urteilsannahmen, wonach die Handtasche des Tatopfers an einem Riemen bereits leicht eingerissen und von Dr. Heide W***** deshalb mit einer Sicherheitsnadel so befestigt worden war, dass der Riemen gut hielt (US 7), den eigenständigen Schluss zieht, es hätte „bei lebensnaher Betrachtung ... zur Lösung einer Sicherheitsnadel, sei diese auch durch Kunstleder gestochen, keiner besonderen Kraftanstrengung mehr" bedurft, weshalb „eine Tathandlung, die als Gewalt unter den Tatbestand des § 142 StGB subsumierbar wäre" nicht vorliege, wird die Subsumtionsrüge (Z 10) diesen Kriterien nicht gerecht.

Sie lässt nämlich die weiteren Konstatierungen des Erstgerichts außer Acht, wonach der Angeklagte unter Einsatz erheblicher physischer Gewalt so lange wiederholt kräftig und ruckartig an der Handtasche der laut um Hilfe schreienden und sich heftig wehrenden, ihm aufgrund ihrer zarten Statur und ihres Alters (von 65 Jahren, US 7) körperlich weit unterlegenen Dr. Heide W***** zog und zerrte, bis einer der Trageriemen abriss und die Genannte nach hinten taumelte und nur deshalb nicht zu Sturz kam, weil dies durch die hinter ihr befindliche Eingangstür der Oper verhindert wurde (US 8 f, 11, 12, 15 f, 17).

Damit orientiert sich die Rüge prozessordnungswidrig nicht am Urteilssachverhalt, ohne darzulegen, welche konkreten (darüber hinausgehenden) Feststellungen vermisst werden und zieht der Sache nach die Urteilskonstatierungen in Zweifel anstatt von diesen ausgehend einen allfälligen Rechtsfehler des Erstgerichts nachzuweisen.

Darüber hinaus verlangt die prozessordnungsgemäße Darstellung der Rüge aus Z 10 die ausdrückliche Bezeichnung der angestrebten Subsumtion (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 644; 11 Os 126/06y), was die Beschwerde unterlässt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde kommt somit dem Oberlandesgericht Wien zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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