OGH 13Os68/08m

OGH13Os68/08m11.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Juni 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Just als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian G***** wegen des Verbrechens des schweren, durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 7. September 2007, GZ 33 Hv 198/06z-138, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Strafausspruchs werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte des Verbrechens des schweren, durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 StGB (A) sowie jeweils mehrerer Vergehen nach § 27 Abs 1 sechster Fall SMG aF (B/I), § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG aF (B/II) und § 30 Abs 1 sechster Fall SMG aF (B/III) schuldig erkannt. Danach hat er, soweit im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren von Bedeutung,

(A) in der Nacht vom 14. November 2003 auf den 15. November 2003 in Salzburg im einverständlichen Zusammenwirken mit zwei Mittätern (im Urteilstenor näher bezeichnete) Markentextilien im Gesamtwert von 165.000 Euro sowie rund 260 Euro Bargeld der Marianne K***** durch Entfernen einer Sicherungskette, Aufbrechen eines Fensters und Einsteigen in deren Geschäftsräume mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Soweit die Beschwerde auf den Schuldspruch B zielt, war auf sie vom Obersten Gerichtshof keine Rücksicht zu nehmen, weil der Beschwerdeführer insoweit weder bei der Anmeldung noch im Rahmen der Ausführung der Beschwerde die Nichtigkeitsgründe einzeln und bestimmt bezeichnete (§ 285 Abs 1 letzter Satz StPO).

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) erfolgte die Abweisung (S 259/III) des Antrags auf neuerliche Vernehmung des Zeugen Tomislav T***** zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer „bei diesen ihm vorgeworfenen Taten nicht dabei war und Herr T***** [den Beschwerdeführer] nur deswegen beschuldigt, weil er Schulden hat und die Schuld nicht alleine tragen wollte" (S 258/III), ohne Verletzung von Verteidigungsrechten. Der Beweisantrag ließ nämlich nicht erkennen, aus welchem Grund der Zeuge von seiner bisherigen - gemäß § 252 Abs 1 Z 4 StPO einverständlich verlesenen (S 259/III) - Aussage (S 240 bis 252/III) abweichen sollte, und zielte solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung ab (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 331). Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass der diesbezügliche Verhandlungstermin ausschließlich der Vernehmung des Tomislav T***** diente (ON 131) und gerade die Frage, aus welchem Grund der Zeuge den Beschwerdeführer im Vorverfahren ent-, in der Hauptverhandlung aber belastet hatte, ausführlich erörtert wurde (S 248 bis 251/III).

Das den Beweisantrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat aufgrund des im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren bestehenden Neuerungsverbots auf sich zu beruhen.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider waren die Angaben der Zeugin Elisabeth R***** zu Vorgängen, die sich in der Nacht vom 13. November 2003 auf den 14. November 2003 zugetragen hatten (S 259/III iVm S 216 bis 219/III), nicht erörterungsbedüftig iS des zweiten Falles des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes, weil sie sich mit Blick auf den Tatzeitraum, also die Nacht vom 14. November auf den 15. November 2003, nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsachen bezogen. Der Umstand, dass Elisabeth R***** den Beschwerdeführer nicht als Täter identifizierte (S 259/III iVm S 217/III), wurde sehr wohl gewürdigt (US 24).

Indem die Rüge aus der Aussage der Zeugin R***** anhand eigener Überlegungen für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse abzuleiten trachtet als das Erstgericht, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung. Korrespondierendes gilt für die weitwendigen Ausführungen zur Glaubwürdigkeit der Angaben des Zeugen Tomislav T*****. Das Erstgericht setzte sich mit dessen Aussagedivergenzen auseinander und legte in eingehender, mängelfreier Beweiswürdigung dar, aus welchen Gründen es den belastenden Depositionen dieses Zeugen folgte (US 16 bis 22). Indem die Beschwerde diesen Überlegungen eigene Beweiswerterwägungen entgegensetzt, verlässt sie somit erneut den Anfechtungsrahmen des Nichtigkeitsbeschwerdeverfahrens. Soweit die Beschwerde die Täterschaftsform anspricht, bezieht sie sich mit Blick auf das in § 12 StGB normierte Einheitstätersystem (hiezu Fabrizy in WK2 § 12 Rz 10 bis 12) nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsachen.

In welchem Verfahrensstadium Tomislav T***** erstmals Angaben zu einem am Tatort vorgefundenen Safe tätigte, ist in Betreff des Beschwerdeführers unerheblich; das diesbezügliche - den Gesetzen folgerichtigen Denkens sowie grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechende (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444) - Urteilsargument bezieht sich auf die Glaubwürdigkeit der Angaben des genannten Zeugen zu seinen eigenen Tathandlungen (US 17).

Der Einwand unzureichender Begründung des auf die festgestellte Schadenshöhe gerichteten Vorsatzes unterlässt die gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394; zuletzt 13 Os 39/08x). Das Erstgericht stützt sich nämlich insoweit keineswegs nur auf die Aussage des Zeugen T*****, sondern auch auf den objektiven Tatverlauf, insbesonders auf das gezielte Auswählen eines exklusive Bekleidung führenden Betriebs sowie die sorgfältige Planung der Tat (US 24). Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass insoweit nur das Überschreiten der Qualfikationsgrenze des § 128 Abs 2 StGB (50.000 Euro) subsumtionsrelevant ist und dass Tomislav T***** nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 131) sehr wohl angegeben hat, den zu erwartenden Warenwert schon vor der Tatbegehung mit dem Beschwerdeführer erörtert zu haben (S 259/III iVm S 251/III). Die Tatsachenrüge (Z 5a) dient dazu, schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) zu verhindern (RIS-Justiz RS0118780). Diesen Kriterien entspricht die Beschwerde mit dem pauschalen Verweis auf die Ausführungen zur Mängelrüge, eigenen Beweiswerterwägungen zur Aussage des Zeugen T***** sowie der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz nicht einmal ansatzweise. Die Subsumtionsrüge, die sich gegen die Unterstellung unter die Qualifikationsnorm des § 128 Abs 2 StGB wendet, geht nicht von den diesbezüglichen Urteilsfeststellungen (US 8) aus, sondern bekämpft diese anhand eigener Beweiswerterwägungen und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - ebenso wie die gegen Urteile von Schöffengerichten nicht offenstehende (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung - gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung wegen des Strafausspruchs kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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