OGH 4Ob88/08g

OGH4Ob88/08g10.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Zechner als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Schenk und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eduard M*****, vertreten durch Mag. Oliver Lorber, Rechtsanwalt in Klagenfurt als Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei L***** gesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Ernst Maiditsch M.B.L.-HSG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt, wegen Feststellung (Streitwert 21.000 EUR), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 23. Jänner 2008, GZ 3 R 148/07w-34, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 1. August 2007, GZ 21 Cg 105/05h-26, aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozessgericht erster Instanz zurückverwiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.257,48 EUR (darin 209,58 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts - nicht zulässig:

1. Zu prüfen ist, ob ein rechtswirksam zustande gekommener außergerichtlicher Vergleich (Generalvergleich) einer Entscheidung über das Feststellungsbegehren des Klägers entgegensteht.

2. Das Berufungsgericht ist bei Auslegung des Schriftverkehrs davon ausgegangen, dass ein Generalvergleich über sämtliche, schon entstandenen und allenfalls noch entstehenden Ansprüche des Klägers aus einer Fehlbehandlung im Krankenhaus der Beklagten einerseits wegen Dissens als Ergebnis der Vertragsverhandlungen und andererseits mangels Zustimmung des durch einen Rechtsanwalt als Verfahrenshelfer vertretenen Klägers (§ 64 Abs 1 Z 3 ZPO) nicht zustandegekommen sei. Der Kläger habe nämlich die Hauptpunkte des gegnerischen Vergleichsvorschlags im Schreiben des Beklagtenvertreters Beilage ./1, nämlich eine generelle Bereinigungswirkung des Vergleichs und die dafür angebotene Abschlagszahlung, nicht akzeptiert. Das Schreiben seines Rechtsvertreters sei nicht bloß als Modifikation des gegnerischen Vorschlags, sondern als selbständiger neuer Vergleichsvorschlag zu verstehen. Eine Generalbereinigung sei - für einen redlichen Erklärungsempfänger erkennbar - nicht Inhalt des klägerischen Gegenanbots gewesen. Der Beisatz im Schreiben des Klagevertreters (Beilage ./2) „wie bei der Verhandlung vom 18. 11. (richtig: 18. 10) 2004 besprochen" beziehe sich zwar offensichtlich auf den Umfang der angestrebten Bindungswirkung, gebe aber den konkreten Inhalt der Gespräche nicht wieder und lasse mehrere Deutungen zu. Dieser Vergleichsvorschlag sei daher in Ansehung des Umfangs der Bindungswirkung weder ausreichend bestimmt noch bestimmbar. Er habe wegen Dissens über die Bereinigungswirkung des in Aussicht genommenen Vergleichs zu keinem Vergleichsabschluss geführt.

3. Ob der Vergleichsvorschlag der Beklagten durch das Antwortschreiben des Klagevertreters Beilage ./2 zur Gänze abgelehnt oder mit modifiziertem Inhalt angenommen wurde, richtet sich nach dem objektiven Verständnis der gebrauchten Formulierung aus Sicht des konkreten Erklärungsempfängers. Es handelt sich dabei um eine Frage des Einzelfalls, der - vom hier nicht vorliegenden Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen - keine über den zu beurteilenden Fall hinausgehende Bedeutung zukommt.

Gleiches gilt auch für die Frage, ob ein Vergleichsanbot ausreichend bestimmt ist, wenn es zum Umfang der Bereinigungswirkung auf mündliche, nicht dokumentierte Gespräche hinweist, deren Inhalt nicht feststeht und das mehrere Deutungen zulässt. Das Berufungsgericht hat den Hinweis auf (nicht dokumentierte) Vergleichsgespräche über den Umfang der Bereinigungswirkung im Gegenvorschlag des Klagevertreters wegen seiner Mehrdeutigkeit als weder ausreichend bestimmt noch bestimmbar beurteilt. Seine Auffassung hält sich im Rahmen der Rechtsprechung, wonach eine Erklärung nur dann bestimmt ist, wenn ihr die wesentlichen Rechtsfolgen, die der Erklärende anstrebt, entnommen werden können; ihr Inhalt muss jedenfalls eindeutig bestimmbar sein (RIS-Justiz RS0014693 [T5]).

4. Die weiteren im Rekurs der Beklagten aufgeworfenen Rechtsfragen betreffen gleichfalls Fragen der Auslegung des Schriftverkehrs anlässlich der Beendigung des vorangegangenen Verfahrens. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist daraus nicht abzuleiten.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, sodass seine Rechtsmittelbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung dienlich war.

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