OGH 7Ob102/08p

OGH7Ob102/08p15.5.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers und Antragstellers Dr. Thomas P. R*****, vertreten durch Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Beklagte und Antragsgegnerin L*****Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen Feststellung und Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Klägers und Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 12. März 2008, GZ 6 R 9/08b-36, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurswerber macht in seiner Zulassungsbeschwerde zum einen geltend, es gebe keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, ob Verwaltungsrechte eines Aktionärs gegenüber der AG (insbesondere Teilnehmerrechte an der Hauptversammlung, das Antragsrecht in dieser etc) durch einstweilige Verfügung sicherbar seien. In einer Reihe von oberstgerichtlichen Entscheidungen sei ausgesprochen worden, dass die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten sicherbar sei, wenn dies zur Abwendung eines unwiederbringlichen Schadens nötig sei.

Zum anderen erachtet der Revisionsrekurswerber sein außerordentliches Rechtsmittel entgegen der Ansicht des Rekursgerichts deshalb für zulässig, weil dem Rekursgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen sei, ob die Verletzung von Verwaltungsrechten einen unwiederbringlichen Schaden herbeiführen könne.

Mit diesen Ausführungen vermag der Revisionsrekurswerber keinen tauglichen Grund für die Zulassung seines außerordentlichen Revisionsrekurses aufzuzeigen:

Dass seine behaupteten Aktionärsrechte - wie der Revisionsrekurswerber meint - durch eine einstweilige Verfügung gesichert werden können, hat das Rekursgericht ohnehin ausdrücklich bejaht. Dass dazu noch oberstgerichtliche Judikatur fehlt, ist nicht erheblich, weil dieser Frage hier nicht weiter nachgegangen werden muss, da die Vorinstanzen - ohne aufzugreifende Fehlbeurteilung - eine Gefährdung der dem Klagebegehren entsprechenden Ansprüche verneint haben.

Nach ständiger Rechtsprechung kommt es bei der Beurteilung der Anspruchsgefährdung auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an (RIS-Justiz RS0005118). Nicht schon jede abstrakte oder theoretische Möglichkeit der in § 381 EO erwähnten Erschwerung, Vereitelung, Gewaltanwendung oder eines unwiederbringlichen Schadens kann eine Anspruchsgefährdung im Sinn dieser Gesetzesstelle begründen. Es ist vielmehr die Bescheinigung einer konkreten Gefährdung zu fordern (RIS-Justiz RS0005175). Der allgemeine Hinweis auf eine in abstracto mögliche Gefährdung des Anspruchs ersetzt nicht die im Gesetz geforderte Behauptung von Tatsachen, die die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Abwendung eines unwiederbringlichen Schadens nötig erscheinen lassen (RIS-Justiz RS0005295). Die Behauptungslast hiefür liegt bei der gefährdeten Partei (RIS-Justiz RS0005311). Maßgebend ist, ob die Wahrscheinlichkeit besteht, dass ohne einstweilige Verfügung die Befriedigung des Anspruchs erheblich erschwert würde. Das ist zu bejahen, wenn Eigenschaften und ein Verhalten des Gegners bescheinigt werden, aus denen mit hoher Wahrscheinlichkeit Vereitelungshandlungen abgeleitet werden können (RIS-Justiz RS0005379). Ob das Vorbringen im Einzelfall zur Annahme einer konkreten Gefährdung im Sinn des § 381 EO als ausreichend anzusehen ist, betrifft keine Frage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0005103), es sei denn, dem Rekursgericht wäre eine Fehlbeurteilung unterlaufen, die aus Gründen der Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte.

In der rechtlichen Beurteilung des Rekursgerichts, der Kläger habe die konkrete Gefahr, dass ihm bei Abweisung seines Sicherungsantrags ein unwiederbringlicher Schaden drohe, nicht ausreichend bescheinigt, kann eine gravierende Fehlbeurteilung, die das Eingreifen des Obersten Gerichtshofs erforderlich machte, nicht erblickt werden. Der Revisionsrekurswerber begnügt sich im Wesentlichen mit der Aufzählung der grundsätzlichen, theoretischen Möglichkeiten der Schädigung eines Aktionärs, der an der Ausübung seiner Verwaltungsrechte gehindert wird. Das Aufzeigen einer abstrakten oder theoretischen Gefährdung genügt aber nicht; es müssen Umstände vorliegen, die ohne Bewilligung der einstweiligen Verfügung eine Beeinträchtigung des Anspruchs oder des Anspruchsberechtigten als wahrscheinlich erscheinen lassen (RIS-Justiz RS0005175). Inwiefern eine solche Schädigung im vorliegenden Fall konkret erwartet oder befürchtet werden müsste, wird vom Revisionsrekurswerber nicht dargetan.

Im Übrigen hat das Rekursgericht auch zutreffend darauf hingewiesen, dass dann, wenn - wie hier - der Prozesserfolg durch eine einstweilige Verfügung vorweggenommen werden soll, an die Bescheinigung der Gefährdung ein strenger Maßstab anzulegen ist (7 Ob 559/91, SZ 64/103; 7 Ob 644/95 ua). Es ist eine Abwägung vorzunehmen, ob eine vorläufige Sicherung oder deren Unterbleiben eher einen unwiederbringlichen Schaden nach sich ziehen könnte (vgl 7 Ob 59/03g, SZ 2003/45). Umstände, wonach hier eher zweiteres anzunehmen wäre, hat der Kläger nicht bescheinigt, ja gar nicht vorgebracht. Da auch im Rahmen der Rechtsrüge keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO aufgeworfen werden, muss der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers zurückgewiesen werden. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a ZPO iVm § 510 Abs 3 ZPO).

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