OGH 13Os37/08b

OGH13Os37/08b14.5.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Mai 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Klaus als Schriftführer in der Strafsache gegen Rainer T***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Serif E***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8. Jänner 2008, GZ 34 Hv 110/07d-43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten wurde Serif E***** des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 2 zweiter Fall und Abs 4 erster bis dritter Fall StGB (II.) schuldig erkannt. Danach hat sie in Wien von Ende 2004 bis 10. September 2007 in der Absicht, sich durch wiederholte Hehlerei eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in Teilbeträgen „zumindest" 300.000 Euro, welche Rainer T***** durch Betrug und Veruntreuung von insgesamt 1,190.379 Euro in betragsmäßig nicht genannten Teilbeträgen erlangt hatte, übernommen (gemeint: an sich gebracht).

Rechtliche Beurteilung

Der aus den Gründen der Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Auf welche für die Schuld- oder Subsumtionsfrage erhebliche Tatsache der aus Z 4 reklamierte Antrag auf „Einvernahme eines informierten Vertreters" des von Rainer T***** geschädigten Vereins I***** „zum Beweis dafür, welche Geldflüsse im anklagegegenständlichen Zeitraum von der Federation an den Erstangeklagten (T*****) geflossen sind oder von ihm behoben wurden, und zwar in der Unterscheidung, welche Geldflüsse hievon aus der Sicht der Federation legal und vertragsgemäß dem Erstangeklagten zugeflossen sind, das heißt selbst behoben wurden oder ihm überwiesen wurden, und andererseits, welche Beträge widerrechtlich hinzugeflossen sind", abzielte, ist nicht nachvollziehbar, sodass er schon deshalb zu Recht abgewiesen wurde. Dass es der Zweck des geschädigten „gemeinnützigen Vereins für Menschenrechte" (US 9) gewesen wäre, T***** (zusätzlich zu seinen Lohnansprüchen) oder E***** Geld zukommen zu lassen, wurde nicht behauptet, sodass aus dem Antrag auch nicht zu erkennen war, weshalb die beantragte Beweisführung Anhaltspunkte in Richtung des Beweisziels hätte erwarten lassen sollen.

Spekulativ geäußerte Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Rainer T***** und Hasan Ö*****, nach denen das von den Tatrichtern angenommene Motiv Rainer T*****s für die ihm angelasteten Malversationen (nämlich dessen Verliebtheit, aufgrund der er versuchte, Eindruck bei Serif E***** zu machen und ihr jeden Wunsch zu erfüllen, US 16) und die „damit verbundene Verzweiflung" „eine Erklärung dafür bieten würde, warum er sie in weiterer Folge belasten wollte" oder wonach es „aufgrund der festgestellten Beziehungen zwischen den Personen" „durchaus nachvollziehbar" sei, dass der Erst- und der Drittangeklagte als „Verbündete" gegen Serif E***** auftraten, zielen auf - aus Z 5 unzulässige - Infragestellung der tatrichterlichen Beweiswürdigung ab.

Mit der Behauptung, aus der - von der Beschwerde indes nur bruchstückhaft zitierten - Aussage des Rainer T*****, könne „nicht entnommen werden, dass die widerrechtliche Erlangung der Geldbeträge durch den Erstangeklagten der Beschuldigten stets bewusst war", wendet sich die Rüge nominell unter dem Aspekt einer Aktenwidrigkeit gegen die erstgerichtliche Annahme des Vorliegens der subjektiven Tatseite.

Nichtigkeit aus Z 5 letzter Fall aber kann nur auf unrichtige Wiedergabe des Inhalts von Urkunden oder Aussagen gegründet werden, nicht jedoch - wie hier - auf angeblich unzureichende Deckung einer getroffenen Feststellung.

Im Übrigen konnten die Tatrichter die in Kritik gezogenen Konstatierungen formal mängelfrei auf die Aussage des Rainer T***** in ihrer Gesamtheit (vgl S 147 f, 157 f, 223 ff/I, 47 ff, 97/ II) sowie jene des Drittangeklagten Hasan Ö***** (ON 16, 67/II) stützen. Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Bei der Entscheidung über die Berufungen wird in Rechnung zu stellen sein, dass das Schöffengericht - unbekämpft - sowohl in Betreff der Beschwerdeführerin als auch des Angeklagten Hasan Ö*****, hinsichtlich dessen von keiner Seite ein Rechtsmittel ergriffen wurde, rechtlich verfehlt neben dem ersten auch den dritten Fall des § 164 Abs 4 StGB als begründet angesehen hat. Selbst dann, wenn die Vortat - was hier zudem nicht festgestellt wurde - allein wegen 50.000 Euro übersteigenden Werts der betroffenen Sache mit fünf Jahre erreichender oder übersteigender Strafe bedroht ist, kommt nämlich zwar die Wertqualifikation nach § 164 Abs 4 erster Fall StGB, nicht aber zusätzlich jene des § 164 Abs 4 dritter Fall StGB zur Anwendung, weil der höhere Schaden dem Hehler nicht ein zweites Mal angelastet werden darf (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 164 [2006] Rz 48 unter Berufung auf JBl 1982, 42).

Die verfehlte rechtliche Unterstellung wurde jedoch bei keinem der davon Betroffenen in Anschlag gebracht, sodass für den Obersten Gerichtshof mit Blick auf die insoweit fehlende Bindung des Berufungsgerichts an die jeweils verfehlte Subsumtion (vgl RIS-Justiz RS0118870) kein Anlass für amtswegiges Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bestand.

§ 295 Abs 1 zweiter Satz StPO wird gegebenenfalls zu beachten sein.

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