OGH 13Ns14/08z

OGH13Ns14/08z23.4.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. April 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Klaus als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr. Hans-Jürgen G***** und andere Verurteilte wegen des teils durch sonstigen Beitrag begangenen Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 13, 11 dritter Fall FinStrG, AZ 36 Hv 1102/01f des Landesgerichts Salzburg, über den Antrag des Dr. Friedrich D*****, einen Verfahrenshilfeverteidiger zu erhalten, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag des Dr. Friedrich D*****, zur Ausführung eines Antrags auf Erneuerung des Verfahrens AZ 36 Hv 1102/01f des Landesgerichts Salzburg einen Verfahrenshilfeverteidiger zu erhalten, wird abgewiesen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 19. Februar 2002, GZ 36 Hv 1102/01f-297, wurde ua Dr. Friedrich D***** des Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 13 FinStrG, teilweise als Beitragstäter nach § 11 dritter Fall FinStrG, schuldig erkannt. Eine dagegen von Dr. Friedrich D***** ua aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 12. Februar 2004, GZ 12 Os 95, 98/02, 106/03-22 (ON 305; vgl US 25 ff, 37 ff) zurückgewiesen.

Im Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 22. Februar 2007 (D***** gegen Österreich, Application no. 32407/04) wurde im Zusammenhang mit der langen Dauer des Verfahrens AZ 36 Hv 1102/01f des Landesgerichts Salzburg eine Verletzung des Art 6 Abs 1 MRK festgestellt.

In Betreff der Beschwerdebehauptung einer Verletzung von Art 6 Abs 3 lit d MRK zufolge unterbliebener Anhörung des von Dr. Friedrich D***** zur Vernehmung beantragten Zeugen Dr. G***** fand der EGMR angesichts der vom Obersten Gerichtshof mit ausführlicher Begründung (US 25 ff) bestätigten abweisenden Entscheidung des Erstgerichts keinen Hinweis, dass Rechte des genannten Beschwerdeführers in unzulässiger Weise beschränkt worden wären oder das Verfahren unfair gewesen sei (Rz 50).

Anlässlich seiner Anhörung zum Antrag der Generalprokuratur auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO wegen der vom EGMR festgestellten Konventionsverletzung strebt Dr. Friedrich D***** „eine Weiterung insofern" an, „als im Erneuerungsverfahren auch über die Frage der Grundrechtsverletzung gemäß Art 6 EMRK im Hinblick auf § 281 Abs 1 Z 4 Strafprozessordnung abgesprochen werde", und begehrte, ihm einen Verfahrenshilfeverteidiger beizugeben (§ 61 Abs 1 Z 7 und Abs 2 StPO).

Die gegenüber dem EGMR normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 Abs 1 und Abs 2 MRK (vgl auch Art 35 Abs 4 erster Satz MRK) gelten sinngemäß auch für Anträge auf Erneuerung des Strafverfahrens nach § 363a StPO, denen kein Erkenntnis des EGMR zugrundeliegt (13 Os 135/06m, EvBl 2007/154, 832; 11 Os 132/06f, EvBl 2008/8, 32). Zulässigkeitskriterium für eine Individualbeschwerde ist ua das Einhalten einer sechsmonatigen Frist nach der Entscheidung (Art 35 Abs 1 MRK).

In Ansehung des von Dr. Friedrich D***** relevierten Konventionsverstoßes wegen unterbliebener Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung liegt - wie erwähnt - keine eine solche Verletzung feststellende Entscheidung des EGMR vor.

Da Dr. Friedrich D***** die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers nicht innerhalb der für den von ihm angestrebten Individualantrag auf Erneuerung des Strafverfahrens nach § 363a Abs 1 StPO offen stehenden Frist von sechs Monaten nach Zustellung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofs vom 12. Februar 2004, GZ 12 Os 95, 98/02, 106/03-22 (mit welchem die aus Z 4 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen wurde) beantragt hat (§ 63 Abs 1 StPO), war der Antrag schon deshalb zufolge offenkundiger Aussichtslosigkeit der angestrebten Prozesshandlung abzuweisen.

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