OGH 14Os42/08w

OGH14Os42/08w15.4.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. April 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp und Hon.-Prof. Dr. Schroll und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Klaus als Schriftführer in der Strafsache gegen Ionut V***** und einen anderen Angeklagten wegen des teils im Versuchsstadium (§ 15 StGB) verbliebenen Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 (richtig:) vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Cornel N***** sowie die Berufung des Angeklagten Ionut V***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18. Dezember 2007, GZ 095 Hv 152/07d-31, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Cornel N***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Mitangeklagten Ionut V***** enthält, wurde Cornel N***** des teilweise im Versuchsstadium (§ 15 StGB) verbliebenen Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 (richtig:) vierter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 9. November 2007 in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Ionut V***** als Mittäter mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, jeweils durch Einbruch in Kraftfahrzeuge, indem er teils deren Scheiben einschlug, teils die Schlosszylinder abdrehte, im Einzelnen angeführten Verfügungsberechtigten in sechs Fällen insgesamt drei Navigationsgeräte, einen DVD-Player, zwei MP3-Player, ein Ladegerät, eine Pulsuhr, ein Federpenal, zwei Rucksäcke und Bargeld im Gesamtwert von zumindest 1.535 Euro weggenommen (I.) und in einem Fall nicht näher bezeichnete fremde bewegliche Sachen wegzunehmen versucht (II.).

Die dagegen aus den Gründen der Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht.

Widersprüchlich sind zwei Aussagen, wenn sie unter Einbeziehung von Erfahrungswerten als zueinander im Widerspruch stehend zu bewerten sind, somit nach den Denkgesetzen nicht nebeneinander bestehen können. Im Sinn der Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen zueinander im Widerspruch stehen.

Die Tatrichter stützten ihre Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten hinsichtlich sämtlicher ihm vorgeworfener Taten auf deren engen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang (zur selben Zeit in einer Tiefgarage), die Aussage des (Tat-)Zeugen Günther J***** sowie die Tatsache, dass „unmittelbar nach der Tat" - drei verschiedenen Geschädigten zuzuordnende - Teile der Diebsbeute bei den Angeklagten sichergestellt werden konnten, und erachteten demzufolge die - sämtliche Taten mit Ausnahme des Einbruchsdiebstahls zum Nachteil des Eigentümers eines bei der Festnahme bei Ionut V***** aufgefundenen Navigationsgerätes leugnende - Verantwortung des Cornel N***** für widerlegt. Dass der Verbleib der übrigen Diebsbeute nicht festgestellt werden konnte, hielten sie mit der Begründung für nicht geeignet, ihn zu entlasten, dass die Angeklagten „nicht unmittelbar nach Tatbegehung" verhaftet werden konnten, sondern (in den Minuten zwischen Betretung auf frischer Tat durch Günther J***** und Verständigung bzw. Eintreffen der Kriminalpolizei [US 8]) ausreichend Zeit hatten, die weiteren erbeuteten Gegenstände zu verstecken oder einem Mittäter zu übergeben (US 9 f).

Damit aber wurde - zulässig (vgl dazu Lendl, WK-StPO § 258 Rz 25 mwN) - aus einer geschlossenen Kette von mehreren Indizien ein Schluss auf die Täterschaft des Angeklagten gezogen. Weshalb dieser Gesetzen logischen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechen sollte, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen. Offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall), die der Beschwerdeführer im Rahmen der Subsumtionsrüge mit dem Einwand, dass „nicht von anderen, in der Umgebung getätigten Einbruchsdiebstählen darauf geschlossen werden kann, dass - ohne jeglichen Beweis - diese vom Zweitangeklagten getätigt wurden" (BS 3), ersichtlich aufzuzeigen versucht, liegt nicht vor.

Inwiefern die Erwägungen des Schöffengerichts im Sinne der Z 5 dritter Fall im Widerspruch zueinander oder zu der Feststellung, der Zeuge J***** habe (erst) „nach ein paar Minuten" die Polizei verständigt, stehen sollten, macht die Mängelrüge (Z 5) ebensowenig klar. Dass die Tatrichter den Begriff „unmittelbar nach der Tat" in Bezug auf die Sicherstellung eines Teils der Diebsbeute bei den Angeklagten verwendeten, obwohl zwischen deren Entdeckung und dem Eintreffen der Kriminalpolizei einige Minuten verstrichen (sie daher nach den weiteren Ausführungen „nicht unmittelbar nach Tatbegehung verhaftet werden konnten"), macht das Urteil mit Blick auf die eben dargestellte Gesamtheit der erstgerichtlichen Ausführungen zu diesem Themenkomplex nicht widersprüchlich im Sinne des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes (vgl dazu Ratz, WK-StPO § 281 Rz 440; 11 Os 130/07p).

Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) die Konstatierung, „die Angeklagten hatten bereits bei ihrer Einreise nach Österreich die Absicht, hier reihenweise Einbruchsdiebstähle zu begehen, um sich eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen", unter Hinweis auf die Verantwortung des Beschwerdeführers, wonach er gar nicht in Österreich bleiben, sondern nach Frankreich reisen wollte, in Frage stellt, vermag sie keine erheblichen Bedenken an der Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken. Gewerbsmäßige Absicht aber hat das Erstgericht - Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechend - aus dem objektiven Tatgeschehen, der professionellen Ausrüstung und Vorgangsweise der Angeklagten, der Vielzahl der Angriffe, der gezielten Wegnahme notorisch gut verwertbarer Gegenstände sowie der einschlägigen Vorstrafenbelastung abgeleitet (US 10 und 11), sodass dem Einwand auch unter dem Gesichtspunkt der Z 5 vierter Fall keine Berechtigung zukommt.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) verfehlt die gebotene Ausrichtung am Gesetz, das - abgesehen vom hier nicht aktuellen Fall eines Mangels an Feststellungen - bei Rechts- und Subsumtionsrügen die strikte Beachtung des Urteilssachverhalts und dessen Vergleich mit der angewendeten Rechtslage fordert (RIS-Justiz RS0099810). Die angestrebte rechtliche Konsequenz (hier: Änderung der rechtlichen Unterstellung) ist zudem nicht bloß zu behaupten, sondern methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten (RIS-Justiz RS0116569). Anstelle solcherart prozessordnungskonformer Argumentation begibt sich der Beschwerdeführer auf die Ebene der Bekämpfung der Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung, indem er bloß Teilaspekte der tatrichterlichen Argumentationskette zur Begründung der Annahme gewerbsmäßiger Absicht herausgreift, dazu die Ansicht vertritt, „von einem Beisichtragen von Handschuhen im Winter sowie einer Taschenlampe kann sicherlich nicht auf eine professionelle Ausrüstung und Vorgangsweise geschlossen werden" und daran die Behauptung rechtsfehlerhafter Annahme der Qualifikation des § 130 zweiter Fall StGB knüpft.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Dies hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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