OGH 17Ob5/08x

OGH17Ob5/08x8.4.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** S.p.A., *****, vertreten durch Dr. Gunter Griss und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei C***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Harald R. Jahn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Einwilligung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 36.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 23. November 2007, GZ 3 R 125/07k-18, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

1. Zwischen den Parteien bestand eine ständige Geschäftsbeziehung; die Klägerin war an der Beklagten beteiligt. Nach Punkt 12 des Gesellschaftsvertrags war die Beklagte verpflichtet, binnen einer bestimmten Frist einen Namensbestandteil der Klägerin aus ihrer Firma zu „eliminieren", wenn diese als Gesellschafterin ausscheide. Das sollte allerdings nicht gelten, wenn die Geschäftsbeziehung wegen eines „ausschließlich" von der Klägerin zu verantwortenden Verhaltens aufgelöst würde. Diese Klausel bezog sich nach dem erstinstanzlichen Prozessstandpunkt beider Parteien auf jede kennzeichenmäßige Nutzung der strittigen Zeichenfolge.

2. Nach Beendigung der geschäftlichen und gesellschaftsrechtlichen Beziehungen erhob die Klägerin mehrere Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren. Die diesen Begehren stattgebende Entscheidung des Berufungsgerichts beruht im Kern auf einer strengen Auslegung der strittigen Klausel. Zwar habe die Klägerin mangelhafte Leistungen erbracht. Nach den Ergebnissen eines Vorprozesses stehe aber rechtskräftig fest, dass die Beklagte auch unter Berücksichtigung dieser Mängel mit einem Teil des der Klägerin geschuldeten Entgelts im Verzug gewesen sei. Damit sei die Klägerin nicht ausschließlich für die Beendigung der Geschäftsbeziehung verantwortlich.

3. Die Beklagte stützt ihre Zulassungsbeschwerde auf die angeblich unrichtige Auslegung der strittigen Klausel. Das Berufungsgericht habe sich auf die „einfache Vertragsauslegung" nach dem Wortlaut der Urkunde beschränkt und nicht den diesbezüglichen „Willen der Parteien erforscht"; (auch) aus diesem Grund sei die Auslegung im Ergebnis unvertretbar.

Rechtliche Beurteilung

3.1. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, begründet nur dann eine erhebliche Rechtsfrage, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936; vgl auch RS0042776; zuletzt etwa 10 Ob 58/07p). Das gilt auch dann, wenn eine andere Auslegung ebenfalls vertretbar wäre (RIS-Justiz RS0112106 [T3, T4]).

3.2. Eine vom Inhalt einer Urkunde abweichende übereinstimmende Parteienabsicht, die als „natürlicher Konsens" Vorrang vor dem Wortlaut hätte (RIS-Justiz RS0017741), ist nur dann zu erforschen, wenn sie von einer der Parteien behauptet und unter Beweis gestellt wird (RIS-Justiz RS0017834; zuletzt etwa 1 Ob 204/07t). Die Beklagte hat in erster Instanz kein solches Vorbringen erstattet. Sie hat auch nicht behauptet, dass die Klägerin eine bestimmte Absicht ihres Mitgesellschafters, die sie erkennen konnte, widerspruchslos zur Kenntnis genommen habe (vgl RIS-Justiz RS0017915). Ebenso wenig hat sie ein konkretes Vorbringen zu bestimmten Umständen des Vertragsabschlusses erstattet, die für die Auslegung der Klausel maßgebend sein könnten (vgl RIS-Justiz RS0017915, RS0017902). Damit gab es zu diesen Punkten keine Tatsachenbehauptungen, zu denen die Vorinstanzen Beweise hätten aufnehmen müssen. Sekundäre Feststellungs- oder Verfahrensmängel liegen daher nicht vor.

3.3. Somit hatte das Berufungsgericht die Klausel allein aufgrund ihres Wortlauts auszulegen. Seine - strenge - Auffassung, dass schon die rechtskräftig festgestellte Vertragsverletzung der Beklagten die Annahme einer „ausschließlichen" Verantwortlichkeit der Klägerin verhindere, ist nicht unvertretbar. Das gilt ungeachtet der Tatsache, dass im Vorprozess der (weit) überwiegende Teil des Klagebegehrens wegen des Bestehens von Gegenforderungen abgewiesen wurde. Denn die Verwendung des schon seiner Natur nach restriktiven Begriffs „ausschließlich" lässt es als vertretbar erscheinen, nicht auf die (möglicherweise) überwiegende Verantwortung der Klägerin für das Scheitern der Geschäftsbeziehung abzustellen, sondern die „Eliminierungspflicht" schon bei einer auch geringfügigen Mitverantwortung der Beklagten anzunehmen. Das gilt um so mehr, als die Beklagte nach dem substantiell nicht bestrittenen Vorbringen der Klägerin auch Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag verletzt hat (Vorlage der Jahresabschlüsse an die Klägerin; vgl - zwischen denselben Parteien - 6 Ob 210/99x).

4. Die beantragte Berufungsverhandlung hat stattgefunden. Soweit die Beklagte eine Aktenwidrigkeit in Bezug auf die Markenrechte der Klägerin rügt, übersieht sie, dass sie das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin in erster Instanz nicht bestritten hat. Die Vorinstanzen konnten daher in diesem Punkt ein unbestrittenes Vorbringen annehmen, ohne dass es auf den Inhalt der Registerbestätigungen angekommen wäre. Aus diesem Grund ist es auch unerheblich, dass diesbezügliche Feststellungen zwar in der Urschrift des erstgerichtlichen Urteils vorhanden sind, in dessen Ausfertigung aber fehlten. Die noch strittigen Ansprüche finden im Übrigen in der „Eliminierungspflicht" der Klausel Deckung, die nach dem erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten jede kennzeichenmäßige Nutzung der strittigen Zeichenfolge erfasste. Der Revisionsstandpunkt, wonach zwischen verschiedenen Nutzungsarten (ua in der Domain der Beklagten) zu unterscheiden sei, ist daher eine unbeachtliche Neuerung. Wegen dieser vertraglichen Anspruchsgrundlage kommt es letztlich auch nicht auf die markenrechtlichen Erwägungen der Revision und des Berufungsgerichts an.

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