OGH 8Ob127/07w

OGH8Ob127/07w3.4.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Kuras, Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö***** AG, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Weissborn & Wojnar Kommandit-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei Gordana M*****, vertreten durch Burghofer & Pacher Rechtsanwälte GmbH in Wien, und die auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenientin K*****, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Entfernung eines Superädifikats, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 31. Juli 2007, GZ 41 R 121/07h-36, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Favoriten vom 9. März 2007, GZ 5 C 895/05w-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 732,23 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 122,04 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Urteil vom 9. 3. 2007 verpflichtete das Erstgericht die Beklagte, ein im Urteilsspruch näher bezeichnetes Superädifikat (2 Magazine samt Stiegen und Rampen im Bereich des Frachtenbahnhofs Wien Südbahnhof) von der im Eigentum der Klägerin stehenden Liegenschaft zu entfernen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Es vertrat ua die Rechtsauffassung, dass eine 1995 als Mieter der betroffenen Liegenschaft aufgetretene M***** GmbH & Co KG (in der Folge: KG), die nach einem Konkursverfahren im Jahr 1998 nicht mehr fortgeführt worden sei, schon vor ihrer Löschung im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit vollbeendet gewesen sei. Das Eigentum der Klägerin sei daher durch keinerlei Rechte Dritter beschränkt. Diese Rechtsauffassung sei durch Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof nicht gedeckt, sodass die ordentliche Revision zuzulassen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist nicht zulässig.

Die im Zulassungsausspruch umschriebene Rechtsfrage ist für die Entscheidung nicht von Relevanz:

Die Klägerin machte geltend, dass die Beklagte das Superädifikat titellos auf der Liegenschaft belasse. Es obliegt daher der Beklagten, einen Titel für die Belassung des Superädifikats geltend zu machen.

Die Beklagte, die in erster Instanz nicht bestritten hat, Eigentümerin des Superädifikats zu sein, machte dazu im Wesentlichen Folgendes geltend: Sie wisse nicht, ob der seinerzeitige Mietvertrag über die Liegenschaft vom Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der KG gekündigt worden sei; jedenfalls sei schon vor und erst recht nach der Konkurseröffnung kein Mietzins mehr an die Klägerin (bzw deren Rechtsvorgängerin) gezahlt worden. Die Beklagte sei nie mehr Mieterin geworden und habe auch keinerlei Zahlungsverpflichtung übernommen. Von 1998 bis 2005 sei das Superädifikat von der neu gegründeten G***** GmbH benützt worden, deren Geschäftsführerin die Beklagte war. In dieser Zeit sei es wiederholt zu Verhandlungen über einen Mietvertrag mit der Klägerin gekommen. Diese Verhandlungen seien aber von der Klägerin nicht ernsthaft betrieben worden, sodass die Beklagte darauf vertrauen habe können, dass die Klägerin auf Mietzinszahlungen verzichte und in die künftige unentgeltliche Nutzung des Superädifikats einwillige. Überdies machte die Klägerin geltend, sie habe die Dienstbarkeit, das Grundstück für das Superädifikat zu gebrauchen, ersessen. Zudem sei auf das Vertragsverhältnis zwischen Grundeigentümer und Eigentümer eines Superädifikats trotz des Umstands, dass seit Jahren kein Mietvertrag bestehe, das MRG anwendbar. Gemäß § 569 ZPO gelte daher das Vertragsverhältnis als fortgesetzt, weil die Klägerin erst 10 Jahre nach Auflösung des Mietvertrags die Räumungsklage eingebracht habe. Außerdem sei die Klägerin nicht aktiv klagelegitimiert, weil nicht sie, sondern die ÖBB Eigentümerin der Liegenschaft sei. Schließlich wendete die Beklagte die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein, weil die Entfernung des Superädifikats die Durchführung eines Verfahrens nach dem Eisenbahnentschädigungsgesetz voraussetze.

Die Beklagte hat daher das von ihr behauptete Recht, die Entfernung des in ihrem Eigentum stehenden Superädifikats zu verweigern, nie aus einem Mietvertrag zwischen der Klägerin und der (seit dem Konkurs im Jahr 1998 nicht mehr fortgeführten) KG abgeleitet. Vielmehr ging sie selbst in ihrem Vorbringen von einem „jahrelangen vertragslosen Zustand" (ON 9) aus. Für die von der zweiten Instanz angestellten Überlegungen, ob dem Räumungsbegehren der Klägerin ein nach wie vor bestehender Mietvertrag zwischen ihr und der KG entgegenstehe, bestand daher keine Veranlassung.

Richtig ist, dass die Beklagte unmittelbar vor Schluss der Verhandlung ohne nähere Erläuterung vorbrachte, dass der Mietvertrag mit der KG niemals aufgelöst worden sei und ein „gespaltenes Mietverhältnis" vorliege. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen mit ihren sonstigen Behauptungen nicht im Einklang steht, ist angesichts des festgestellten Sachverhalts nicht klar, was damit zum Ausdruck gebracht werden soll. Jedenfalls macht die Beklagte damit nicht in schlüssiger Weise geltend, dass bzw warum sie aufgrund eines angeblichen Mietvertrags über die Liegenschaft zwischen der Klägerin und einer dritten Gesellschaft, die überdies nach einem Konkurs seit mehr als 10 Jahren nicht mehr fortgeführt wird, zur Belassung des in ihrem Eigentum stehenden Superädifikats berechtigt sei. Auch in ihrer Berufung geht die Beklagte von einem „vertragslosen Zustand" (S 199) bzw davon aus, dass „seit 1998 ... überhaupt kein Mieter mehr vorhanden" sei. An anderer Stelle ihres Rechtsmittels macht sie allerdings - abermals in Widerspruch zu ihrem sonstigen Vorbringen - das Fehlen von Feststellungen geltend, ob der Mietvertrag zwischen der KG und der Klägerin aufgekündigt worden sei. Dass bzw warum sie aus einem angeblich zwischen der Klägerin und einer dritten Gesellschaft noch bestehenden Mietvertrag über die Liegenschaft das Recht zur Belassung des Superädifikats ableitet, führt sie aber auch in zweiter Instanz nicht aus.

Damit braucht aber auf die umfangreichen Ausführungen der zweiten Instanz, mit denen diese den Fortbestand des Mietvertrags der KG mit der Begründung verneint, dass die Gesellschaft seit Jahren vollbeendet sei, nicht eingegangen zu werden. Diese Frage ist daher von vornherein nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision zu begründen.

Auf die von ihr behaupte Unzulässigkeit des Rechtswegs kann sich die Beklagte im Revisionsverfahren ebenfalls nicht berufen: Da das Erstgericht diesen Einwand - wenn auch in den Gründen seines Urteils - verneint und auch das Berufungsgericht - abermals in den Urteilsgründen - die Zulässigkeit des Rechtswegs bejaht hat, ist der Oberste Gerichtshof an die übereinstimmenden Entscheidungen der Vorinstanzen gebunden (RIS-Justiz RS0039774). Diese Frage kann daher nicht mehr aufgegriffen werden.

Mit ihren weiteren Einwänden zeigt die Revisionswerberin ebenfalls keine Frage auf, die die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels rechtfertigen könnte:

Für ihre Behauptung, das Begehren auf Entfernung einer Servitut sei nicht gegen sie als Eigentümerin des Superädifikats durchsetzbar, bleibt die Revisionswerberin ebenso eine schlüssige Begründung schuldig, wie für ihre Ausführungen, dass unter den gegebenen Umständen das Bauwerk seine Eigenschaft als Superädifikat verloren habe und nunmehr nach den §§ 417 ff ABGB samt der entsprechenden Teile der Liegenschaft in ihrem Eigentum stehe.

Im Übrigen geht die Beklagte in der Revision abermals davon aus, dass es seit mehr als 10 Jahren keinen Mieter mehr gebe, dass aber die Klägerin diesen Umstand toleriert und daher ihren Räumungsanspruch verloren habe. Mit sämtlichen dazu vorgebrachten Argumenten (Ersitzung einer Dienstbarkeit, analoge Anwendung des § 569 ZPO) hat sich die zweite Instanz ausführlich auseinandergesetzt. Die dazu angestellten Überlegungen des Berufungsgerichts sind alles andere als unvertretbar.

Da die Revisionswerberin somit keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage aufzeigt, war die Revision als unzulässig zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO; die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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