OGH 12Os20/08w

OGH12Os20/08w13.3.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. März 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pulker als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Jihad T***** und Jaber S***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG aF und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Jaber S***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 23. Oktober 2007, GZ 27 Hv 186/07z-54, sowie über seine Beschwerde gegen den unter einem gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Beschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Freispruch des Angeklagten Jihad T***** enthaltenden Urteil wurde Jaber S***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG aF schuldig erkannt.

Danach hat er in Innsbruck und Graz den bestehenden Vorschriften zuwider im Zeitraum von etwa Ende Mai 2007 bis zum 15. Juni 2007 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Jihad T***** Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG aF), nämlich eine nicht mehr exakt quantifizierbare Menge von zumindest 750 g Marihuana mit einem durchschnittlichen THC-Reinsubstanzgehalt von mindestens 4 %, durch gewinnbringenden Verkauf an zahlreiche namentlich nicht bekannte Personen in Verkehr gesetzt, wobei er gewerbsmäßig handelte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*****; sie geht fehl.

Dem Vorwurf unvollständiger Begründung (Z 5 zweiter Fall) zuwider waren die Tatrichter nicht gehalten, sich gesondert mit der ursprünglichen Verantwortung des Angeklagten T***** vor der Polizei auseinanderzusetzen, hat er sie doch unmissverständlich bereits anlässlich seiner damaligen Vernehmung widerrufen (S 29/I). Außerdem hat das Erstgericht eben diesen, in der Hauptverhandlung im Wesentlichen wiederholten, den Angeklagten S***** entlastenden Angaben mit eingehender Begründung keinen Glauben geschenkt (US 10 f).

Da das Schöffengericht die Einlassung des Angeklagten S***** zur Gänze verworfen hat, war eine Erörterung ihrer Details ebenfalls nicht geboten.

Der Einwand der Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) infolge mangelnder Berücksichtigung von Widersprüchen zwischen der (schlussendlich gewählten) Verantwortung des Angeklagten T***** vor der Polizei und jener vor dem Untersuchungsrichter zum Ankaufspreis der beschafften Suchtgiftmengen verkennt das Wesen dieses Nichtigkeitsgrunds, der nur dann vorliegt, wenn im Urteil der eine entscheidende Tatsache betreffende Inhalt einer gerichtlichen Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergegeben wird. Überdies hält der Beschwerdeführer selbst nicht am Akteninhalt fest, hat der Erstangeklagte T***** vor dem Untersuchungsrichter doch - dem Beschwerdevorbringen zuwider in Übereinstimmung mit seinen früheren Angaben - ausdrücklich ausgeführt, ursprünglich Marihuana im Wert von 600 Euro gekauft, aber nur die Hälfte bezahlt zu haben, in der Folge dann mit dem Verkaufserlös von 3.000 Euro nach Graz gefahren zu sein und dort wieder Marihuana, und zwar 300 g, gekauft zu haben (S 161/I). Dass er den Betrag zur Gänze für den Ankauf verwendet hätte, lässt sich aus diesen Angaben - dem Standpunkt der Beschwerde zuwider - nicht ableiten.

Das Erstgericht hat die Feststellung eines auf das Inverkehrsetzen einer großen Suchtgiftmenge gerichteten bedingten Vorsatzes des Zweitangeklagten S***** keineswegs bloß auf das äußere Tatgeschehen, sondern - wie der Nichtigkeitswerber ohnedies selbst einräumt - auch auf dessen Erfahrung im Umgang mit Suchtgift gegründet. Außerdem ist der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wissen und Wollen nach den Grundsätzen logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen nicht zu beanstanden und überdies bei einem - wie hier - leugnenden Angeklagten in der Regel methodisch gar nicht zu ersetzen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452). Die behauptete offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) liegt daher nicht vor.

Auch die Ableitung der gewerbsmäßigen Absicht aus den innerhalb eines Zeitraums von zwei bis drei Wochen (vgl US 12 iVm 3 und 6 f) weitergegebenen nicht unbeträchtlichen Suchtgiftmengen bei festgestelltem - vom Nichtigkeitswerber jedoch außer Acht gelassenen - Vorsatz kontinuierlicher Tatbegehung (US 8, 12) und der vom Beschwerdeführer ebenfalls nicht berücksichtigten Einkommens- und Vermögenslosigkeit (US 12) ist aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.

Mit dem neuerlichen Hinweis auf die auch vor der Polizei wechselnde Verantwortung des Erstangeklagten T***** und dem spekulativen Einwand, dieser sei durch Vorhalte der Beamten, von denen nicht bekannt sei, ob sie durch neue Ermittlungsergebnisse bedingt waren, zu immer neuen geänderten belastenden Aussagen gebracht worden, werden ebenso wenig erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit entscheidungswesentlicher Feststellungen geweckt, wie mit der - die erstrichterliche Begründung vernachlässigenden - Behauptung, aus der Weitergabe von Kleinstmengen an massiv gestrecktem Suchtgift könne nicht auf eine gewerbsmäßige Tendenz geschlossen werden. Vielmehr unternimmt die Tatsachenrüge (Z 5a) den im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Versuch, die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen.

Der Sanktionsrüge (Z 11) zuwider hat das Schöffengericht die gewerbsmäßige Begehung keineswegs als erschwerend gewertet und damit auch nicht gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßen, sondern den Umstand neuerlicher gewerbsmäßiger Begehungsweise bei der Begründung der Verhängung einer gänzlich unbedingten Freiheitsstrafe berücksichtigt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, sodass die Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts fällt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO). Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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