OGH 8Ob141/07d

OGH8Ob141/07d28.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Herbert M*****, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Rudolf Vogrin, Rechtsanwalt, Triester Straße 15, 2620 Neunkirchen, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der L***** GesmbH, *****, und des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Dr. Werner Posch, Rechtsanwalt, Hauptstraße 37, 2640 Gloggnitz, als Masseverwalter im Konkurs der Firma Erwin H***** GmbH, *****, wegen Feststellung einer Konkursforderung (57.851,29 EUR sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. September 2007, GZ 1 R 99/07x‑157, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0080OB00141.07D.0228.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger beauftragte die nunmehrige Gemeinschuldnerin mit Baumeisterarbeiten. Vertragsgrundlage war unter anderem die Ö‑Norm 2060 idF vom 1. 1. 1983. Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren auf Feststellung einer Konkursforderung, gestützt auf Überzahlungen und Schadenersatz für die Behebung von Baumängeln mit der Begründung ab, dass der beklagten Partei offener Werklohn in einer die behauptete Konkursforderung übersteigenden Höhe aus der Schlussrechnung vom März 1997 als Gegenforderung zustehe.

Unstrittig ist, dass der Kläger keinerlei Zahlungauf die Schlussrechnung vorgenommen hat.

In seiner außerordentlichen Revision vertritt der Rechtsmittelwerber die Ansicht, dass Punkt 2.13.2. der Ö‑Norm A 2060 idF vom 1. 1. 1983 auf den vorliegenden Fall anwendbar sei.

Dieser lautet: „Die Annahme der Schlusszahlung aufgrund einer Schluss‑ oder Teilschlussrechnung schließt nachträgliche Forderungen für die vertragsgemäß erbrachten Leistungen aus, wenn nicht ein Vorbehalt in der Rechnung enthalten ist oder binnen sechs Wochen nach Erhalt der Zahlung schriftlich erhoben wird. Der Vorbehalt ist schriftlich zu begründen."

Nach ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0070863; 7 Ob 68/98w; 8 Ob 242/02z) ist die zitierte Bestimmung nach ihrem Wortlaut dahin zu verstehen, dass sie zwei verschiedene Tatbestände erfasst: 1. den Fall, dass der Auftragnehmer ‑ bewusst oder unbewusst - in der Schlussrechnung nicht alle Forderungen geltend gemacht hat, wobei der Vorbehalt dann schon in die Schlussrechnung aufgenommen werden muss, und 2. jenen Fall, dass der Auftraggeber vom Schlussrechnungsbetrag Abzüge vornimmt und entsprechend weniger bezahlt. Die sachliche Rechtfertigung dafür liegt im Zweck der Bestimmung, die Rechtslage bei Bauprojekten mit zumeist hohen Auftragssummen möglichst innerhalb kurzer Zeit zu klären. Dem Auftragnehmer, der die Schlussrechnung erstellt und der die vom Auftraggeber korrigierte und mit Gründen dafür versehene Schlussrechnung zurückgestellt und auch die verkürzte Schlussrechnung erhalten hat,ist es zumutbar, innerhalb von sechs Wochen nach Erhalt dieser Zahlung seine Vorbehalte gegen den Abzug schriftlich zu erheben, um seinen Anspruch auf Nachforderung des gekürzten Betrags nicht zu verlieren (7 Ob 68/98w).

Die Ausführungen des Rechtsmittelwerbers, dass keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage existiere, ob die zitierte Ö‑Norm‑Bestimmung auch dann anzuwenden sei, wenn der Empfänger einer Schlussrechnung in der Meinung, nichts mehr zu schulden, keinerlei Zahlung erbringe, vermag die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision nicht zu rechtfertigen.

Trotz Fehlen einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn die anzuwendende Norm selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (RZ 1994/45 S 138; 9 ObA 74/03b; 3 Ob 90/06s; RIS‑Justiz RS0042656). Ungeachtet des Umstands, dass die Geltung einer Ö‑Norm zwischen den Vertragspartnern zu vereinbaren ist, setzt sowohl der Wortlaut der zitierten Ö‑Norm‑Bestimmung als auch die dazu ergangene Rechtsprechung im hier allein relevanten zweiten Anwendungsfall die vorbehaltlose Annahme einer vom Auftraggeber gekürzten Zahlung aufgrund einer Schluss‑ oder Teilschlussrechnung voraus. Die vorbehaltlose Annahme einer „Nichtzahlung" kommt schon begrifflich nicht in Frage.

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts erweist sich somit jedenfalls als vertretbar.

Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

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