OGH 3Ob274/07a

OGH3Ob274/07a27.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Land Salzburg, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft S*****, wider die verpflichtete Partei Johann Q*****, vertreten durch Dr. Gernot Franz Herzog, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 234.000 EUR sA, infolge Rekurses und Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 11. Oktober 2007, GZ 53 R 328/07b-8, womit infolge Rekurses der verpflichteten Partei die Bezeichnung der betreibenden Partei berichtigt und der Beschluss des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg vom 1. August 2007, GZ 3 E 1829/07s-2, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Dem Rekurs gegen den Berichtigungsbeschluss wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die betreibende Partei „Stadtgemeinde S*****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft S*****" zu lauten hat.

Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei die mit 1.907,82 EUR (darin 317,97 EUR USt) bestimmten Rekurskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

2. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft S***** ordnete mit vollstreckbarem Bescheid vom 25. August 2005, Zahl 30.302/250-306/16-2005, die mit früheren Schreiben vom 2. Februar und 1. Dezember 2004 angedrohte Ersatzvornahme infolge Nichtbefolgung des Bescheids des Bürgermeisters der Stadtgemeinde S***** vom 27. November 2003 an und verpflichtete den Verpflichteten als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme bis zum 1. Oktober 2005 234.000 EUR bei der Bezirkshauptmannschaft S***** zu hinterlegen.

Zur Hereinbringung der Kapitalforderung von 234.000 EUR sowie der Antragskosten bewilligte das Erstgericht aufgrund des oben genannten Bescheids die Fahrnis- und Gehaltsexekution nach § 294a EO. Im Exekutionsantrag war als betreibende Partei die Bezirkshauptmannschaft S***** genannt.

Das Rekursgericht berichtigte aus Anlass des Rekurses des Verpflichteten von Amts wegen die Bezeichnung der betreibenden Partei auf Land Salzburg, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft S*****, und bestätigte die angefochtene Exekutionsbewilligung. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil das Rekursgericht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gefolgt sei. Die Bezirkshauptmannschaft S***** sei erkennbar als Vollstreckungsbehörde sowohl organisatorisch als auch funktionell in Vollziehung einer baupolizeilichen Anordnung für das Land Salzburg tätig geworden, sodass an diese juristische Person die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme zu leisten sei. Die Bezeichnung der betreibenden Partei sei daher zu berichtigen. Die Kosten der Vollstreckung fielen nach § 11 Abs 1 VVG dem Verpflichteten zur Last und seien gemäß § 3 VVG einzutreiben, wobei § 4 Abs 2 zweiter Satz VVG ausdrücklich bestimme, dass der Auftrag zur Vorauszahlung vollstreckbar sei. Bei einem von der Vollstreckungsbehörde nach § 4 Abs 2 VVG erlassenen Bescheid über eine Kostenvorauszahlung handle es sich nicht um eine Vollstreckungsverfügung, sondern um einen selbständigen Bescheid, mag sein rechtliches Schicksal auch durch die Akzessorietät gegenüber dem Titelbescheid (Vornahme von Baumaßnahmen) geprägt werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Verpflichteten gegen die zweitinstanzliche Berichtigung der Parteienbezeichnung ist zulässig und berechtigt; der außerordentliche Revisionsrekurs gegen die Bestätigung der erstinstanzlichen Exekutionsbewilligung ist nicht zulässig.

1.1 Die vom Rekursgericht von Amts wegen verfügte Berichtigung der Bezeichnung der betreibenden Partei ist ein erstinstanzlicher Beschluss, der mit Rekurs anfechtbar ist. Der außerordentliche Revisionsrekurs gegen die Exekutionsbewilligungen wäre nicht im Sinn des § 528 Abs 2 ZPO iVm § 78 EO absolut unzulässig, wenn ein Parteiwechsel herbeigeführt worden wäre. Dann liegt kein Konformatsbeschluss vor, weil Voraussetzung für die Bestätigung der Exekutionsbewilligung der vorgelagerte Berichtigungsbeschluss des Rekursgerichts ist, beide Entscheidungen daher in einem untrennbaren Sachzusammenhang stehen und die Exekutionsbewilligung des Rekursgerichts sich von derjenigen des Erstgerichts dadurch unterscheidet, dass nunmehr als betreibende Partei eine andere Partei Adressat der Entscheidung ist, weshalb in Wahrheit eine teilweise abändernde Entscheidung des Rekursgerichts vorliegt (vgl 3 Ob 122/06x). Hier wurde hingegen lediglich die Bezeichnung der betreibenden Partei berichtigt.

1.2 Die antragstellende Bezirkshauptmannschaft (Verwaltungsvollstreckungsbehörde) kann nicht betreibende Partei des Exekutionsverfahrens sein. Auch im Exekutionsverfahren ist die Parteifähigkeit eine Prozessvoraussetzung, die vom Bewilligungsgericht zu prüfen ist (3 Ob 161/06g = Zak 2007/210 mwN; RIS-Justiz RS0108524). Die Exekutionsordnung enthält keine Sonderregeln über die Parteifähigkeit, weshalb auf die Rechtsprechung zur ZPO zurückzugreifen ist, wonach Behörden und Ämter in Österreich keine Rechtspersönlichkeit haben und damit - abgesehen von hier nicht ersichtlichen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnungen - auch nicht parteifähig sind (3 Ob 161/06g mwN; RIS-Justiz RS0035127). Wenn die Vollstreckungsbehörde die Eintreibung einer Geldforderung zugunsten einer Gebietskörperschaft beim zuständigen Gericht veranlasst (§ 3 Abs 1 VVG), dann schreitet sie namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein (stRsp, RIS-Justiz RS0071571).

1.3 Der als Exekutionstitel herangezogene Bescheid ordnet die Vorauszahlung von 234.000 EUR zur Finanzierung der Ersatzvornahme an, weil der Verpflichtete die mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde (als örtliche Baubehörde) erteilten Auflagen (bau- und feuerpolizeilicher Natur) nicht erfüllt hat.

Die Baubehörde - gemäß § 22 Abs 1 lit a Sbg BaupolG 1997 der Bürgermeister im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde - hat den Eigentümer zur Behebung von Gebrechen aufzufordern (§ 20 Abs 4 Sbg BaupolG); analog geregelt sind Maßnahmen nach der Salzburger Feuerpolizeiordnung 1973 (§ 1 Abs 2; § 13, § 22 Abs 1). Dies entspricht den Kompetenzbestimmungen des Art 118 Abs 2 und3 B-VG, wonach der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde alle Angelegenheiten umfasst, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb örtlicher Grenzen besorgt zu werden, insbesondere etwa örtliche Baupolizei und örtliche Feuerpolizei (Art 118 Abs 3 Z 9 B-VG).

Berechtigte aus dem als Exekutionstitel herangezogenen Bescheid ist daher die Stadtgemeinde S*****, welche von der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft S***** vertreten wird. An diese (als Vertreterin der Berechtigten = betreibende Partei) ist nach dem Exekutionstitel (erkennbar) zu leisten („Zahlung an uns"). Die Bezeichnung der betreibenden Partei ist daher auf „Stadtgemeinde S*****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft S*****" zu berichtigen.

1.4 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO iVm § 78 EO.

2. Gegen die Bestätigung der Exekutionsbewilligung ist ein Revisionsrekurs gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO unzulässig.

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