OGH 14Os138/07m

OGH14Os138/07m19.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Februar 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp, Hon.-Prof. Dr. Schroll und Dr. Lässig und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wieltschnig als Schriftführerin in der Straf- und Medienrechtssache des Privatanklägers und Antragstellers Pero K***** gegen Dr. Marijan B***** als Angeklagten wegen des Vergehens nach § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB sowie den K***** Presseverein „H*****" als Antragsgegner wegen Anträgen nach §§ 6 ff MedienG, AZ 12 Hv 194/03g des Landesgerichts Eisenstadt, über den Antrag des Verurteilten Dr. Marijan B***** auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichts Eisenstadt vom 22. Juni 2004, GZ 12 Hv 194/03g-31, das auch Erkenntnisse gemäß §§ 6 Abs 1, 34 Abs 1 MedienG enthält, wurde Dr. Marijan B***** des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt und nach § 111 Abs 2 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. In der Privatanklage (ON 2) wurde ihm angelastet, durch die Verfassung des Artikels „Udba - Jugoslawiens Wächter" auf Seite 14 der periodischen Druckschrift „„H*****"" den Privatankläger Pero K***** dadurch einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung geziehen und/oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt zu haben, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen, dass er diesen Artikel mit den Textstellen

Rechtliche Beurteilung

Wie der Oberste Gerichtshof in seiner zu AZ 13 Os 135/06m (= EvBl 2007/154, 832) ergangenen Leitentscheidung (nachfolgend AZ 11 Os 132/06f = EvBl 2008/8, 32) dargelegt hat, gelten die gegenüber dem EGMR normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 Abs 1 und Abs 2 MRK sinngemäß auch für Anträge auf Erneuerung des Strafverfahrens nach § 363a StPO (vgl auch Art 35 Abs 4 erster Satz MRK).

Ein Zulässigkeitskriterium für die Befassung des EGMR durch Erhebung einer Individualbeschwerde ist das Einhalten einer sechsmonatigen Frist nach der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung (Art 35 Abs 1 MRK). Als solche kommt eine Entscheidung in Betracht, die letztinstanzlich infolge eines effektiven Rechtsmittels und in Bezug auf den Beschwerdegegenstand ergangen ist (Grabenwarter, Europäische Menschrechtskonvention³ § 13 Rz 35).

Vorliegend zieht der Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens die gesetzliche Beschränkung des Ausschlussgrundes des guten Glaubens bei Anwendung journalistischer Sorgfalt (§ 29 Abs 1 MedienG) auf Medienmitarbeiter (§ 1 Abs 1 Z 11 MedienG) als mit Art 10 MRK unvereinbar in Beschwerde.

Die Medienmitarbeitereigenschaft des Dr. Marijan B***** wurde letztinstanzlich mit dem - dem Vertreter des Verurteilten am 22. März 2005 zugestellten - Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 9. März 2005, AZ 17 Bs 291/04 (ON 49), verneint, indem sein darauf gerichtetes effektives Rechtsmittel (die Berufung wegen Schuld) verworfen wurde, sodass der am 31. August 2007 zur Post gegebene (beim Obersten Gerichtshof am 3. September 2007 eingelangte) Antrag nach § 363a StPO in Betreff dieser Entscheidung das Erfordernis rechtzeitiger Geltendmachung nicht erfüllt.

Der weiteren Behauptung einer Verletzung des Art 6 Abs 1 MRK zufolge unangemessen langer Dauer des Strafverfahrens ist zu erwidern, dass das Oberlandesgericht Wien einem diesbezüglichen Einwand des Dr. Marijan B***** folgend den besonderen Milderungsgrund des § 34 Abs 2 StGB in der die Straffrage abschließend klärenden Entscheidung vom 12. März 2007, AZ 18 Bs 47/06b (ON 61), ausdrücklich veranschlagt hat (BS 8; vgl Reindl, WK-StPO § 363a Rz 11) und es der Antragsteller unterlassen hat, deutlich und bestimmt vorzubringen, weshalb er dessen ungeachtet zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 363a StPO (noch) Opfer einer entsprechenden Grundrechtsverletzung gewesen sei (Art 34 MRK; Grabenwarter, aaO Rz 13, 15).

Der Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens war demnach in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 Z 3 StPO).

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