Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Mit Beschluss des Erstgerichts vom 16. 2. 2007 (ON 4) wurde der Minderjährigen gemäß § 382a EO beginnend mit 30. 1. 2007 ein vorläufiger monatlicher Unterhaltsbeitrag in Höhe von 105,40 EUR zuerkannt und der Vater der Minderjährigen zur Bezahlung dieser Beträge verpflichtet. Diese einstweilige Verfügung wurde dem Vater am 21. 2. 2007 und dem Vertreter der Minderjährigen am 20. 2. 2007 zugestellt und erwuchs am 7. 3. 2007 in Rechtskraft.
Bereits am 2. 3. 2007 beantragte die Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf als Vertreterin der Minderjährigen die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG und brachte vor, die Führung einer Exekution erscheine aussichtslos, weil kein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis des Vaters feststellbar sei.
Mit Beschluss vom 5. 3. 2007 (ON 7) gewährte das Erstgericht der Minderjährigen Unterhaltsvorschüsse gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG vom 1. 3. 2007 bis 28. 2. 2010 in Höhe von monatlich 105,40 EUR.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Nach seinen Ausführungen bildeten auch einstweilige Verfügungen nach § 382a EO Exekutionstitel im Sinn des § 1 EO und seien daher einer Vorschussgewährung nach §§ 3, 4 Z 1 UVG zugänglich. Voraussetzung für die Vorschussgewährung nach dieser Gesetzesstelle sei das Vorliegen eines im Inland vollstreckbaren Exekutionstitels, der einen eindeutig bestimmten Leistungsbefehl enthalten müsse. Auf die Rechtskraft und auf den Zeitpunkt der Bestätigung der Rechtskraft des Titels komme es hingegen nicht an. Die Vollstreckbarkeit einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382a EO sei mit ihrer Zustellung eingetreten. Da im Antrag der Minderjährigen auf Gewährung des Unterhaltsvorschusses gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG auch die notwendigen Behauptungen hinsichtlich der Unterhaltsrückstände und der Aussichtslosigkeit der Exekutionsführung enthalten seien, entspreche die vom Erstgericht mit Beschluss vom 5. 3. 2007 bewilligte Unterhaltsvorschussgewährung der Rechtslage.
Das Rekursgericht sprach zunächst aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Mit Beschluss vom 23. 11. 2007 ließ das Rekursgericht in Abänderung dieses Ausspruchs den ordentlichen Revisionsrekurs doch zu. Im Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien werde die Entscheidung 6 Ob 50/05d des Obersten Gerichtshofs vom 19. 5. 2005 zitiert, wonach ein Titelvorschuss gewährt werde, wenn eine Exekution nicht zur vollen Deckung geführt habe (§ 3 Z 2 UVG) oder wenn eine Exekution aussichtslos sei (§ 4 Z 1 UVG). Die Vorschussgewährung nach § 4 Z 5 UVG sei an diese Voraussetzungen nicht gebunden. Es sei auch nicht erforderlich, dass die einstweilige Verfügung rechtskräftig sei oder dass ein Bedarf nachgewiesen werde. Aus dieser Entscheidung könnte man den Schluss ziehen, dass im Gegensatz dazu bei einer Vorschussgewährung nach §§ 3, 4 Z 1 UVG die Rechtskraft der einstweiligen Verfügung doch Voraussetzung sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien ist aus dem genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Der Revisionsrekurswerber macht unter Bezugnahme auf die zitierte Entscheidung 6 Ob 50/05d vom 19. 5. 2005 im Wesentlichen geltend, dass für eine Vorschussgewährung nach §§ 3, 4 Z 1 UVG - anders als für eine Vorschussgewährung nach § 4 Z 5 UVG - die Rechtskraft des Unterhaltstitels Voraussetzung sei. Da diese Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht erfüllt sei, sei die Vorschussgewährung zu Unrecht erfolgt.
Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:
Im vorliegenden Fall war der Antrag auf die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG gerichtet. Nach dieser Gesetzesstelle sind Vorschüsse zu gewähren, wenn für den gesetzlichen Unterhaltsanspruch ein im Inland vollstreckbarer Exekutionstitel besteht (§ 3 Z 1), aber die Führung einer Exekution nach § 3 Z 2 aussichtslos erscheint, besonders weil im Inland ein Drittschuldner oder ein Vermögen, dessen Verwertung einen die laufenden Unterhaltsbeiträge deckenden Ertrag erwarten lässt, nicht bekannt ist. Nach dieser Gesetzesstelle hängt die Gewährung von Vorschüssen auf gesetzliche Unterhaltsansprüche somit zunächst vom Vorliegen eines im Inland vollstreckbaren Exekutionstitels ab. Auch einstweilige Verfügungen nach § 382a EO bilden einen Exekutionstitel im Sinn des § 1 EO und sind damit nicht nur einer Vorschussgewährung nach § 4 Z 5 UVG, sondern auch einer solchen nach § 3 Z 1 UVG zugänglich (Neumayr in Schwimann, ABGB³ I § 3 UVG Rz 6 mwN). Der Gesetzgeber stellt in § 3 Z 1 UVG ausdrücklich auf die Vollstreckbarkeit - und nicht auf die Rechtskraft - des Titels ab. Daraus folgt, dass es bei einem nach dieser Gesetzesstelle zu bevorschussenden Titel nicht auf dessen Rechtskraft und erst recht nicht auf den Zeitpunkt der Bestätigung der Rechtskraft ankommt, sondern auf den Eintritt der Vollstreckbarkeit (Neumayr aaO § 3 UVG Rz 10 mwN; Haselberger, UVG § 3 Anm 1; EFSlg 66.578 [LGZ Wien] ua). Da es sich bei der Entscheidung über den Antrag eines Minderjährigen auf Gewährung vorläufigen Unterhalts nach § 382a EO um eine einstweilige Verfügung im Sinne der §§ 378 ff EO handelt und daher in verfahrensrechtlicher Hinsicht, auch wenn die einstweilige Verfügung im Rahmen eines außerstreitigen Verfahrens erlassen wird, grundsätzlich die Vorschriften der EO gelten, kommt auch die Bestimmung des § 67 EO zur Anwendung, wonach, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Beschlüsse schon vor Ablauf der Rekursfrist in Vollzug gesetzt werden können (Abs 1) und einem Rechtsmittel hemmende Wirkung nur in den im Gesetz bezeichneten Fällen zukommt (Abs 2). Ausnahmebestimmungen im Sinn des § 67 EO sind für einstweilige Verfügungen nach § 382a EO nicht gegeben, weshalb auch sie grundsätzlich vom Zeitpunkt deren Wirksamkeit, das heißt von ihrer Zustellung an, vollstreckbar sind (Angst/Jakusch/Mohr, EO14 § 382a E 30 mwN; Jakusch in Angst, EO § 67 Rz 1 ua).
Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung ist es daher nicht von Bedeutung, dass der der Vorschussgewährung zu Grunde liegende Unterhaltstitel (einstweilige Verfügung nach § 382a EO) im Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz noch nicht in Rechtskraft erwachsen war. Es war vielmehr ausreichend, dass die einstweilige Verfügung im Zeitpunkt der Vorschussgewährung durch das Erstgericht bereits zugestellt und somit wirksam (vollstreckbar) war. Ein anderes Ergebnis lässt sich auch aus der im Revisionsrekurs zitierten Entscheidung 6 Ob 50/05d nicht ableiten, zumal dieser Entscheidung eine Vorschussgewährung nach § 4 Z 5 UVG zu Grunde lag und daher die Voraussetzungen für die hier beantragte Vorschussgewährung nach §§ 3, 4 Z 1 UVG nicht zu beurteilen waren.
Aus diesen Erwägungen war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.
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