OGH 13Os156/07a

OGH13Os156/07a16.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Jänner 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pulker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rudolf K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8. Oktober 2007, GZ 075 Hv 68/07d-71, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf K***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB (I) sowie der Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB (II), des Hausfriedenbruchs nach § 109 Abs 3 Z 1 StGB (III/A), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (III/B) und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB (III/C) schuldig erkannt.

Danach hat er

(I) in Hollabrunn, Korneuburg und Wien gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz andere unter Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zu Handlungen verleitet, die diese oder Dritte mit insgesamt rund 11.700 Euro am Vermögen schädigten, nämlich

A) in der Zeit vom Februar 1998 bis zum Jahr 2005 in 29 Angriffen

Angestellte im Urteilstenor genannter Unternehmen durch schriftliche Bestellungen, teils „unter Angabe falscher Namen, sohin unter Verwendung falscher Urkunden" zur Übersendung von Waren und zu anderen Leistungen,

B) in der Zeit vom Juli 2004 bis zum August 2005 Angestellte im Urteilstenor genannter Unternehmen durch „teilweise unter Angabe falscher Namen" vorgenommene „schriftliche oder telefonische Bestellungen" zur Übersendung von Waren und zu anderen Leistungen und

C) im Frühjahr 2005 Wilhelm M***** durch das Versprechen, er werde

zumindest die auf einen Anschluss entfallenden Kosten zahlen, zum Abschluss dreier Mobiltelefonverträge (Schaden: 2.400 Euro), (II) am 15. Dezember 2005 in Wien ein Mobiltelefon im Wert von 399 Euro der Marianne W***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen sowie

(III) am 8. April 2007 in Wien

A) den Eintritt in die Wohnung der Jana R***** mit Gewalt erzwungen,

wobei er gegen die dort befindliche Wohnungsinhaberin und Joanna T***** Gewalt zu üben beabsichtigte,

B) die Eingangstür zur Wohnung der Jana R***** beschädigt und

C) Joanna T***** dadurch, dass er sie etwa zwei Minuten lang würgte

und ihr einen Faustschlag ins Gesicht versetzte, ein Kehlkopftrauma mit Würgespuren an der Halsaußenseite sowie Schwellungen im Bereich des Kehlkopfinneren, eine Zerrung der Halswirbelsäule und eine Prellung der rechten Jochbeinregion, sohin insgesamt eine an sich schwere Körperverletzung zugefügt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt. Den tatsächlichen Bezugspunkt bildet dabei die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen, zu deren Verdeutlichung das Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) herangezogen werden kann. Von diesem Gesamtzusammenhang ausgehend ist zur Geltendmachung eines aus Z 9 oder Z 10 gerügten Fehlers klarzustellen, aus welchen ausdrücklich zu bezeichnenden Tatsachen (einschließlich der Nichtfeststellung von Tatsachen) welche rechtliche Konsequenz (§§ 259, 260 Abs 1 Z 2 StPO) hätte abgeleitet werden sollen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584).

Diesen Kriterien wird die Rechtsrüge nicht gerecht, indem sie die jeweils bezughabenden Urteilsfeststellungen übergeht oder nicht darlegt, welche konkreten (darüber hinausgehenden) Konstatierungen vermisst werden:

Der Einwand fehlender Feststellungen zur voluntativen Vorsatzkomponente hinsichtlich der Faktengruppe I setzt sich über die Urteilsannahmen hinweg, wonach sich der Beschwerdeführer damit abfand, die Angestellten der geschädigten Unternehmen durch Täuschung über Tatsachen zu vermögensschädigenden Handlungen zu verleiten, er sich unrechtmäßig bereichern wollte und es ihm bei der Tatbegehung darauf ankam, sich durch wiederholte gleichartige Delinquenz ein regelmäßiges Zusatzeinkommen zu verschaffen (US 13). Zu I/C lässt die Beschwerde die tatrichterliche Konstatierung außer Acht, nach der der Angeklagte im Zeitpunkt der Täuschung nicht in der Lage war, die Rechnungen zu begleichen (US 14). Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass das Erstgericht insoweit auch von der Vortäuschung der Zahlungswilligkeit ausgegangen ist (US 14), womit der darüber hinausgehenden Täuschung über die Zahlungsfähigkeit keine Schuld- oder Subsumtionsrelevanz zukommt.

Die Beschwerdekritik unzureichender Feststellungen zur subjektiven Tatseite hinsichtlich des Schuldspruchs II übergeht die Konstatierung, dass sich der Beschwerdeführer durch die Zueignung des Mobiltelefons unrechtmäßig bereichern wollte (US 14 f). Die Prämisse, die angefochtene Entscheidung enthalte zum Schuldspruch III/A keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite, ignoriert die Urteilsannahmen, wonach es dem Beschwerdeführer bewusst war, gegen den Willen der Jana R***** in deren Wohnung einzudringen, und es ihm darauf ankam, gegen die in der Wohnung aufhältigen Frauen Gewalt zu üben (US 16).

Bei der Behauptung fehlender Konstatierungen zum Kausalitätszusammenhang zwischen den dem Schuldspruch III/B zugrunde liegenden Handlungen und der Beschädigung der Eingangstür zur Wohnung der Jana R***** vernachlässigt die Rüge die Urteilsannahmen, wonach sich die Tür „seit diesem Vorfall" nur mehr schließen lässt, wenn sie abgesperrt wird, und der Beschwerderführer es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass durch das Treten gegen die Tür Beschädigungen an derselben entstehen (US 16).

Der Einwand fehlender Feststellungen zur subjektiven Tatseite hinsichtlich des Schuldspruchs III/C lässt die Konstatierung, dass sich der Beschwerdeführer mit Verletzungsfolgen abgefunden hat (US 16), außer Acht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte