Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Antragsteller begehrt die Vormerkung des Eigentumsrechts ob der bücherlich dem Dipl.-Ing. Kurt D***** zugeschriebenen 440/10000 und 5030/10000-Anteile (B-LNR 11 und B-LNR 21) der Liegenschaft EZ ***** auf Grund des Protokolls des Gerichtskommissärs Dr. Robert Löffler vom 14. 5. 2007 über das am 11. 5. 2007 abgeschlossene Erb- und Pflichtteilsübereinkommen, GZ 1 A 211/05p.
Das Erstgericht wies den Grundbuchsantrag ab.
Erbserklärte Erben seien nur mit abhandlungsgerichtlicher Genehmigung berechtigt, über Liegenschaften des Erblassers vor Einantwortung bücherlich zu verfügen und beim Grundbuchsgericht einzuschreiten. Eine bücherliche Einverleibung bzw Vormerkung und somit der (bedingte) Rechtserwerb auf Grund eines Erbteilungsübereinkommens könne erst nach der Einantwortung erfolgen. Das Erbteilungsübereinkommen vor der Einantwortung bilde den Titel. Die Vollendung des Rechtserwerbs sei durch die Einantwortung aufschiebend bedingt, die Vornahme entsprechender Verfügungsgeschäfte (Verbücherung) notwendig.
Außerdem stehe die Gültigkeit des vorgelegten Erbübereinkommens unter der Bedingung, dass die unter Punkt V genannten Übertragungserklärungen zu Gunsten der beiden Noterben zumindest im Weg der Vormerkung erfolgten.
Das hindere eine Stattgebung des Grundbuchsgesuchs. Einem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.
Es ging in rechtlicher Hinsicht davon aus, dass der Titel zum Erwerb der Liegenschaftsanteile für den Antragsteller eine vor dem Gerichtskommissär zu Protokoll gegebene Vereinbarung über Pflichtteilsansprüche im Sinn des § 181 Abs 3 AußStrG sei. Diese bilde grundsätzlich einen tauglichen Titel für die Übertragung des Eigentums an einer Liegenschaft von der noch nicht eingeantworteten Verlassenschaft an den pflichtteilsberechtigten Antragsteller. Allerdings bedürfe eine solche Vereinbarung zu ihrer Wirksamkeit gemäß § 810 Abs 2 ABGB der Genehmigung des Verlassenschaftsgerichtes, weil sie nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehöre. Die Übertragung einer bestimmten Liegenschaft aus der noch nicht eingeantworteten Verlassenschaft an einen Noterben bilde zweifellos eine Veräußerung einer Sache aus dem Verlassenschaftsvermögen. Der Verbücherung des Grundbuchsgesuchs stehe überdies entgegen, dass die Vertragsparteien unter Punkt VII. die Gültigkeit ihrer Vereinbarung von einer unklaren Bedingung abhängig gemacht hätten, nämlich davon, dass die unter Punkt V. bezeichneten Übertragungserklärungen zu Gunsten der Noterben zumindest im Weg der Vormerkung erfolgten. Im Fall der Einräumung eines Rechts unter einer aufschiebenden Bedingung müsse der Eintritt der Bedingung dem Grundbuchsgericht urkundlich nachgewiesen werden. Im Hinblick auf diese in Punkt VII. vereinbarte inhaltlich unklare Bedingung - es sei nicht Aufgabe des Grundbuchsgerichts, Überlegungen darüber anzustellen, welche Bedingung die Parteien tatsächlich hätten vereinbaren wollen - sei das Begehren des Antragstellers auch durch den Urkundeninhalt nicht begründet.
Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage vorliege, ob ein Pflichtteilsübereinkommen im Sinn des § 181 Abs 3 AußStrG einer abhandlungsbehördlichen Genehmigung nach § 810 Abs 2 ABGB bedürfe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers, in dem zusammengefasst geltend gemacht wird, § 181 AußStrG stelle eine abschließende Regelung dar, die eine Zustimmung des Pflegschaftsgerichts, nicht aber des Verlassenschaftsgerichts regle. Insofern sei § 810 Abs 2 ABGB durch die Regelung des § 181 AußStrG materiell derogiert. Mit der Bestimmung des § 181 AußStrG sei dem Gerichtskommissär das Imperium übertragen worden, jede nachlassveranlasste Einigung, sei es über eine Erbteilung, sei es über die Befriedigung eines Pflichtteilsanspruchs in eine Gestaltungsform kleiden zu dürfen, die von ihrer Rechtswirkung einem gerichtlichen Vergleich entspreche. Zweck des neuen Verlassenschaftsverfahrens sei es, weitere Gerichtshandlungen an die Gerichtskommissäre auszugliedern. Hätte der Gesetzgeber eine - weitere - Genehmigungskompetenz durch das Verlassenschaftsgericht schaffen wollen, so wäre dies in § 181 AußStrG normiert worden. Die Ausgliederung der Gerichtskompetenz an Notare als Gerichtskommissäre durch § 181 AußStrG wäre wohl misslungen, wenn inkonsequenterweise eine weitere Gerichtskompetenz, nämlich die des Verlassenschaftsgerichts belassen worden wäre. Die Mitwirkung des Notars als Gerichtskommissär ersetze diesfalls die Zustimmung des Verlassenschaftsgerichts. § 810 Abs 2 ABGB sei nicht anzuwenden. Überdies liege keine „Veräußerung" im Sinn des § 810 Abs 2 ABGB vor, wenn Ansprüche Pflichtteilsberechtigter befriedigt würden. So wäre auch eine Befriedigung der Ansprüche Pflichtteilsberechtigter durch Zahlung aus einem nachlassgegenständlichen Barvermögen keineswegs genehmigungspflichtig. Auch sei die Abfindung eines Pflichtteilsberechtigten mit Teilen des Verlassenschaftsvermögens eine geradezu typische Abwicklungshandlung der Verlassenschaft, die deshalb dem ordentlichen Wirtschaftsbetrieb zuzurechnen sei. Was die im Erbübereinkommen enthaltene Bedingung (Punkt VII.) betreffe, stelle die Verweisung auf Punkt V statt Punkt IV. einen offensichtlichen Schreibfehler dar. Der Wortlaut der Bedingung sei klar und unmissverständlich: Die Parteien wollten die Geltung des Erbübereinkommens unter die Geltung des Verfügungsgeschäftes stellen. Damit stehe nicht das Verfügungsgeschäft der Liegenschaftsübertragung unter einer Bedingung, sondern die Gültigkeit des Übereinkommens stehe unter der Bedingung der erfolgten Vormerkung. Damit sei die in § 94 Abs 1 Z 3 GBG geforderte Klarheit gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
§ 181 AußStrG, in Kraft getreten mit 1. 1. 2005, lautet:
Abs 1: Mehrere Erben können vor der Einantwortung ihre Vereinbarung über die Erbteilung oder die Benützung der Verlassenschaftsgegenstände auch beim Gerichtskommissär zu Protokoll geben. Derartigen Vereinbarungen kommt die Wirkung eines vor Gericht geschlossenen Vergleichs zu.
Abs 2: Sind Pflegebefohlene beteiligt, so bedarf die Vereinbarung der Genehmigung durch das Pflegschaftsgericht.
Abs 3: Die vorstehenden Bestimmungen gelten sinngemäß auch für auf die Verlassenschaft bezogene Vereinbarungen mit sonstigen am Verlassenschaftsverfahren beteiligten Personen.
Zutreffend hat das Rekursgericht die zwischen dem Antragsteller und der Verlassenschaft getroffene, vom Notar protokollierte Vereinbarung eines Pflichtteilsübereinkommens als eine Vereinbarung im Sinn des § 181 Abs 3 AußStrG beurteilt. Im Zuge einer Verlassenschaftsabhandlung können auch sonstige Beteiligte, nicht nur Erben, sondern etwa Vermächtnisnehmer oder Noterben zu einer Einigung über Rechte kommen und in Erweiterung der Zuständigkeit des Gerichtskommissärs vor diesem eine entsprechende Einigung zu Protokoll geben, was die Wirkung eines vor Gericht geschlossenen Vergleichs hat. Solche Vereinbarungen bedürfen, wenn sie mit Pflegebefohlenen abgeschlossen werden, zu ihrer Rechtswirksamkeit der Genehmigung des Pflegschaftsgerichts (Abs 2). Die Notwendigkeit einer Genehmigung durch das Verlassenschaftsgericht ist in § 181 AußStrG nicht ausdrücklich geregelt.
Mit dem Familien- und Erbrechtsänderungsgesetz 2004 (FamErbRÄG, BGBl I 2004/58), ebenfalls am 1. 1. 2005 in Kraft getreten, wurde § 810 Abs 2 ABGB über die Verwaltung der Verlassenschaft vor Einantwortung dahingehend neu geregelt, dass Verwaltungs- und Vertretungshandlungen vor Abgabe von Erbantrittserklärungen zur gesamten Verlassenschaft sowie alle Veräußerungen von Gegenständen aus dem Verlassenschaftsvermögen der Genehmigung des Verlassenschaftsgerichts bedürfen, wenn sie nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Handlung für die Verlassenschaft offenbar nachteilig wäre.
Es ist also zu untersuchen, ob die Übertragung einer im Eigentum der Verlassenschaft stehenden Liegenschaft zur Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs vor Einantwortung zum einen eine Veräußerung im Sinn des § 810 Abs 2 ABGB darstellt, und zum anderen, ob damit der Bereich des ordentlichen Wirtschaftsbetriebs verlassen wird. Ist beides zu bejahen, bedarf es zufolge der klaren Anordnung des § 810 Abs 2 ABGB der Zustimmung des Verlassenschaftsgerichts. Dass die Übertragung von Eigentum an einer Nachlassliegenschaft zur Abgeltung eines Pflichtteilsanspruchs eine „Veräußerung während der Abhandlung" ist, hat der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit Fragen des § 178 AußStrG aF bereits bejaht (vgl 3 Ob 205/02x). IdS wurde schon früher die Übertragung eines Unternehmens auf Noterben zur Berichtigung des Pflichtteils als Veräußerung gewertet (vgl 5 Ob 98/87 = WoBl 1988/34 = EvBl 1989/30 = MietSlg 40.286). Daher ist auch eine Vereinbarung nach § 181 Abs 3 AußStrG, mit der einem Noterben das Eigentumsrecht an einer Nachlassliegenschaft übertragen wird, als Veräußerung von Gegenständen aus dem Verlassenschaftsvermögen gemäß § 810 Abs 2 ABGB zu qualifizieren. Eine solche Veräußerung gehört auch nicht zum gewöhnlichen Wirtschaftsbetrieb. Selbst wenn man die Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen zum gewöhnlichen Wirtschaftsbetrieb einer Verlassenschaft zählt, sind diese doch - vom hier nicht vorliegenden Fall abgesehen, dass der Erblasser anderes verfügt - auf Geld gerichtet (§§ 775 f ABGB). Die Befriedigung solcher, schon mit dem Tod des Erblassers fälligen (vgl Welser in Koziol/Welser13, 545f) Ansprüche aus dem Barvermögen der Verlassenschaft sind von der Genehmigungsbedürftigkeit des § 810 Abs 2 ABGB nicht erfasst. Die Veräußerung von Nachlassliegenschaften durch die Erben, auch wenn sie an Zahlungs statt erfolgt, stellt aber schon wegen eines möglichen Wertmissverhältnisses und wegen eines möglichen Bedarfs der Verlassenschaft gerade an dieser Liegenschaft keine Maßnahme des ordentlichen Wirtschaftsbetriebs mehr dar. Sie bedarf daher stets einer gerichtlichen Genehmigung (vgl Kodek, Grundbuchsrecht Rz 122 zu § 94 GBG; Spitzer, Benützung, Verwaltung und Vertretung des Nachlasses, NZ 2006, 33).
Zusammenfassend gilt daher, dass eine beim Gerichtskommissär vor der Einantwortung zu Protokoll gegebene Vereinbarung über die Übertragung von Nachlassliegenschaften als Abgeltung von Pflichtteilsansprüchen der Genehmigung des Pflegschaftsgerichts nach § 810 Abs 2 ABGB bedarf.
Dass § 181 Abs 2 AußStrG nur von einer Genehmigung durch das Pflegschaftsgericht spricht, soll nur klarstellen, dass anders als nach bisheriger Rechtslage keine Teilung der Kompetenz mehr zwischen einer Genehmigung „in einfacheren Fällen", die das Verlassenschaftsgericht bisher selbst vornehmen konnte, und anderen Fällen, die stets vom Pflegschaftsgericht zu genehmigen waren, vorgesehen ist (vgl RV abgedruckt in Fucik/Kloiber, AußStrG 516). Über das Erfordernis anderer behördlicher Bewilligungen zur Rechtswirksamkeit einer Vereinbarung nach § 181 Abs 1 oder 3 AußStrG, etwa einer Grundverkehrsbehörde oder hier des Verlassenschaftsgerichts, ist damit nichts ausgesagt. Auch dass nach § 181 Abs 1 AußStrG einem derartigen Übereinkommen Vollstreckbarkeitswirkung zuerkannt wird, bedeutet nicht den Entfall der Notwendigkeit der Einholung gerichtlicher oder behördlicher Genehmigungen, um die Rechtswirksamkeit herzustellen und die Voraussetzungen des § 94 Abs 1 Z 4 GBG zu schaffen. Auch der weitere vom Rekursgericht angenommene Abweisungsgrund liegt vor. Nach der in Protokollpunkt VII. enthaltenen Regelung steht „die Gültigkeit dieses Erbübereinkommens (...) unter der Bedingung, dass die unter Punkt V. genannten Übertragungserklärungen zu Gunsten der beiden Noterben Brigitte E***** und Dr. Peter D***** zumindest im Wege der Vormerkung (§ 8 Ziff 2 GBG) erfolgen". Der Verweis auf Punkt V, der keine „Übertragungserklärungen", sondern eine Vollmachtserteilung enthält, mag ein Schreibfehler sein und sich auf den die Aufsandungserklärungen enthaltenden Punkt IV beziehen. Auch dann bleibt aber die genannte „Bedingung" und deren Relevanz für die Geltung des Erb- und Pflichtteilsübereinkommens als Eintragungsgrundlage unklar. Einerseits wird die Gültigkeit des gesamten Erb- und Pflichtteilsübereinkommens von einer erfolgreichen Vormerkung der darin vorgesehenen Liegenschaftsübertragungen abhängig gemacht und andererseits soll das Erb- und Pflichtteilsübereinkommen gerade dafür Eintragungsgrundlage sein, was dessen Gültigkeit aber voraussetzt. Eine Auslegung zu finden, die besagte „Bedingung" sinnvoll erscheinen lässt, ist nicht Aufgabe des Grundbuchsgerichts. Auch die zu begründeten Zweifeln Anlass gebende Bedingung laut Protokollpunkt VII stellt daher einen Abweisungsgrund dar (RIS-Justiz RS0060573; RS0060878).
Aus den dargestellten Gründen war dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen.
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