Spruch:
Beiden Revisionen wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts in der Hauptsache wiederhergestellt wird. Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der erstbeklagten Partei die mit EUR 13.871,77 (darin EUR 1.454,69 USt und EUR 5.143,60 Barauslagen) und der zweitbeklagten Partei die mit EUR 8.728,17 (darin EUR 1.454,69 USt) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagten waren Miteigentümer einer Liegenschaft mit einem darauf befindlichen Wohn- und Geschäftshaus. Da sich das Haus in einem desolaten Zustand befand, wurden den Beklagten vom Baurechtsamt der Stadtgemeinde Instandsetzungsarbeiten aufgetragen. Da sie die Instandsetzungsarbeiten nicht durchführten, wurden sie mit Bescheid zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von ATS 1,691.880,-- (= EUR 122.953,71) verpflichtet. Zur Hereinbringung dieses Betrags führte die Stadtgemeinde in der Folge Exekution durch Zwangsversteigerung der Liegenschaft. Der im Exekutionsverfahren bestellte Sachverständige schätzte das Haus unter Berücksichtigung des bestehenden desolaten Zustands zunächst auf EUR 327.951,--. Das Exekutionsgericht gab vorerst den vom Sachverständigen ermittelten Schätzwert bekannt. Nach entsprechenden Einwendungen der betreibenden Partei wurde die Schätzwertbekanntgabe abgeändert und den Parteien mit Beschluss der neue Schätzwert von EUR 432.460,-- bekannt gegeben. Zur Begründung führte das Exekutionsgericht im Wesentlichen aus, von der betreibenden Partei sei zutreffend darauf verwiesen worden, dass im Falle einer Verwertung die Instandsetzungskosten aus dem Meistbot abzudecken sein würden, sodass ein Ersteher mit dieser Belastung nicht zu rechnen habe. Der Verkehrswert erhöhe sich daher um EUR 122.953,-- (abzüglich 15 % lt. Punkt 3.8 des Gutachtens). Das geringste Gebot wurde daraufhin im Versteigerungsedikt mit EUR 216.230,-- festgesetzt. Um diesen Betrag ersteigerten die Kläger die Liegenschaft. Im Verteilungsbeschluss wurde der Stadtgemeinde ihre betriebene Forderung von EUR 122.953,71 und den Beklagten die verbleibende Hyperocha von EUR 89.103,20 zugewiesen. Die Kläger führten in der Folge eine aufwändige Sanierung des Hauses durch. Die Stadtgemeinde hinterlegte daraufhin EUR 130.642,24 beim zuständigen Bezirksgericht, von welchem der Erlag angenommen wurde; als Antragsgegner wurden die nunmehrigen Prozessparteien genannt. Die Kläger begehrten mit ihrer Klage die Zustimmung der Beklagten zur Ausfolgung des hinterlegten Betrags an sie, da sie die Sanierung durchgeführt hätten, die mit dem hinterlegten Geld erfolgen hätte sollen. Das Exekutionsgericht habe die Erhöhung des Schätzwertes von EUR 327.951,-- auf EUR 432.460,-- damit begründet, dass bei der gutachterlichen Wertermittlung die Kosten der betriebenen Forderung als Instandsetzungsaufwand berücksichtigt worden seien. Im Hinblick darauf, dass die voraussichtlichen Sanierungskosten im Schätzpreis enthalten gewesen, diese aber schlussendlich von den Klägern bezahlt worden seien, stünde ihnen der hinterlegte Betrag zu. Die Beklagten wandten im Wesentlichen ein, der hinterlegte Betrag stehe ihnen zu, weil die Liegenschaft unter Berücksichtigung des schlechten Bauzustandes des Gebäudes geschätzt worden sei und die Instandsetzungspflicht somit die Kläger als Ersteher treffe. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Gegenstand des Versteigerungsverfahrens sei eine Liegenschaft mit einem desolaten Haus gewesen, die auf Grund dieses Zustandes entsprechend niedrig geschätzt und schließlich auch den Klägern zugeschlagen worden sei. Die Kläger hätten damit erhalten, was ihnen zustehe. Das Geld für die Instandsetzungsarbeiten würde ihnen nur dann gebühren, wenn die Liegenschaft in saniertem Zustand geschätzt worden wäre. Darauf, wieviel die Kläger in die Sanierung gesteckt hätten, komme es nicht an.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger Folge und erkannte die Beklagten schuldig, der Ausfolgung des hinterlegten Betrags an die Kläger zuzustimmen; es erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Die Ausführungen der Kläger, wonach der vorerst vom Sachverständigen ermittelte Schätzwert von EUR 327.951,-- denjenigen Wert dargestellt habe, den das Haus zum damaligen Zeitpunkt ohne Einbeziehung des Sanierungsaufwands gehabt habe, und dass der schlussendlich mit EUR 432.460,-- festgelegte Schätzwert den Wert des Objektes in saniertem Zustand darstelle, träfen zu. Das Exekutionsgericht sei bei der Festsetzung des Schätzwertes davon ausgegangen, dass ein Ersteher nicht mit dem Instandsetzungsaufwand zu rechnen habe. Davon sei auch deshalb auszugehen gewesen, weil die betriebene Forderung dazu dienen sollte, die Kosten für diesen Aufwand abzudecken. Tatsächlich sei dieser Aufwand aber von den Klägern vorgenommen worden, sodass ihnen - unabhängig davon, um welchen Betrag sie die Liegenschaft ersteigert haben - dieser Betrag zustehe. Die Kläger hätten zutreffend darauf hingewiesen, dass - wenn sie die Mindestsanierung nicht selbst vorgenommen hätten - die Stadtgemeinde diese aus der zugewiesenen Forderung vornehmen hätte müssen. Der hinterlegte Betrag stehe somit den Klägern zu. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil keine erhebliche Rechtsfrage zu klären gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von den Beklagten erhobenen Revisionen sind zulässig und berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass die Auffassung des Berufungsgerichts - und der Kläger - bedeutete, dass die Kläger um letztlich rund EUR 93.000,-- eine Liegenschaft erhielten, die - nach der Aktenlage - einen (Schätz-)Wert von rund EUR 328.000,-- hatte, wogegen den Beklagten für dieses Objekt ein Betrag von nur rund EUR 89.000,-- verbliebe, ohne dass aus dem Versteigerungserlös weitere Gläubiger befriedigt worden wären.
Gemäß § 19 Abs 1 des Salzburger Baupolizeigesetzes hat der Eigentümer eines Baues dafür zu sorgen, dass dieser auf die Dauer seines Bestandes einschließlich seiner technischen Einrichtungen in gutem, der Baubewilligung und den für den Bau maßgeblichen Bauvorschriften entsprechendem Zustand erhalten wird. Er ist zur Beseitigung von Baugebrechen auch ohne besonderen Auftrag der Baubehörde verpflichtet. Die Verpflichtung des jeweiligen Eigentümers zur Beseitigung von Baugebrechen wird durch einen entsprechenden Bescheid der Baubehörde nicht erst begründet, sondern nur konkretisiert (vgl 2 Ob 677/87 = JBl 1988, 785).
Den Beklagten wurden von der Baubehörde Instandsetzungsarbeiten aufgetragen, die sie nicht durchführten, woraufhin sie gemäß § 4 VVG mit Bescheid zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme verpflichtet wurden. Zur Hereinbringung dieser Kosten wurde die Liegenschaft versteigert.
Die Revisionswerber haben zutreffend ausgeführt, dass die Verpflichtungen des Liegenschaftseigentümers aus der Bauordnung und den auf diese gestützten Verfügungen der Baubehörde auf der Liegenschaft haften und jeden Eigentümer treffen. Sie sind daher von einem Ersteher der Liegenschaft - ohne Anrechnung auf das Meistbot -
zu übernehmen (RIS-Justiz RS0002976; 3 Ob 138/61 = SZ 34/64; 1 Ob
1/86; JBl 1988, 785; VwGH 94/05/0272 = BauSlg 1997/279). Das trifft
nur dann nicht mehr zu, wenn die Verpflichtung nicht mehr unmittelbar auf die Liegenschaft Bezug hat, sondern zu einer Geldschuld umgewandelt wurde. Wer nach diesem Zeitpunkt Eigentümer wird, ist nicht mehr kostenpflichtig. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Arbeiten abgeschlossen wurden. Erst in diesem Zeitpunkt hat die unmittelbar auf die Liegenschaft Bezug habende Verpflichtung zu einer tatsächlichen Leistung ihr Ende gefunden, weil dann die Leistung zur Gänze durch Ersatzvornahme erbracht wurde.
Die Kläger wurden durch die Erteilung des Zuschlags im Exekutionsverfahren Eigentümer der Liegenschaft. Da die Instandsetzungsarbeiten zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen waren, ja noch nicht einmal begonnen hatten, waren sie als Eigentümer gemäß § 19 Abs 1 des Salzburger Baupolizeigesetzes ab diesem Zeitpunkt zur Beseitigung der Baugebrechen verpflichtet. Der Ersteher eines Hauses, der dessen Baugebrechen behebt, erfüllt nämlich eine nach der Bauordnung ihn selbst treffende Verpflichtung (JBl 1988, 785). Durch die im Rahmen der vorgenommenen Sanierung erfolgte Behebung der Baugebrechen erfüllten die Kläger somit eine primär sie als nunmehrige Eigentümer treffende Pflicht und nicht etwa eine Verpflichtung der Baubehörde, zumal die Ersatzvornahme nur als subsidiäre Maßnahme in Betracht kommt. Nach der Judikatur des VwGH (84/05/0035 = Slg 12.942 [A]) haftet derjenige, der die Liegenschaft nach Ablauf der in der Androhung einer Ersatzvornahme gesetzten Frist erwirbt, - zur ungeteilten Hand mit dem früheren Eigentümer - sogar für die Kosten der (bereits eingeleiteten) Vollstreckung, somit auch für den auferlegten Vorschuss; nur derjenige, der erst nach Beendigung der Ersatzarbeiten Eigentümer der Liegenschaft wird, kann nicht mehr als persönlicher Schuldner für die Ersatzvornahme herangezogen werden (RIS-Justiz RS0002976; SZ 34/64). Da die Kläger somit keine fremde Schuld erfüllt haben, kommt ein Ersatzanspruch gemäß § 1042 ABGB gegen die Gemeinde nicht in Frage. Eine andere denkbare Anspruchsgrundlage haben sie im gesamten Verfahren nicht aufgezeigt.
Ob das Exekutionsgericht einen unrichtigen Schätzwert angenommen hat, ein niedrigeres geringstes Gebot hätte festsetzen und/oder auf die Verpflichtung des jeweiligen Eigentümers zur Vornahme der Instandsetzungsarbeiten ohne Anrechnung auf das Meistbot hätte hinweisen müssen, muss in diesem Verfahren nicht geprüft werden. Haben die Kläger keinen Anspruch gegen den Erleger, kann ihrem Zustimmungsbegehren kein Erfolg beschieden sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1 ZPO. Für das Verfahren erster Instanz waren die von der Erstbeklagten geltend gemachten Kosten für eine Firmenbuchabfrage nicht zuzusprechen, da deren Notwendigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erkennbar ist. Für die Streitverhandlung steht den Beklagten ein Streitgenossenzuschlag von jeweils nur 10 % zu, weil ihnen jeweils nur zwei Personen - die zwei Kläger - gegenüberstanden und der jeweilige Beklagtenvertreter nur je eine Person vertrat (§ 15 RATG). Für ihre Berufungsbeantwortungen steht den Beklagten jeweils nur ein Streitgenossenzuschlag von 10 % und nur der dreifache Einheitssatz zu, weil keine Berufungsverhandlung verrichtet wurde. Für den Zweitbeklagten ist im Revisionsverfahren keine Pauschalgebühr angefallen, weil er Verfahrenshilfe genießt.
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