OGH 7Ob183/07y

OGH7Ob183/07y17.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei A*****, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1.) Mag. Karl-Georg H*****; 2.) Ingrid K*****; und 3.) Ulrike B*****, sämtliche vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Dr. Siegfried Sieghartsleitner und Dr. Michael Pichlmair, Rechtsanwälte in Wels, wegen Abgabe einer Willenserklärung, hier: Einstweilige Verfügung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 30. Juli 2007, GZ 6 R 142/07f-9, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Gegenstand des Provisorialverfahrens bildet ein von der Klägerin (als gefährdete Partei) behaupteter Erfüllungsanspruch aus einem nach ihrem Vorbringen mündlich mit dem Erstbeklagten (der bei dieser Gelegenheit behauptet habe, auch für die Zweit- und die Drittbeklagte aufzutreten, worauf die Klägerin - zumal es sich um einen Rechtsanwalt handle - vertraut habe) rechtswirksam abgeschlossenen Liegenschaftskaufvertrag.

Das Erstgericht hat den gleichzeitig mit der Klage (gerichtet auf Verurteilung der Beklagten, in den Abschluss des im Klagebegehren wiedergegebenen Kaufvertrages einzuwilligen) gestellten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf ein Veräußerungs-, Belastungs- und Verpfändungsverbot sowie Gebot an den Erstbeklagten, einen erwirkten Rangordnungsbeschluss für die beabsichtigte Veräußerung sofort gerichtlich zu hinterlegen und nicht zur Verbücherung eines Kaufvertrages mit dritten Personen zu verwenden, abgewiesen. Es nahm als bescheinigt an, dass zwischen den Streitteilen gar kein (mündlicher) Kaufvertrag zustandegekommen sei, weil zum damaligen Zeitpunkt die Käuferin noch gar nicht festgestanden sei (diese sei erst in Gründung und noch nicht existent gewesen) und andererseits auch über sonstige wesentliche Punkte (insbesondere Kaufpreis) keine Bescheinigung einer Einigung gegeben sei; schließlich sei die Liegenschaft zwischenzeitlich bereits an einen Dritten weiter verkauft worden, sodass ein Verbot der Veräußerung ohnehin nicht mehr in Betracht komme.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin nur im Kostenpunkt, nicht in der Hauptsache Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Das Rekursgericht erachtete den Provisorialantrag als unschlüssig, weil die Klägerin gar nicht behauptet habe, dass der Erstbeklagte durch die Zweit- und Drittbeklagten auch tatsächlich bevollmächtigt gewesen sei, sondern sie lediglich vorgebracht hätte, der Erstbeklagte habe solches über Befragen bestätigt; nur im Fall des Vorliegens der zusätzlichen Voraussetzung einer tatsächlichen Bevollmächtigung wäre aber das gegen alle drei Miteigentümer gerichtete Begehren aus dem vorgetragenen Sachverhalt schlüssig abzuleiten. Aus den in der Klage bzw im Provisorialantrag aufgestellten Behauptungen ergebe sich auch nicht, dass die Zweit- und Drittbeklagten den Kaufvertrag selbst mit der Klägerin abgeschlossen oder auch nur ein Verhalten gesetzt hätten, das mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund übrig lasse, dass sie dem Erstbeklagten die Rechtsmacht, (auch) in ihrem Namen aufzutreten, übertragen hätten (Anscheinsvollmacht). Auf die weiteren Rekursgründe (Beweis- und Mängelrüge) müsse damit nicht mehr eingegangen werden.

Im auf unrichtige rechtliche Beurteilung gestützten außerordentlichen Revisionsrekurs wird (auch als Zulassungsgrund) im Wesentlichen releviert, dass es zwar zutreffe, dass das erhobene Begehren nur bei einer Bevollmächtigung des Erstbeklagten auch durch die Zweit- und die Drittbeklagte zum Abschluss eines Liegenschaftskaufvertrages schlüssig abzuleiten sei, dies jedoch ausreichend vorgebracht sei und überdies das Fehlen einer solchen Bevollmächtigung erst durch den Äußerungsschriftsatz der Beklagten, zu dem sich die Klägerin nicht mehr habe äußern können, prozessgegenständlich geworden sei. Die Entscheidung des Rekursgerichtes verletze auch den Grundsatz „negativa non sunt probanda", weil es für den Abschluss eines Rechtsgeschäftes durch einen als bevollmächtigten Vertreter auftretenden Rechtsanwalt genügen müsse, vorzubringen, dass eine Bevollmächtigung zumindest behauptet worden sei und es eine massive Überspannung der Behauptungs- und Beweislast darstelle, wenn vom Kläger auch noch eine ausdrückliche Behauptung verlangt werde, dass die Zweit- und die Drittbeklagte tatsächlich den Erstbeklagten bevollmächtigt hätten.

Hiezu ist zu erwidern:

Rechtliche Beurteilung

Die Beurteilung des Rekursgerichtes, das Klags- und das darauf fußende Provisorialvorbringen sei wegen Fehlens einer Behauptung zur Bevollmächtigung des Erstbeklagten durch die beiden mitbeklagten Miteigentümer unschlüssig, kann in der Tat nicht geteilt werden. Die Klägerin hat vielmehr - ausreichend - schon im Klageschriftsatz nicht nur diese Frage angesprochen, sondern hiezu auch - jedenfalls ausreichend - vorgebracht, dass eine solche Bevollmächtigung vom Erstbeklagten „ausdrücklich und eindeutig bestätigt" worden sei, was nur so verstanden werden kann, dass die Zweit- und die Drittbeklagte ihm auch tatsächlich Vollmacht zum Verkauf der ihnen gehörigen Liegenschaftsanteile erteilt haben.

Trotzdem ist der Provisorialantrag - jedoch in anderer Hinsicht - als unschlüssig zu werten und damit - im Ergebnis - die abweisende Entscheidung des Rekursgerichtes aufrechtzuerhalten, ohne dass die aufgezeigte Fehlbeurteilung als erhebliche Rechtsfrage schlagend werden kann - andernfalls die Aufhebung der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz samt Zurückverweisung an dieses zur Nachholung der unbehandelt gelassenen Beweis- und Verfahrensrüge unabdingbar wäre:

Es steht nämlich in Übereinstimmung mit dem Vorbringen des Klägers als bescheinigt fest, dass im Zeitpunkt der (behaupteten, jedoch von den Beklagten bestrittenen) „Besiegelung des Kaufvertrages durch Handschlag" am 18. April 2007 noch offen war, wer als Käufer auftreten sollte. Die nunmehr als Klägerin (und Käuferin) auftretende Kapitalgesellschaft war damals noch nicht existent. Sie war weder im Firmenbuch eingetragen noch war überhaupt der Gesellschaftsvertrag geschlossen. Abgesehen davon war auch von einer Privatstiftung als mögliche Käuferin die Rede. Der Kaufinteressent Jürgen H***** konnte daher auch nicht - ungeachtet der Frage einer Bevollmächtigung des Erstbeklagten durch die übrigen Miteigentümer - für eine juristische Person (welcher Art auch immer) sei es ausdrücklich, sei es schlüssig, als rechtsgeschäftlicher Vertreter agieren. Dass er für die nunmehr klagende Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Sinn einer damals schon bestehenden Vorgesellschaft (zum Begriff: 1 Ob 188/98y) oder Vorgründungsgesellschaft (zum Begriff: SZ 71/69; Krejci, Gesellschaftsrecht I 58 ff und 69 ff) oder - etwa bis zur Klärung, welche Gesellschaft in welcher Rechtsform in Zukunft als Käuferin auftreten solle, unter Umständen als natürliche Einzelperson - den Vertrag geschlossen habe, behauptet die Klägerin selbst nicht einmal. Damit kann insoweit auch nicht von einem unter Umständen in der Rechtsordnung bei Vorbehalt der Person des Vertretenen anerkannten „Geschäft für den, den es angeht" (Koziol/Welser Bürgerliches Recht I13 217 f) ausgegangen werden. Wenn die Vorinstanzen damit die einzelfallbezogene (RIS-Justiz RS0013973) Frage der Anspruchsbescheinigung verneinten, so ist dies im Ergebnis nicht zu beanstanden. Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung, dass von Amts wegen auf eine Vervollständigung der Stoffsammlung oder ergänzendes Vorbringen nicht zu dringen ist (RIS-Justiz RS0005452). Auch der Frage der Auslegung von Prozessbehauptungen auf ihre Behauptungstauglichkeit in Bezug auf den geltend gemachten Anspruch kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0042828).

Daraus folgt, dass insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage releviert wird und der außerordentliche Revisionsrekurs damit als unzulässig zurückzuweisen ist.

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