OGH 9ObA93/06a

OGH9ObA93/06a28.9.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter OLWR Dr. Peter Hübner und Mag. Canan Aytekin-Yildirim als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ing. Werner M*****, vertreten durch Dr. Philipp Pelz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Romana Weber-Wilfert, Rechtsanwältin, Schrannenplatz 3/I, 2340 Mödling als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der K*****, vertreten durch Brand Lang Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen Feststellung (EUR 177.496,49 und EUR 133.847,81 sA), über die Revision (Revisionsinteresse EUR 177.496,49 und restliche EUR 66.923,91, zusammen EUR 244.420,40) der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Mai 2006, GZ 9 Ra 23/06b-74, womit das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. September 2005, GZ 5 Cga 15/01d-69, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.316,64 (darin EUR 386,11 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger ist einer von fünf Gesellschaftern der K***** GmbH, über deren Vermögen am 18. 2. 2005 zu 11 S 15/05z des Landesgerichts Wiener Neustadt das Konkursverfahren eröffnet und zu deren Masseverwalterin die Beklagte bestellt wurde. Schon bei der Gründung der Gesellschaft wurde der Kläger wie ein weiterer Gesellschafter, Ing. K*****, zum alleinzeichnungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Im Revisionsverfahren ist unstrittig, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer in einem Dienstverhältnis zur späteren Gemeinschuldner-Gesellschaft stand, welches am 31. 1. 2003 beendet wurde. Auf eine vom zweiten Geschäftsführer K***** ausgesprochene Kündigung und Behinderungen seiner Tätigkeit reagierte der Kläger, indem er von Juli 2000 bis einschließlich Ende August 2001 keine nennenswerten Tätigkeiten für die Gesellschaft entfaltete, obwohl der andere Geschäftsführer nicht mehr Befugnisse hatte als er selber. Ab September 2001 kam der Kläger seiner Geschäftsführertätigkeit wieder voll nach.

Vor Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldner-Gesellschaft begehrte der Kläger die Feststellung, dass sein Dienstverhältnis zur Gesellschaft aufrecht sei, weiters begehrte er den Zuspruch von (der Höhe nach nicht mehr strittigem) Entgelt für die Zeit von Juli 2000 bis einschließlich Oktober 2002 in Höhe von EUR 133.847,81 sA. Er vertrat (bis zur Konkurseröffnung) die Auffassung, dass er in einem aufrechten Dienstverhältnis zur Beklagten stehe und diese ihm daher das vereinbarte Entgelt (einschließlich Sonderzahlungen) in der angegebenen Höhe schulde. Für die Zeit ab November 2002 behauptete der Kläger zwar einen aufrechten Entgeltanspruch, machte diesen aber nicht geltend.

Die zunächst beklagte Gesellschaft und spätere Gemeinschuldnerin beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger sei wirksam als Geschäftsführer abberufen worden, ein Dienstverhältnis sei nicht vereinbart bzw aufgekündigt worden. Da der Kläger während der in Frage kommenden Zeit auch keine Geschäftsführertätigkeiten entfaltet habe und nicht leistungsbereit gewesen sei, habe er gegenüber der Gesellschaft keinen Entgeltanspruch. Er könne sich jedenfalls gegenüber der Gesellschaft nicht darauf berufen, von einem gleichrangigen Geschäftsführer behindert worden zu sein. Nach der schon eingangs erwähnten Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der K***** GmbH beantragte die bestellte Masseverwalterin die Fortsetzung des Verfahrens.

Der Kläger, welcher im Konkursverfahren die verfahrensgegenständlichen Entgeltforderungen nicht angemeldet hat und sich dem Einwand unterwarf, dass das Dienstverhältnis mit 31. 1. 2003 beendet worden ist, änderte sein Klagebegehren dahin ab, dass festgestellt werde, dass 1. er bis zum 31. 1. 2003 bei der beklagten Partei aufrecht beschäftigt gewesen sei und 2. ihm daraus eine nachrangig zu befriedigende Forderung gegen die beklagte Partei in Höhe von EUR 133.847,81 samt 9,47 % - stufenweise aufgegliederten - Zinsen zustehe. Der beklagten Masseverwalterin stehe kein Kostenersatz zu, weil der Kläger im Hinblick darauf, seine Forderung als nachrangig anzusehen, keinen Anlass zur Fortsetzung des gegenständlichen Verfahrens gegeben habe.

Dem hielt die beklagte Masseverwalterin entgegen, dass dann, wenn das Stehenlassen der Forderungen durch den Kläger als Eigenkapitalersatz zu werten sei, seine Forderung noch nicht fällig und das Klagebegehren deshalb abzuweisen sei; soweit es sich um eine Konkursforderung handle, habe der Kläger die notwendige Anmeldung im Konkursverfahren unterlassen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren (im zweiten Rechtsgang) teilweise dahin statt, dass es den Bestand einer nachrangig zu befriedigenden Forderung in Höhe von EUR 48.124,07 netto sA feststellte, eine von der Beklagten erhobene Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend feststellte und das Mehrbegehren auf Feststellung eines bis zum 31. 1. 2003 aufrechten Beschäftigungsverhältnisses des Klägers zur späteren Gemeinschuldnerin als auch die Feststellung weitergehender Entgeltforderungen abwies. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass der Kläger seit der Gründung der Gesellschaft bis zum 31. 1. 2003 als Geschäftsführer in einem aufrechten Dienstverhältnis zur Gesellschaft gestanden sei. Er habe daher auch grundsätzlich Anspruch auf das vereinbarte Entgelt. Obwohl es ihm möglich gewesen wäre, habe er aber in der Zeit von Juli 2000 bis einschließlich August 2001 keinerlei Tätigkeiten entfaltet, dies sei seiner Sphäre zuzuordnen. Die Gesellschaft müsse sich nicht das Verhalten des anderen, dem Kläger gleichrangigen Geschäftsführers entgegenhalten lassen. Für diesen Zeitraum könne daher der Kläger keine Entgeltforderungen stellen. Ab Wiederaufnahme seiner Tätigkeit mit September 2001 habe er aber wohl Anspruch auf Zahlung des monatlichen Entgelts samt vereinbarten Sonderzahlungen. Dem auf Bestand eines Dienstverhältnisses während eines bestimmten Zeitraumes gerichteten Feststellungsbegehren mangle es hingegen an einem erforderlichen rechtlichen Interesse. Das Dienstverhältnis sei unstrittig beendet, die daraus erfließenden Rechte des Klägers hätten mit Leistungsklage geltend gemacht werden können bzw habe dies der Kläger ohnehin getan. Ein darüber hinausgehendes rechtliches Interesse sei nicht erkennbar.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge und stellte fest, dass dem Kläger aus seinem Beschäftigungsverhältnis zur K***** GmbH eine nachrangig zu befriedigende Forderung gegen die Beklagte von EUR 66.923,90 netto sA zustehe, und das die Gegenforderung der Beklagten nicht zu Recht bestehe; es bestätigte die Abweisung des Begehrens auf Feststellung, dass der Kläger bis zum 31. 1. 2003 bei der K***** GmbH aufrecht beschäftigt gewesen sei und wies im Übrigen das Mehrbegehren auf Feststellung einer nachrangigen Forderung von weiteren EUR 66.923,91 sA (Entgeltforderung für Juli 2000 bis 31. 8. 2001) ab. Es teilte die Auffassung des Erstgerichts sowohl hinsichtlich des Fehlens eines rechtlichen Interesses an der Feststellung des bereits beendeten Dienstverhältnisses als auch hinsichtlich des Fehlens eines Entlohnungsanspruchs für die Zeit von Juli 2000 bis einschließlich August 2001. Er vertrat die Rechtsauffassung, dass, soweit der Kläger mit der Feststellung einer nachrangig zu befriedigenden Forderung im Konkurs durchgedrungen sei, eine Anmeldung nicht erforderlich gewesen wäre. Es sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil man auch die Meinung vertreten könne, dass der Kläger seine Forderungen trotz zulässiger Fortsetzung des Verfahrens durch den beklagten Masseverwalter im Konkurs hätte anmelden müssen. Wenngleich das Berufungsgericht nicht dieser Auffassung sei, fehle es jedoch an Rechtsprechung zu dieser Frage.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Masseverwalterin begehrte, die Revision mangels einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht zulässig: Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass, obwohl der Kläger keine Forderungen im Konkursverfahren angemeldet hat, die Masseverwalterin schon wegen der der Gemeinschuldnerin im vorangegangenen Verfahren entstandenen Kosten ein Interesse an der Fortsetzung des Verfahrens hatte und dieses daher fortsetzen konnte (8 Ob 35/97y = SZ 70/68). Zu Recht hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass die Frage einer allfälligen Verpflichtung des Klägers zur Anmeldung seiner Entgeltforderungen im Konkurs als Voraussetzung eines Prozesserfolges im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erheblich ist. Insbesondere kann ja nicht übersehen werden, dass nach den Feststellungen der Vorinstanzen von einem Eigenkapitalersatz nicht ausgegangen werden kann und daher die Forderungen des Klägers aus einem Dienstverhältnis vor Konkurseröffnung wohl als Konkursforderungen zu werten wären. Auf diese Frage kann der Oberste Gerichtshof jedoch nicht eingehen: Während die Beklagte das Urteil des Berufungsgerichts unbekämpft ließ, trat der Kläger hinsichtlich der Zulässigkeit der Weiterverfolgung seiner Ansprüche nach Konkurseröffnung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ausdrücklich bei. Damit zeigt er aber insoweit keine erhebliche Rechtsfrage auf, sodass diesbezüglich auch gar keine Korrektur der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts erfolgen kann (RIS-Justiz RS0107971).

Auch dem weiteren Revisionsvorbringen des Klägers ist eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu entnehmen:

Zur Feststellung eines bis 31. 1. 2003 währenden Beschäftigungsverhältnisses:

In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht zutreffend auf das für Feststellungsklagen geltende Subsidiäritätsprinzip hingewiesen, wonach ein rechtliches Interesse dann zu verneinen ist, wenn durch einen Leistungsanspruch auch der Feststellungsausspruch ausgeschöpft ist (RIS-Justiz RS0038975; RS0038849). Hinsichtlich des Entgeltsanspruchs des Klägers war nicht nur eine Vor- sondern die Hauptfrage, ob überhaupt ein Dienstverhältnis zur späteren Gemeinschuldnerin bestanden hatte, was ja von dieser bestritten worden war. Da dieser Entgeltanspruch und der Anspruch auf Feststellung des Dienstverhältnisses zeitlich nahezu deckungsgleich sind, ist die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass hier ein gesondertes rechtliches Interesse nicht mehr besteht, zumindest vertretbar und gibt daher keinen Anlass zu einer weiteren Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof.

Zur Verneinung eines Entgeltanspruchs für die Zeit von Juli 2000 bis einschließlich August 2001:

Soweit das Berufungsgericht die Auffassung vertritt, dass es dem Kläger sehr wohl möglich gewesen wäre, auch während der Zeit der Behinderung durch den anderen Geschäftsführer notwendige Tätigkeiten für die Gesellschaft zu entfalten und daher keine ernsthafte Leistungsbereitschaft vorlag, sodass die Untätigkeit seiner Sphäre zuzurechnen ist (§ 1155 ABGB), ist auch diese im Einzelfall vertretbar und wirft somit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.

Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass dieser Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung diente.

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