Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten und Gegners der gefährdeten Partei wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 1 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Gegenstand des Revisionsrekurses bildet die vom Erstgericht bis zur rechtskräftigen Erledigung des anhängigen Scheidungsverfahrens erlassene und vom Rekursgericht bestätigte einstweilige Verfügung gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO (Regelungsverfügung durch Zuweisung der Ehewohnung an die Klägerin durch Auftrag an den Beklagten zum Verlassen der Wohnung; zur Zulässigkeit einer solchen Provisorialentscheidung bei Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens s Zechner, Einstweilige Verfügungen, § 382 Rz 11 letzter Abs; hiezu auch RIS-Justiz RS0111240). Hiegegen wird im außerordentlichen Revisionsrekurs inhaltlich nichts vorgebracht, sodass insoweit (ausgehend von den als bescheinigt angenommenen Tätlichkeiten, Beschimpfungen und Bedrohungen) weitergehende Ausführungen entbehrlich sind.
Einzige Stoßrichtung der Argumentation im Rechtsmittel ist der Vorwurf an das Rekursgericht, seiner Entscheidung ausschließlich österreichisches und nicht neues bosnisches Familienrecht zugrundegelegt zu haben, welches leicht zu erheben gewesen wäre und wonach bei einer Familie mit (wie hier) mj Kindern zwingend ein Mediationsverfahren vor Einleitung des Scheidungsverfahrens durchzuführen wäre; § 20 IPRG komme nicht zur Anwendung. Außerdem liege eine Verletzung des Parteiengehörs des Rechtsmittelwerbers vor, weil ihm die Ergebnisse einer vom Rekursgericht gepflogenen telefonischen Erhebung der bosnischen Rechtslage beim österreichischen Bundesministerium für Justiz vor Erlassung des gegenständlichen Beschlusses nicht zur Kenntnis gebracht worden seien. Soweit der Revisionsrekurswerber in diesem Zusammenhang in seinem Rechtsmittel weiter behauptet, er habe eine Übersetzung des aktuellen bosnischen Rechtes (insb der Art 45 Abs 1 und Art 52 des bosnischen Familiengesetzes) vorgelegt, widerspricht dies freilich der Aktenlage.
Rechtliche Beurteilung
Dem Rechtsmittelwerber ist Folgendes zu erwidern:
Gegenstand der Beurteilung im vorliegenden Provisorialverfahren sind nicht die Voraussetzungen und Wirkungen der (von der Klägerin beantragten) Scheidung der Ehe der Streitteile, welche nach der kollisionsrechtlichen Regelung des § 20 Abs 1 IPRG dem Personalstatut der Ehegatten unterliegen und wozu seitens des Erstgerichtes auch bereits ein schriftliches Auskunftsersuchen gemäß § 4 Abs 1 IPRG an das Bundesministerium für Justiz gerichtet wurde (ON 14). Verfahrensfragen (im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren) - wie etwa internationale Zuständigkeit, Verfahrensart etc - werden hingegen nicht nach § 20 IPRG angeknüpft, sondern richten sich nach der lex fori (Neumayr in KBB2 § 20 IPRG Rz 5; RIS-Justiz RS0076618; RS0077171). Dies betrifft damit auch die Frage der verfahrensmäßigen Zulässigkeit und gebotenen Dringlichkeit einer in einem solchen inländischen Scheidungsverfahren beantragten einstweiligen Verfügung wie der vorliegenden - gegen deren inhaltliche Voraussetzungen, wie bereits ausgeführt, der Revisionsrekurswerber nichts ins Treffen führt.
Abgesehen davon hat die Rechtsprechung im Hinblick auf § 4 Abs 2 IPRG auch die amtswegige Ermittlungspflicht materiellen ausländischen Rechtes von der Dringlichkeit der zu entscheidenden Maßnahme im Einzelfall abhängig gemacht (RIS-Justiz RS0040200, RS0109416, RS0005307, RS0045163 [T8]; vgl Neumayr aaO, § 4 IPRG Rz 2). Mit den für das Scheidungsverfahren angeblich maßgeblichen Mediationsvoraussetzungen laut bosnischem Familienrecht wird sich das Erstgericht daher erst im Hauptverfahren zu befassen haben; der nach den maßgeblichen inländischen Verfahrensvorschriften zulässigerweise gestellte Provisorialantrag wurde daher von den Vorinstanzen in vertretbarer Weise schon wegen seiner besonderen Dringlichkeit nicht nach bosnischem Familienrecht beurteilt, weshalb auch der Vorwurf einer Parteigehörverletzung nicht schlagend werden kann.
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