Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 875,34 EUR (darin 145,89 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Parteien schlossen am 20. 2. 2002 einen Verlagsvertrag, der durch Sideletter vom 4. 4. 2002 und Zusatzvereinbarung vom 22. 8. 2003 ergänzt bzw modifiziert wurde. Dieser Vertrag betraf ein vom Kläger zu verfassendes Kochbuch mit dem Titel „Toni M*****", das zum damaligen Zeitpunkt nur als Manuskript vorlag. Der Kläger als Urheber des Werkes räumte der Beklagten das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung ein und verpflichtete sich zunächst weiters, einerseits bis spätestens April/Mai 2002 das druckreife Manuskript einschließlich rund 100 Rezepten für „erlesene Speisen" zu übergeben und andererseits 5.000 Exemplare des Werkes zum Preis von insgesamt 79.915 EUR einschließlich 10 % Umsatzsteuer zu kaufen sowie einen „Placementbeitrag" in Höhe von 87.207,40 EUR einschließlich 10 % Umsatzsteuer zum Ankauf von Materialien, insbesondere von Papier, zu bezahlen; diese Zahlungen sollten in mehreren Raten etwa bis etwa Ende 2002 geleistet werden. In weiterer Folge übernahm jedoch die Beklagte sämtliche Kosten der Erstellung und Verbreitung des Werkes, wohingegen sich der Kläger zum Kauf von 10.000 Stück Kochbüchern zum Preis von insgesamt 159.830 EUR einschließlich 10 % Umsatzsteuer und zur Zahlung dieses Betrags bis längstens 14. 1. 2005 verpflichtete; der „Placementbeitrag" entfiel.
Der Kläger hat zwischenzeitig - nämlich bis zum 13. 1. 2006 - seine Zahlungsverpflichtungen zur Gänze erfüllt, nachdem er vom Handelsgericht Wien zu GZ 26 Cg 15/04k und 37 Cg 85/05m dazu verhalten worden war. Ein druckfertiges Manuskript liegt nicht vor; Grund dafür sind Streitigkeiten der Parteien betreffend das Konzept des Kochbuchs.
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Ausstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung über die geleistete Anzahlung für 10.000 Stück Kochbücher (gemäß Verlagsvertrag vom 20. 2. 2002 samt Zusatzvereinbarungen) in Höhe von 159.830 EUR, die den Erfordernissen des § 11 UStG entspricht und daher insbesondere die dort angeführten Rechnungsmerkmale erfüllt. Die Beklagte weigere sich aus unerfindlichen Gründen, eine derartige Rechnung auszustellen, obwohl der Kläger 10.000 Stück des Kochbuchs zum vereinbarten Kaufpreis von 14,53 EUR pro Stück zuzüglich 10 % Umsatzsteuer gekauft und auch bezahlt habe; er benötige diese Rechnung zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in Höhe von 14.530 EUR. Er habe der Beklagten auch bereits 100 Rezepte übergeben, sie weigere sich aber, entweder mit der Produktion des Kochbuchs zu beginnen oder die geleistete Anzahlung zurückzugeben.
Die Beklagte strebt die Abweisung des Klagebegehrens an. Mangels Leistungsaustauschs zwischen den Parteien bestehe keine Verpflichtung zur Rechnungsausstellung; der Kläger habe auch noch keine geeigneten Rezepte übergeben und seine sonstigen vertraglichen Verpflichtungen nicht eingehalten, womit er die Herstellung des vereinbarten Kochbuchs verhindere. Im Übrigen sei die von der Beklagten zu erbringende Gegenleistung nicht ausreichend bestimmt, weil der Kläger nicht mehr ein Kochbuch für „erlesene Speisen", sondern ein Kochbuch über ein absolutes Randthema, nämlich über „Festmenüs", produzieren wolle; die Herstellung eines solchen Werkes sei wirtschaftlich unmöglich. Den Vorsteuerabzug könne der Kläger auch unter Vorlage der Urteile bzw des Vertrags erreichen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und vertrat die Auffassung, die Parteien hätten einen zweiseitig verbindlichen Vertrag abgeschlossen, aufgrund dessen der Kläger einen Geldbetrag zu leisten, die Beklagte hingegen Bücher herauszugeben und zu übergeben habe. Der Kläger habe seine Verpflichtung erfüllt, weshalb ihm der privatrechtliche Anspruch auf Rechnungsausstellung unabhängig davon zustehe, ob er eine derartige Rechnung zur Vorlage beim Finanzamt benötigt oder nicht.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands zwar 4.000 EUR, nicht jedoch auch 20.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision zulässig sei; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage des Entfalls der Rechnungsausstellungsverpflichtung bei Vorliegen eines Streitfalls, ob es überhaupt noch zum Leistungsaustausch kommt. In der Sache selbst vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, unter Kaufleuten (Unternehmern) bestehe die (Neben-)Pflicht zur Rechnungsausstellung, die vor ordentlichen Gerichten durchzusetzen sei. Die Frage, ob dabei eine Verpflichtung zum gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer besteht, sei als Vorfrage zu klären. Erhalte ein Unternehmer (lediglich) eine Anzahlung für eine Leistung für einen anderen Unternehmer, sei er dennoch zur Rechnungsausstellung samt Umsatzsteuerausweis verpflichtet, wobei anstelle des Entgelts der Betrag der Anzahlung und anstelle des exakten der voraussichtliche Lieferzeitpunkt bzw Leistungszeitraum anzugeben oder darauf hinzuweisen sei, dass Zeitpunkt bzw Zeitraum noch nicht feststehen. Die Leistung müsse in der Rechnung zwar bestimmt angegeben werden, es könne jedoch in einer Vorauszahlungsrechnung nur jener Grad der Exaktheit gefordert werden, der im Zeitpunkt der Anzahlung möglich sei. Die Bezeichnung „10.000 Bücher laut Verlagsvertrag vom 20. 2. 2002 in der Fassung des Sideletters vom 4. 4. 2002 und der Zusatzvereinbarung vom 22. 8. 2003" sei dabei hinreichend bestimmt; eine genauere Bestimmung sei (noch) nicht möglich. Privatrechtliche Aspekte, die ein Hinausschieben der Rechnungsausstellung begründet erscheinen lassen könnten, seien für die Frage der Rechnungsausstellung im Allgemeinen unberücksichtigt zu lassen. Diese richte sich allein danach, ob der Umsatz ausgeführt worden ist und der Umsatzsteuer unterliegt; umsatzsteuerrechtliche Korrekturmöglichkeiten biete § 16 UStG. Der Kläger habe schließlich auch ein Rechtsschutzinteresse an der Ausstellung einer Rechnung; zwar könnten ein „umsichtig textierter Vertragspunkt" oder Vergleiche unter Umständen eine Rechnung ersetzen, die Beklagte bestreite aber den Leistungsaustausch an sich.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hat die sich aus § 11 Abs 1 UStG für den liefernden Unternehmer ergebende (Neben- [7 Ob 568/83 = EvBl 1983/148; RIS-Justiz RS0020074])Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung zivilrechtlichen Charakter (RIS-Justiz RS0045702, RS0037913); sie ist also vor den ordentlichen Gerichten durchzusetzen (W. Arnold, Zivilrechtliche Überlegungen zum Vorsteuerabzug, GesRZ 1990, 22; Dipplinger/Wiesinger, Klage auf Ausstellung einer Umsatzsteuerrechnung - Durchsetzung des Anspruches auf Rechnungsgestaltung - Vorsteuerabzug, SWK 2003, S 802; Stoll, Rechnungsausstellung und Vorsteuerabzug [2004] 15, 78).
2. Der Kläger begründet seine Klagsführung damit, dass er eine Rechnung der Beklagten im Sinne des § 11 UStG zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs aus dem von ihm bereits geleisteten Betrag in Höhe von 159.830 EUR benötige. Die Beklagte meint in der Revision zunächst, es sei von ihrer Seite noch gar keine Leistung erbracht worden; diese sei im Übrigen völlig unbestimmt und werde auch gar nicht mehr erbracht werden.
2.1. Frühester Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs ist zwar grundsätzlich derjenige, in dem die Leistung ausgeführt worden ist und der Unternehmer über die Leistung eine Rechnung erhalten hat; dies gilt jedoch nicht bei Voraus- bzw Anzahlungen (3 Ob 22/01h mwN; Ruppe, UStG³ [2005] § 11 Rz 25). Vereinnahmt nämlich ein Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts vor Ausführung einer steuerpflichtigen Lieferung oder sonstigen Leistung, ist er ebenso verpflichtet, eine Rechnung im Sinne des § 11 UStG auszustellen, und zwar unabhängig davon, ob der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer nach vereinbarten oder nach vereinnahmten Entgelten berechnet (Bürgler in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG 1994 [2006] § 11 Rz 108; ebenso Ruppe, aaO Rz 31).
2.2. Eine derartige Verpflichtung zur Ausstellung einer Vorauszahlungs- bzw Anzahlungsrechnung besteht zwar nur, wenn eine Vorauszahlung bzw Anzahlung für eine bestimmte, unbedingte, steuerpflichtige und in der Zukunft auszuführende Leistung erfolgt (Bürgler, aaO); auch die Voraus- bzw Anzahlungsrechnung muss nämlich prinzipiell die in § 11 Abs 1 UStG geforderten Angaben enthalten (Ruppe, aaO). Lediglich anstelle des Entgelts sind der Betrag der Voraus- bzw Anzahlung und anstelle des exakten der voraussichtliche Lieferzeitpunkt bzw Leistungszeitraum anzugeben oder darauf hinzuweisen, dass Zeitpunkt bzw Zeitraum noch nicht feststehen (Ruppe, aaO; Bürgler, aaO Rz 110). Die Leistung ist, soweit wie im Zeitpunkt der Erstellung der Vorauszahlungs- bzw Anzahlungsrechnung möglich, zu beschreiben (Bürgler, aaO; Ruppe, aaO). Der Kläger hat aufgrund der mit Verlagsvertrag, Sideletter und Zusatzvereinbarung getroffenen Absprachen der Beklagten gegenüber den Anspruch auf Lieferung von 10.000 Stück Kochbücher mit dem Titel „Toni M*****" zum Preis von 14,53 EUR pro Stück zuzüglich 10 % Umsatzsteuer. Eine weitere Beschreibung der von der Beklagten zu erbringenden Leistung ist derzeit nicht möglich; sie ist jedoch hinreichend bestimmt, handelt es sich doch um eine handelsübliche Bezeichnung samt Angabe der konkreten Menge und nicht lediglich um eine Gattungsbezeichnung (vgl Bürgler, aaO Rz 39, 40; ausführlich auch Ruppe, aaO 68). Das Umsatzsteuergesetz verlangt nämlich eine entsprechende Bezeichnung der Ware in der Rechnung, um die Erhebung der Umsatzsteuer und die Überprüfung des Vorsteuerabzugs durch die Abgabenbehörde sicherzustellen (etwa VwGH Zl 2001/14/0002; 2003/15/0015). Da gelieferte und in Rechnung gestellte Ware übereinstimmen müssen (vgl VwGH Zl 98/15/0026), muss deren Bezeichnung so konkret sein, dass diese Übereinstimmung überprüft werden kann. Es ist also der wesentliche Inhalt der Leistung anzugeben (VwGH 83/15/0084), bei Sammelbezeichnungen die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände (VwGH 2001/14/0002; vgl auch Ruppe, aaO Rz 68). Diesen Kriterien entspricht der Inhalt der vom Kläger begehrten Rechnung; ob Inhalt der zu liefernden Kochbücher „erlesene Speisen" oder „Festmenüs" sind, ist abgabenrechtlich hingegen nicht von Bedeutung.
2.3. Dass die Leistung der Beklagten sicher unterbleiben wird, haben die Vorinstanzen nicht festgestellt. Derartiges hat die Beklagte im Verfahren erster Instanz auch nicht vorgebracht, sondern sich vielmehr darauf berufen, dass der Vertragsinhalt zwischen den Parteien strittig sei und es diesbezüglich Vergleichsgespräche gebe (AS 41); der Kläger verhindere durch sein Verhalten die Produktion des vereinbarten Kochbuchs und damit den Leistungsaustausch; der Beklagten stehe das Recht auf Vertragsanpassung zu (AS 59). Ihr Vorbringen in der Revision, ihre Gegenleistung werde nicht erbracht werden, verstößt somit gegen das Neuerungsverbot und ist im Revisionsverfahren ebenso unbeachtlich wie das weitere Vorbringen, der Kläger sei nach (!) Schluss der Verhandlung erster Instanz vom Vertrag zurückgetreten und habe die Rückzahlung der geleisteten Beträge verlangt.
Im Übrigen räumt die Beklagte in ihrer Revision selbst ein, dass für den Fall des (endgültigen) Unterbleibens der Leistung die Rechnung gemäß § 16 UStG berichtigt werden kann (vgl dazu ausführlich Ruppe, aaO Rz 41/3).
3. Die Beklagte hält in ihrer Revision den Einwand weiter aufrecht, in dem vom Kläger geleisteten Gesamtbetrag seien auch umsatzsteuerfreie Beträge enthalten. Sie bezieht sich damit aber offensichtlich auf die ursprüngliche Vertragsgestaltung, wonach der Kläger neben dem Kaufpreis für 5.000 Stück Kochbücher einen „Placementbeitrag" zum Ankauf von Materialien, insbesondere von Papier, zu bezahlen gehabt hätte. Dieser Beitrag entfiel letztlich; die vom Kläger geleistete Zahlung in Höhe von 159.830 EUR stellte ausschließlich den Kaufpreis für 10.000 Stück Kochbücher dar.
4. Schließlich meint die Beklagte noch, über den „Vertragsgegenstand" sei schon ein Urteil (richtig: zwei Urteile) ergangen; der Kläger habe daher nicht aufgrund der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung, sondern aufgrund dieser Urteile geleistet. Damit fehle aber ein Rechtsschutzinteresse an der Ausstellung einer Rechnung. Darauf hat sich die Beklagte zwar im Verfahren erster Instanz berufen (AS 41), nicht jedoch auch im Berufungsverfahren; dort hat sie lediglich ausgeführt, diese Urteile stellten in Verbindung mit einer Überweisungsbestätigung ohnehin eine „Zahlungsbestätigung" dar (AS 111). Die Frage, ob ein Urteil eine Rechnung im Sinne des § 11 Abs 1 UStG ersetzen könnte, wurde jedoch nicht releviert. Der Beklagten ist es daher verwehrt, dies im Revisionsverfahren nachzuholen. Im Übrigen kann in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen werden, wonach ein gerichtlicher Vergleich keine Rechnung darstellt (Zl 87/15/0009 = AnwBl 1989, 359 [W. Arnold]; 91/15/0138); dies wird damit begründet, dass diese Urkunde nicht vom leistenden Unternehmer ausgestellt wurde (vgl ausführlich dazu auch Ruppe, aaO Rz 43). Diese Überlegung muss aber umso mehr für ein gerichtliches Leistungsurteil gelten, stellt doch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einmal ein Urteil, mit dem ein Unternehmer schuldig befunden wurde, eine den Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes entsprechende Rechnung für den Leistungsempfänger auszustellen, eine Rechnung im Sinne des § 11 Abs 1 UStG dar (Zl 82/15/0006; 87/15/0009; 91/15/0138; krit dazu W. Arnold [GesRZ 1990, 22] und Ruppe [aaO Rz 14/2] mit - hier allerdings nicht maßgeblichen - Überlegungen zu den zivilverfahrensrechtlichen Wirkungen eines Urteils).
5. Soweit die Beklagte eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens rügt, ist sie darauf zu verweisen, dass diese bereits vom Berufungsgericht verworfen wurde und daher im Revisionsverfahren nicht nochmals aufgegriffen werden kann (RIS-Justiz RS0042963).
6. Da die Vorinstanzen somit zutreffend den Rechnungsaussstellungsanspruch des Klägers als berechtigt angesehen haben, war der Revision der Beklagten keine Folge zu geben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet auf §§ 41, 50 ZPO.
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