OGH 7Ob162/07k

OGH7Ob162/07k29.8.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Novica M*****, vertreten durch DDr. Hans Esterbauer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Z*****-Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, hilfsweise EUR 21.022,55 sA, über die Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 25. April 2007, GZ 1 R 248/06f-9, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 18. Oktober 2006, GZ 91 Cg 23/06w-5, infolge Berufung der beklagten Partei teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Dusan T***** (im Folgenden Lenker genannt) fuhr am 17. 6. 2005 mit einem LKW mit österreichischem Kennzeichen, den der Kläger von der T***** GmbH (Eigentümerin) geleast hatte, auf der Route Nationale 14 in Frankreich auf Grund einer Unaufmerksamkeit auf ein vor ihm fahrendes Fahrzeug auf. Dabei entstand am geleasten LKW ein Totalschaden von EUR 22.983,33. Die vom Kläger getragenen Abschleppkosten betrugen EUR 2.189,17.

Der Lenker, ein Kroate, hatte seit 14. 6. 2004 seinen Hauptwohnsitz in Österreich. Er hatte etwa zehn bis zwölf Monate vor dem Unfall als Fahrer beim Kläger zu arbeiten begonnen und diesem damals seinen kroatischen Führerschein vorgelegt, der ihn berechtigte, auch LKWs zu lenken. Der Kläger hatte nicht damit gerechnet, dass es notwendig sein werde, die kroatische Lenkerberechtigung später in eine österreichische umzuschreiben. Er traf mit dem Lenker keine diesbezüglichen Veranlassungen und ließ sich den Führerschein in weiterer Folge nicht mehr vorzeigen. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Lenken von Kraftfahrzeugen mit einer ausländischen Lenkerberechtigung waren ihm nicht bekannt. Er erkundigte sich auch nicht danach. Der Lenker ging davon aus, dass es eine mit seinem Visum korrespondierende Jahresfrist für die „Umschreibung" seiner kroatischen Lenkerberechtigung gebe. Da das Visum eine Gültigkeitsdauer bis zum 19. 7. 2004 hatte, sorgte er vor dem Unfall nicht für eine Umschreibung der kroatischen Lenkerberechtigung. Nach dem Unfall erfuhr er, dass sein Führerschein auf einen österreichischen umgeschrieben werden müsse und stellte daher am 7. 7. 2005 - mehr als ein Jahr nach Begründung seines Hauptwohnsitzes in Österreich - einen Antrag auf Ausstellung eines österreichischen Führerscheines. In weiterer Folge musste er zur Erlangung des Führerscheines eine praktische Fahrprüfung absolvieren, die er auch bestand. Eine theoretische Prüfung wurde nicht durchgeführt. Am 23. 9. 2005 wurde ihm ein österreichischer Führerschein ausgestellt.

Der Kläger hatte für den LKW bei der Beklagten eine KFZ-Kaskoversicherung abgeschlossen, der die „Allgemeinen Zürichbedingungen für die Kasko- und Insassenunfall-Versicherung (AKIB 2005)" zugrundegelegt wurden. Deren Art 5.2.1 lautet:

Als Obliegenheiten zur Verminderung der Gefahr oder zur Verhütung einer Erhöhung der Gefahr, deren Verletzung zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles den Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung befreit (§ 6 Abs 2 VersVG), wird bestimmt, dass der Lenker in jedem Fall die kraftfahrrechtliche Berechtigung besitzt, die für das Lenken des Fahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr vorgeschrieben ist; dies gilt auch dann, wenn das Fahrzeug nicht auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt wird.

Der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Versicherungsvertrag wurde zu Gunsten der Eigentümerin vinkuliert.

Der Kläger erhob gegen die Beklagte, die außergerichtlich eine Haftung für die Unfallschäden vom 17. 6. 2005 abgelehnt hatte, Deckungsklage. Weiters stellte er das Eventualbegehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm seinen restlichen unfallskausalen Schaden von EUR 21.022,55 sA (Totalschaden und Abschleppkosten von zusammen EUR 25.172,50 abzüglich eines Selbstbehaltes von EUR 1.150,-- und einem von der Beklagten geleisteten Akonto von EUR 3.000,- -) zu bezahlen. Schließlich erhob er (im Hinblick auf die Vinkulierung des Versicherungsvertrages) noch ein weiteres Eventualbegehren auf Zahlung des genannten Betrages an die Eigentümerin. Dieses Eventualbegehren ist, nachdem das Haupt- und das erste Eventualbegehren rechtskräftig abgewiesen wurden, allein noch Gegenstand des Rekursverfahrens.

Der Kläger brachte in der Klage unter anderem vor, die kroatische Lenkerberechtigung habe den Lenker jedenfalls zum Lenken des Fahrzeuges in Frankreich berechtigt, weshalb entgegen der (außergerichtlich geäußerten) Ansicht der Beklagten keine Verletzung der Obliegenheit des Art 5.2.1 der AKIB 2005 vorliege.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie sei leistungsfrei, weil der Lenker zum Unfallszeitpunkt über keine „ausreichende kraftfahrrechtliche Berechtigung" verfügt habe; er sei lediglich im Besitz einer kroatischen Lenkerberechtigung und gemäß § 23 Abs 1 FSG daher nicht (mehr) berechtigt gewesen, Fahrzeuge mit österreichischem Kennzeichen in Österreich zu lenken. Hiedurch sei vom Kläger, der dem Lenker den LKW überlassen habe, die Obliegenheit gemäß Art 5.2.1 AKIB 2005 („Führerscheinklausel") verletzt worden. Die nach dem Unfall am 23. 9. 2005 erfolgte Umschreibung der Lenkerberechtigung ändere daran nichts, weil dafür eine praktische Fahrprüfung notwendig gewesen und die Umschreibung daher keine bloße Formalität gewesen sei. Auf Grund der mangelnden Lenkerberechtigung in Österreich sei auch von der mangelnden Lenkerberechtigung in Frankreich auszugehen, weil seit der zweiten Führerscheinrichtlinie (91/439/EWG) in allen EU-Mitgliedstaaten ein einheitliches Führerscheinrecht gelte. Im Übrigen sei bei der betreffenden Obliegenheitsverletzung jedenfalls darauf abzustellen, inwieweit den einschlägigen österreichischen Bestimmungen des Führerscheinrechtes entsprochen worden sei.

Das Erstgericht wies das Haupt- und beide Eventualbegehren ab. Gemäß § 23 Abs 1 FSG verliere die in einem Nicht-EWR-Staat erteilte Lenkerberechtigung einer der Vertragsparteien der (dort) genannten Übereinkommen ihre Gültigkeit, wenn seit der Begründung des Wohnsitzes in Österreich durch den Besitzer der ausländischen Lenkerberechtigung mehr als sechs Monate verstrichen seien. Kroatien, das kein EWR-Mitgliedstaat sei, habe erklärt, sich durch das Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr gebunden zu erachten. Der Lenker habe nach Ablauf der Sechsmonatsfrist lediglich über seine kroatische Lenkerberechtigung verfügt. Damit habe er am Unfallstag keine in Österreich gültige Lenkerberechtigung gehabt. Den Kläger habe als Versicherungsnehmer im Fall der Überlassung des Fahrzeuges an eine andere Person gemäß Art 5.2.1 der AKIB 2005 die Obliegenheit getroffen, sich vom Vorhandensein einer erforderlichen Lenkerberechtigung zu überzeugen. Er habe aber eine solche Information nicht eingeholt und somit die betreffende Obliegenheit schuldhaft verletzt. Dies gelte unabhängig von der Frage, ob der Lenker berechtigt gewesen sei, das Fahrzeug in Frankreich zu lenken. Ausländische Führerscheine würden nämlich nur nach Maßgabe des inländischen Rechtes als taugliche Lenkerberechtigung gelten. Die schuldhafte Obliegenheitsverletzung habe gemäß § 6 Abs 1 VersVG grundsätzlich die Leistungsfreiheit des Versicherers zur Folge. Dem Fahrer ohne Lenkerberechtigung bleibe ein eingeschränkter Kausalitätsgegenbeweis nur in der Richtung offen, dass der Unfall durch keinerlei Fahrfehler, sondern etwa durch ein technisches Gebrechen oder das Verschulden eines Dritten verursacht worden sei. Der Unfall sei zweifellos auf Grund eines Fahrfehlers des Lenkers verursacht worden. Geringere Anforderungen an den Kausalitätsgegenbeweis seien nur in den Ausnahmefällen gerechtfertigt, in denen der formellen Erteilung der Lenkerberechtigung aus besonderen Gründen keine entscheidende Bedeutung mehr zukomme. Diese Judikatur habe ihre Grundlage in der Erwägung, dass das Fehlen einer inländischen Lenkerberechtigung dann nicht zur Leistungsfreiheit führen solle, wenn deren Erteilung nur ein bloßer Formalakt sei und dabei keine materiellen Hindernisse im Wege stünden. Gemäß § 23 Abs 3 Z 4 FSG müsse der Besitzer einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkerberechtigung mangels Gleichwertigkeit zur „Umschreibung" seiner Lenkerberechtigung seine fachliche Befähigung durch eine praktische Fahrprüfung nachweisen. Kroatien sei erst durch die Verordnung vom 15. 2. 2006, BGBl II Nr. 66/2006, in die Liste jener Nicht-EWR-Staaten aufgenommen worden, deren Lenkerberechtigungen im Sinn des § 23 Abs 3 Z 5 FSG als unter den gleichen Voraussetzungen erteilt gelten, wie jene in Österreich. Eine Rückwirkung sei nicht normiert worden; diese Regelung gelte daher nur für zukünftige Versicherungsfälle. Im Hinblick auf die notwendige praktische Fahrprüfung könne hier von einem Formalakt nicht gesprochen werden. Ein Kausalitätsgegenbeweis dadurch, dass der Verkehrsunfall weder auf die Unkenntnis der inländischen Rechtsvorschriften noch auf mangelnde Eignung des Fahrers beruhe, sei daher nicht möglich.

Das von der Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil hinsichtlich des Haupt- und des ersten Eventualbegehrens als Teilurteil. Hinsichtich des zweiten Eventualbegehrens hob es das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Soweit im Rekursverfahren noch wesentlich, führte es dazu aus: Angesichts der gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge zur Frage der Obliegenheitsverletzung sei die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes in jeder Richtung zu überprüfen. Dazu gehöre auch die Prüfung, ob überhaupt die von der Beklagten eingewendete Obliegenheitsverletzung (Verstoß gegen die Führerscheinklausel) vorliege. Der Lenker habe zum Unfallszeitpunkt - mangels rechtzeitiger Umschreibung des kroatischen Führerscheines in einen österreichischen - über keine gültige österreichische Lenkerberechtigung verfügt. In Bezug auf die Verneinung der Rückwirkung der Verordnung vom 15. 2. 2006, BGBl II Nr 66/2006, schließe sich das Berufungsgericht der Rechtsansicht des Erstgerichtes an. Fraglich sei, ob schon der objektive Tatbestand der Obliegenheitsverletzung erfüllt sei, auch wenn sich der Verkehrsunfall im Ausland (hier Frankreich) ereignet habe. Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes zur „Führerscheinklausel" bei einem Verkehrsunfall im Ausland seien nicht vorhanden.

Nach deutscher Judikatur richte sich die Frage, welche Fahrerlaubnis für den Fahrer eines Kraftfahrzeuges vorgeschrieben gewesen sei, nach dem Recht des (ausländischen) Unfallsortes. Eine der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gerecht werdende Auslegung des Art 5.2.1 AKIB 2005 führe dazu, dass die Führerscheinbestimmungen des Unfalllandes (Frankreich) maßgeblich seien. Bei Anwendung des Rechtssatzes der Auslegung von Versicherungsbedingungen, dass Unklarheiten zu Lasten des Versicherers gingen, könne die Wortfolge „in jedem Fall" in Art 5.2.1 AKIB 2005 nicht dahin verstanden werden, dass der befugte Lenker eines in Österreich kaskoversicherten und zugelassenen Kraftfahrzeuges im gesamten örtlichen Geltungsbereich dieser Versicherung über einen gültigen österreichischen Führerschein oder einen in Österreich gültigen Führerschein verfügen müsse. Der Kläger habe sich schon in der Klage darauf berufen, dass die kroatische Lenkerberechtigung den Lenker zum Unfallszeitpunkt jedenfalls zum Lenken des Fahrzeuges in Frankreich berechtigt habe. Dies habe das Erstgericht mit der Begründung ungeprüft gelassen, dass ausländische Führerscheine nur nach Maßgabe des inländischen Rechtes als taugliche Lenkerberechtigungen gelten würden. Die Beklagte habe dem diesbezüglichen Vorbringen des Klägers entgegengehalten, dass seit der zweiten Führerscheinrichtlinie ein einheitliches Führerscheinrecht für alle EU-Mitgliedstaaten geschaffen worden sei, weshalb die österreichische Rechtslage auch bei einer Fahrt in Frankreich zu beachten gewesen wäre. Der Lenker hätte den LKW in Frankreich daher nur dann lenken dürfen, wenn er dazu auch in Österreich berechtigt gewesen wäre. Entgegen dieser Ansicht könne im Hinblick auf die Bestimmungen des die Führerscheinrichtlinie in Österreich umsetzenden Führerscheingesetzes nicht ausgeschlossen werden, dass der Lenker am 17. 6. 2005, ungeachtet seines Wohnsitzes in Österreich, noch mit seinem kroatischen Führerschein einen in Österreich zugelassenen LKW in Frankreich lenken habe dürfen. Allerdings könne ebenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass im französischen Recht Einschränkungen vorgenommen worden seien, etwa für den Fall, dass die Umtauschfrist im EU-Wohnsitzstaat ergebnislos verstrichen sei. Eine derartige einschränkende Regelung werde durch die zweite Führerscheinrichtlinie nicht verhindert.

Im Bereich der Ermittlung des anzuwendenden Rechtes werde zu § 4 IPR-Gesetz die Ansicht vertreten, dass die Nichtbefolgung dieser Ermittlungspflicht einen Verfahrensmangel eigener Art darstelle, was nach der herrschenden Praxis zu einer Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht führe. Im vorliegenden Fall komme noch hinzu, dass sich das erstgerichtliche Verfahren nur mit der Umschreibung der Lenkberechtigung (in einen österreichischen Führerschein), mit der Kenntnis des Klägers von der Qualität des Führerscheines des Lenkers und mit dem Unfallshergang beschäftigt habe. Um die Parteien nicht zu überraschen, werde ihnen daher noch Gelegenheit zu geben sein, sich in einem allfälligen weiteren Vorbringen mit der Frage der Anwendung französischen Führerscheinrechtes auseinanderzusetzen. Aus diesen Erwägungen sei der Berufung im Bereich des zweiten Eventualbegehrens im Sinn einer Aufhebung des Ersturteils Folge zu geben.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen das Teilurteil nicht zulässig, der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss hingegen zulässig sei. Zu den maßgeblichen Rechtsfragen in Bezug auf das zweite Eventualbegehren (Verstoß gegen die Führerscheinklausel bei Verkehrsunfall im Ausland) liege noch keine höchstgerichtliche Judikatur vor.

Gegen den Aufhebungsbeschluss richten sich die Rekurse beider Streitteile. Die Beklagte macht unrichtige rechtliche Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Ersturteil wiederhergestellt werde. Der Kläger beantragt hingegen, die Entscheidung der zweiten Instanz wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Rechtssache dahin abzuändern, dass dem zweiten Eventualbegehren stattgegeben werde.

In den Rekursbeantwortungen beantragen die Parteien jeweils, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen oder ihm nicht Folge zu geben.

Die Rekurse sind aus den vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie sind aber nicht berechtigt.

Zur Mängelrüge der Beklagten:

Rechtliche Beurteilung

Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wird von der Beklagten darin erblickt, dass das Berufungsgericht das Ersturteil einer allseitigen rechtlichen Überprüfung unterzogen und dabei auch die Frage untersucht hat, ob überhaupt eine Obliegenheitsverletzung (ein Verstoß gegen die Führerscheinklausel) vorliegt. Da sich der Kläger in der Berufung gegen die Rechtsfolgen der von ihm unbestritten gelassenen Obliegenheitsverletzung ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Kausalitätsgegenbeweises gewandt habe, sei es dem Berufungsgericht verwehrt gewesen, die Frage der Obliegenheitsverletzung aufzugreifen. Der Kläger habe weder im Berufungsverfahren noch im erstinstanzlichen Verfahren auch nur ansatzweise releviert, dass die „französische Führerscheinrechtslage" maßgeblich sein solle.

Entgegen diesen Ausführungen hat der Kläger, wie schon vom Berufungsgericht betont wurde, bereits in der Klage eine Verletzung der Obliegenheit des Art 5.2.1 der AKIB 2005 ausdrücklich bestritten und behauptet, dass den Lenker seine kroatische Lenkerberechtigung „jedenfalls zum Lenken des Fahrzeuges in Frankreich berechtigt" habe. Richtig ist zwar, dass sich die Berufung auf die Frage des Kausalitätsgegenbeweises konzentrierte und die Behauptung, die kroatische Lenkerberechtigung sei zum Unfallszeitpunkt in Frankreich gültig gewesen, nicht wiederholt wurde. Daraus allein kann aber nach den spezifischen Umständen des vorliegenden Falles nicht mit entsprechender Sicherheit abgeleitet werden, dass der Kläger auf diesen Einwand verzichtet hätte. Eine unter den Rechtssatz RIS-Justiz RS0043338 zu subsumierende Konstellation ist demnach nicht gegeben. Da der Kläger seine Rechtsrüge in der Berufung gesetzmäßig ausgeführt hat, hatte das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung allseitig zu überprüfen (SZ 52/192 uva; RIS-Justiz RS0043352). Darauf, ob alle in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkte im Rechtsmittel ausgeführt werden, kommt es nicht an (Kodek in Rechberger3 § 471 Rz 9 mwN). Dass das Berufungsgericht in Entsprechung seiner allseitigen rechtlichen Prüfpflicht auch die Frage der gültigen Fahrerlaubnis in Frankreich relevierte, stellt daher keinen Verfahrensmangel dar.

Zu den Rechtsrügen:

Der Senat erachtet die Argumente der Rechtsrügen beider Parteien für nicht stichhältig, sondern billigt sowohl das Ergebnis als auch die Begründung des angefochtenen Beschlusses. Gemäß § 510 Abs 3 zweiter Satzund § 528a ZPO kann daher auf die Ausführungen des Gerichtes zweiter Instanz verwiesen werden, die - bezugnehmend auf die Rechtsrügen der Parteien - lediglich wie folgt zu ergänzen sind:

Die Frage, welche Bestimmungen für die Beurteilung der Lenkerberechtigung bei einem Unfall im Ausland (hier in Frankreich) unter dem Blickwinkel der Obliegenheit des Art 5.2.1 der AKIB 2005 maßgeblich sind, ist durch Auslegung dieser „Führerscheinklausel" zu entscheiden. Dabei sind die in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätze zu beachten, wonach Allgemeine Versicherungsbedingungen nach den Regeln der Vertragsauslegung (§§ 914f ABGB) objektiv, unter Beschränkung auf ihren Wortlaut (RIS-Justiz RS0008901) und stets unter Berücksichtigung ihres Zweckes so auszulegen sind, wie sie ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer verstehen musste (RIS-Justiz RS0050063), wobei Unklarheiten im Sinn des § 915 ABGB zu Lasten des Versicherers gehen (7 Ob 47/07y uva; Rummel in Rummel, ABGB3 Rz 13 zu § 864a mwN). Davon ausgehend ist der Rechtsansicht der zweiten Instanz beizupflichten, dass dafür, ob ein Lenker „die kraftfahrrechtliche Berechtigung besitzt, die für das Lenken des Fahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr vorgeschrieben ist", nach dem Verständnis eines durchschnittlich versierten Versicherungsnehmers die führerscheinrechtlichen Vorschriften des Unfallortes maßgeblich sind. Bei Auslandsschäden verfügt demnach ein Lenker über eine entsprechende Lenkerberechtigung, dessen Fahrerlaubnis in dem fraglichen Land gültig ist (Knappmann in Prölss/Martin VVG27 § 2b AKB Rn 23 mwN aus der dt Judikatur). Da Art 5.2.1 der AKIB 2005 keine für den Lenker des Fahrzeuges „in Österreich" vorgeschriebene Lenkerberechtigung fordert, ist bei einem Unfall im Ausland darauf abzustellen, ob der Lenker nach den Vorschriften des betreffenden Landes (hier Frankreich) eine entsprechende kraftfahrrechtliche Berechtigung besaß. Davon, dass dies nur gelten könne, wenn das Fahrzeug ausschließlich im Ausland gelenkt werde, kann entgegen der Ansicht der Beklagten ebenso keine Rede sein, wie davon, dass Versicherungsnehmer und Versicherer erst jeweils „eine entsprechende Rechtswahl" zu treffen hätten.

Insgesamt vermag die Beklagte keinen Rechtsirrtum des Berufungsgerichtes aufzuzeigen. Auf die von ihr noch aufgeworfene Frage, ob die demnach maßgeblichen französischen Bestimmungen über die Lenkerberechtigung EU-richtlinienwidrig seien, wird erst nach Kenntnis der spezifischen Bedingungen einzugehen sein.

Die Rechtsrüge des Klägers betont den Umstand, dass nach § 9 Abs 1 Z 1 der Durchführungsverordnung zum FSG vom 15. 2. 2006, BGBl II Nr 66/2006, die Umschreibung eines kroatischen Führerscheines in einen österreichischen nunmehr keine (praktische) Prüfung mehr zur Voraussetzung hat. Damit seien kroatische Führerscheine österreichischen materiell gleichwertig anzusehen und stelle die Umschreibung nur mehr einen bloßen Formalakt dar. Sei nun die Frist zwischen einer Umschreibung und dem vorangegangenen Versicherungsfall nicht so groß, dass von vornherein eine wesentliche Änderung der Verhältnisse seit dem Versicherungsfall angenommen werden könne (was hier im Hinblick auf die Ausstellung eines österreichischen Führerscheines für den Lenker am 23. 9. 2005 zutreffe), sei nach oberstgerichtlicher Judikatur der Kausalitätsgegenbeweis erbracht, weil von der Gleichwertigkeit kroatischer Führerscheine auszugehen sei.

Diese Ausführungen müssen schon deshalb ins Leere gehen, weil sie die Maßgeblichkeit einer in Österreich gültigen Lenkerberechtigung unterstellen. Der Kläger tritt allerdings in seiner Rekursbeantwortung selbst ausdrücklich der Auffassung des Berufungsgerichtes bei, allein maßgeblich sei, welche kraftfahrrechtliche Berechtigung für das Lenken auf der befahrenen Straße mit öffentlichem Verkehr tatsächlich vorgeschrieben sei. Beim Lenken eines Kraftfahrzeuges auf französischen öffentlichen Straßen sei dies nach dem französischen Führerscheinrecht zu beurteilen.

Im Übrigen wäre für den Standpunkt des Rekurswerbers auch dann nichts zu gewinnen, wenn es tatsächlich darauf ankäme, ob der Lenker zum Unfallszeitpunkt befugt war, ein Kraftfahrzeug in Österreich zu lenken. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nämlich von der im Rekurs des Klägers zitierten Judikatur (7 Ob 40/77, SZ 50/94 = ZVR 1978, 179/109; vgl 7 Ob 9/93, ZVR 1994/94 ua) dadurch, dass hier zum Unfallszeitpunkt die Umschreibung des kroatischen Führerscheines des Lenkers eine praktische Prüfung voraussetzte. Da demnach im Zeitpunkt des Versicherungsfalles nicht sämtliche Voraussetzungen für die Umschreibung erfüllt waren (vgl die zur Führerscheinklausel in AKHB ergangene Entscheidung 7 Ob 2346/96t, VersR 1997, 1383), stellte die Umschreibung hier also keine bloße Formalität dar. Dass auf Grund der erwähnten Durchführungsverordnung zum FSG inzwischen auch kroatische Führerscheine ohne weiteres (ohne eine solche Prüfung) in österreichische umgeschrieben werden können, ändert daran nichts, weil - worauf schon die Vorinstanzen zutreffend hingewiesen haben - hinsichtlich der betreffenden Verordnung keine Rückwirkung normiert wurde. Der Erwägung, dass an die Kriterien des Kausalitätsgegenbeweises ausnahmsweise geringere Anforderungen zu stellen sind, wenn „der Formalisierung der Erteilung der Lenkerberechtigung aus besonderen Gründen keine entscheidende Bedeutung mehr zukommt" (ZVR 1994/94), ist im vorliegenden Fall also aus der Sicht des österreichischen Führerscheinrechtes die Grundlage entzogen. Ob ähnliche Überlegungen allenfalls auch unter dem Blickwinkel des französischen Führerscheinrechtes anzustellen sind, insbesondere ob etwa auch Erteilung einer französischen Lenkerberechtigung in der bloßen Möglichkeit der auf Grund der bereits vorhandenen kroatischen Lenkerberechtigung ein ausreichender Nachweis der fehlenden Kausalität des Mangels der französischen Lenkerberechtigung im Sinn des § 6 Abs 2 VersVG zu erblicken wäre (vgl SZ 50/94), ist vor Kenntnis der spezifischen französischen Regelung nicht zu untersuchen.

Da demnach den rechtlichen Einwänden des Klägers keine Berechtigung zukommt, muss auch sein Rekurs erfolglos bleiben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

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