OGH 4Ob96/07g

OGH4Ob96/07g7.8.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** Handels- und Produktions-GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerwin Brandauer und Dr. Bernd Roßkothen, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei S***** Handelsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Pressl, Endl, Heinrich, Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert 34.000,-- EUR), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 14. März 2007, GZ 6 R 36/07t-37, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 20. Dezember 2006, GZ 10 Cg 260/04z-32, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.692,-- EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 282,-- EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Zur Sicherung des klägerischen Unterlassungsbegehrens verbot das Erstgericht der Beklagten mit einstweiliger Verfügung vom 7. 12. 2004 bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils bestimmte wettbewerbswidrige Handlungen. Mit Urteil vom 28. 5. 2005 gab es der Unterlassungsklage statt, dieses Urteil erwuchs schließlich in Rechtskraft.

Nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils beantragte die Beklagte die Aufhebung der einstweiligen Verfügung infolge Fristablaufs.

Die Klägerin beantragte die Abweisung des Aufhebungsantrags zumindest für den Zeitraum bis zum rechtskräftigen Abschluss jener Exekutionsverfahren, die die Klägerin auf Grund der einstweiligen Verfügung eingeleitet hatte. Die Beklagte habe vor Fällung des Unterlassungsurteils im Hauptverfahren gegen die einstweilige Verfügung verstoßen. Diese Zuwiderhandlungen könnten nur auf Grund der einstweiligen Verfügung geahndet werden. Die Beklagte versuche, den der Exekution zugrundeliegenden Titel aufheben und damit unwirksam werden zu lassen, um dann auf Grund des Wegfalls des Titels die Einstellung der Exekution zu erreichen.

Das Erstgericht hob die einstweilige Verfügung auf. Es liege ein klagestattgebendes rechtskräftiges Urteil über den Hauptanspruch vor. Die Zeit, für die die einstweilige Verfügung bewilligt worden sei, sei abgelaufen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss; es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob auf Grund einer einstweiligen Verfügung beantragte Geldstrafen nach rechtskräftiger Aufhebung der einstweiligen Verfügung noch verhängt und in der Folge eingezogen werden könnten. Die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen Zeitablaufs erfolge nach § 399 Abs 1 Z 2 EO und wirke - von einer hier nicht relevanten Ausnahme abgesehen - nicht auf den Zeitpunkt der Bewilligung zurück, sodass die angeordneten Provisorialmaßnahmen für den Zeitraum bis zum Fristablauf vollstreckbar blieben. Bei Zuwiderhandeln des Antragsgegners gegen ein Verfügungsverbot vor dem Fristablauf habe der schon eingeleitete Vollzug von Beugestrafen auch dann noch auf Grund der einstweiligen Verfügung zu erfolgen, wenn diese schon aufgehoben sei. Nur so könne sie ihren Zweck bis zu ihrem zeitlichen Ablauf erfüllen. Das im Provisorialverfahren verfügte Unterlassungsgebot bleibe trotz der Aufhebung der einstweiligen Verfügung bis zum Fristablauf vollstreckbar. Es bedürfe zur Sicherung der Klägerin nicht der (auch nur teilweisen) Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin, mit dem sie die Abweisung des Aufhebungsantrags der Beklagten anstrebt, hilfsweise die Aufhebung erst mit Wirkung ab Rechtskraft des klagestattgebenden Unterlassungsurteils im Hauptverfahren, ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Jede einstweilige Verfügung ist gemäß § 391 Abs 1 EO zu befristen, es ist also der Zeitraum festzulegen, für den die Sicherungsmaßnahmen getroffen werden. Die Verfügungsfrist kann mit einem Enddatum oder anhand eines Ereignisses ausgemessen werden, etwa - wie im vorliegenden Fall - bis zum Eintritt der Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils. Die einstweilige Verfügung wird auch dann nicht von selbst und sofort unwirksam, wenn das Verfahren über den Hauptanspruch beendet wird. Ergeht ein dem Hauptanspruch stattgebendes Urteil, so ist die einstweilige Verfügung nach Eintritt dessen Rechtskraft auf Antrag wegen geänderter Verhältnisse aufzuheben (E. Kodek in Angst, EO § 399 Rz 13).

2. Wie Konecny (Zur Wirksamkeit einstweiliger Verfügungen nach Ablauf der Verfügungsfrist, ÖBA 1997, 987 [988 ff]) überzeugend begründet, ist zwischen der Wirkung des Ablaufs der Verfügungsfrist auf die einstweilige Verfügung als Beschluss einerseits und auf die damit verhängten Sicherungsmaßnahmen andererseits zu unterscheiden. Der ergangene Beschluss selbst ist zeitlich nicht befristet; dieser existiert vielmehr bis zu einer gerichtlichen Aufhebung oder Abänderung. Demzufolge bezieht sich die Befristung nur auf die angeordnete(n) Sicherungsmaßnahme(n). Somit bedarf der Verfügungsbeschluss der beschlussmäßigen Aufhebung. Mit einem solchen Beschluss gelten indes gewöhnlich (auch) bereits angeordnete Sicherungsmaßnahmen ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Verfügungsfrist als rückwirkend beseitigt (aufgehoben); die gefährdete Partei kann aber auf Grund der einstweiligen Verfügung weiterhin Exekution wegen solcher Verstöße gegen diesen Vollstreckungstitel führen, die vor Ablauf der Frist begangen wurden (Konecny, ÖBA 1997, 990; E. Kodek aaO § 399 Rz 14).

3. Das Rekursgericht verwies daher zutreffend darauf, dass die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung infolge Zeitablaufs nach § 399 Abs 1 Z 2 EO (E. Kodek § 399 Rz 11 mwN; aM Konecny, ÖBA 1997, 989 [analoge Anwendbarkeit des § 399 Abs 1]) im Regelfall nicht auf den Zeitpunkt der Bewilligung der einstweiligen Verfügung, sondern - mit den unter 2. beschriebenen Rechtsfolgen - lediglich auf den Zeitpunkt des Fristablaufs (hier: Eintritt der Rechtskraft des im Hauptverfahren ergangenen Unterlassungsurteils) zurückwirkt. Der Aufhebungsbeschluss bezieht sich daher nur auf den Zeitraum ab dem Fristablauf (Konecny, ÖBA 1997, 990; Zechner, Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung § 391 EO Rz 4).

4. Nicht beizutreten ist auf dem Boden der bisherigen Erwägungen der Ansicht der Klägerin, die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung wegen Fristablaufs sei davon abhängig, ob die gefährdete Partei bereits Exekutionsverfahren wegen Verstößen gegen einstweilige Ge- oder Verbote einleitete und - bejahendenfalls - solche Verfahren bereits beendet wurden. Es bedarf ferner - entgegen Konecny (ÖBA 1997, 990) - im Regelfall keines ausdrücklichen Ausspruchs über die zuvor erläuterte beschränkte Rückwirkung der Aufhebung einer einstweiligen Verfügung, ergibt sich diese doch auch hier eindeutig aus dem als Aufhebungsgrund genannten Fristablauf mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache. Der Umstand, dass aus dem Spruch der vom Erstgericht getroffenen Aufhebungsentscheidung nicht ablesbar ist, „ab wann bzw mit welcher Auswirkung die Aufhebung der einstweiligen Verfügung eintreten soll", ändert insofern - entgegen der Ansicht der Klägerin - nichts, ist doch der Spruch dieser Entscheidung in Verbindung mit deren Gründen auszulegen; diese nennen aber die nunmehr eingetretene Rechtskraft des klagestattgebenden Urteils über den Unterlassungsanspruch eindeutig als Aufhebungsgrund. Der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des klagestattgebenden Urteils über den Unterlassungsanspruch kann ohne weiteres dem Akt entnommen werden, obgleich es in solchen Fällen im Allgemeinen zweckmäßig sein mag, diesen Zeitpunkt gleich in den Spruch des Aufhebungsbeschlusses aufzunehmen.

5. Die voranstehenden Ausführungen sind daher folgendermaßen zusammenzufassen:

Die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung nach § 399 Abs 1 Z 2 EO wegen Ablaufs einer gemäß § 391 Abs 1 EO bestimmten Frist wirkt im Regelfall nur ab dem Zeitpunkt des Fristablaufs, ohne dass es eines ausdrücklichen Ausspruchs über diese beschränkte Rückwirkung bedarf. Als Ergebnis dessen hat eine solche rechtskräftige Entscheidung keinen Einfluss auf ein Exekutionsverfahren, das wegen eines Zuwiderhandelns gegen die einstweilige Verfügung als Exekutionstitel noch vor deren Aufhebung eingeleitet wurde.

6. Vor dem Hintergrund der zuvor erläuterten Rechtslage muss der Revisionsrekurs der Klägerin scheitern.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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