OGH 4Ob102/07i

OGH4Ob102/07i7.8.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Dr. Christof Pöchhacker, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Edmund H*****, vertreten durch Schwarz Schönherr Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 30.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 22. Februar 2007, GZ 1 R 13/07z-10, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 4. Dezember 2006, GZ 34 Cg 4/07f-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss insgesamt wie folgt zu lauten hat:

Einstweilige Verfügung:

Zur Sicherung der Ansprüche der Klägerin auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der beklagten Partei aufgetragen, es ab sofort und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das im Hauptverfahren gestellte Unterlassungsbegehren zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

1. (potentiellen) Kunden gegenüber eine Herstellergarantie für Porsche-Design-Uhren anzukündigen und/oder anzubieten und

2. Porsche-Design-Uhren mit einer Herstellergarantie zu verkaufen, wenn nicht gleichzeitig darauf hingewiesen wird, dass die Klägerin eine Herstellergarantie für diese Uhren verweigert. Das darüber hinausgehende Unterlassungsbegehren, dem Beklagten ganz generell zu verbieten, (potentiellen) Kunden gegenüber eine Herstellergarantie für Porsche-Design-Uhren anzukündigen und/oder anzubieten und Porsche-Design-Uhren mit einer Herstellergarantie zu verkaufen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen zur Hälfte vorläufig und zur Hälfte endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.381,85 EUR (darin 369,97 EUR Umsatzsteuer) bestimmten anteiligen Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin beschäftigt sich mit Herstellung und Vertrieb von Uhren. Sie vertreibt Porsche Design-Uhren exklusive in Österreich, wobei die Firma O***** GmbH aufgrund eines mit der Klägerin abgeschlossenen Vertriebsvertrags zum exklusiven Import und Vertrieb dieser Uhren in Österreich berechtigt war.

Das beim Verkauf solcher Uhren dem Käufer übergebene Garantieheft enthält folgende Bestimmungen:

„Willkommen im exklusiven Kreis der Besitzer einer Porsche Design-Uhr. Diese wurde in den Werkstätten der E***** AG in G***** (Schweiz) nach strengsten Qualitätsnormen hergestellt und hat das Werk nach intensiven Kontrollen in einwandfreiem Zustand verlassen. Diese internationale Garantie deckt eventuelle Fabrikationsfehler oder Materialfehler während eines Jahres [während zwei Jahren], gerechnet ab dem Verkaufsdatum.

Die Garantie ist nur gültig, wenn die Garantiekarte durch einen von Porsche Design autorisierten Fachhändler vollständig ausgefüllt worden ist und im Garantiefall vorgewiesen wird.

......

Im Garantiefall wenden Sie sich bitte an Ihren Porsche Design-Fachhändler oder an einen der im Anhang aufgeführten Porsche Design-Generalvertreter."

Der Beklagte betreibt ein Juweliergeschäft in Wien, in dem er auch von der österreichischen Generalvertreterin der Klägerin (der O***** GmbH) bezogene Porsche Design-Uhren anbietet. Beim Verkauf einer solchen Uhr wird das entsprechende Garantieheft mit dem Stempel des Beklagten versehen und der Beklagte als Verkäufer angegeben. Der Beklagte bewarb diese Uhren im Oktober 2006 mit dem Hinweis „alle Uhren sind neuwertige Originaluhren mit einer zweijährigen internationalen Garantie".

Der Vertriebsvertrag zwischen der Klägerin und ihrer Generalvertreterin für Österreich wurde zum 31. 12. 2005 aufgelöst. Aufgrund eines prätorischen Vergleichs vom 12. 10. 2006 brachte der Beklagte in der Auslage seines Geschäfts ein Schild mit dem Hinweis an, dass er kein Porsche Design-Vertragshändler sei. Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrt die Klägerin, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

1. (potentiellen) Kunden gegenüber eine Herstellergarantie für Porsche Design-Uhren anzukündigen und/oder anzubieten;

in eventu (potentiellen) Kunden gegenüber eine zweijährige Herstellergarantie für Porsche Design-Uhren anzukündigen oder anzubieten;

2. Porsche Design-Uhren mit einer Herstellergarantie zu verkaufen. Die beanstandete Ankündigung sei irreführend. Als Voraussetzung der Herstellergarantie müsse nämlich die Garantiekarte von einem autorisierten Porsche Design-Fachhändler vollständig ausgefüllt werden. Diesem Erfordernis entspreche der Beklagte nicht. Der Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Er sei berechtigt, die angeführten Uhren mit Herstellergarantie zu verkaufen. Er habe diese Uhren von der Generalimporteurin der Klägerin gekauft, die ihrerseits einen Vertriebsvertrag mit der Klägerin abgeschlossen habe. Aufgrund dieser Vertragskette sei er beauftragter Händler. Nach Auflösung des Vertriebsvertrags habe die Klägerin nicht sämtliche an ihre Generalimporteuerin gelieferten Uhren zurückgekauft. Die dem Testkauf zugrunde liegende Uhr sei vor dem 31. 12. 2005 (vor Auflösung des Vertriebsvertrags) samt Herstellergarantie von der Klägerin bezogen worden. Die nicht einseitig widerrufbare Garantieerklärung „klebe" an der Ware. Die Garantiehefte der Klägerin seien Willenserklärungen, die der Händler als Bote an den Kunden weitergebe. Zwischen der Klägerin und einem Verbraucher komme daher ein wirksamer Garantievertrag zustande. Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Es stellte noch fest, nach Art 8 des Vertriebsvertrags der Klägerin mit der Generalimporteuerin erhalte der Endabnehmer mit dem Erwerb eines Vertragsprodukts eine einjährige, ab dem Erwerb gültige Garantie. Es sei ausschließlich Sache der Generalimporteurin gewesen, geeignete Fachhändler für den Weiterverkauf der Uhren zu finden. Dabei habe die Klägerin weder Auswahlkriterien vorgegeben, noch sei eine Genehmigung der ausgewählten Fachhändler durch die Klägerin vorgesehen gewesen. Auf Grundlage dieser Vereinbarung habe die Generalimporteurin Porsche Design-Uhren bei der Klägerin eingekauft und an Juweliere, darunter den Beklagten, weiterverkauft, der sie wieder an Endkunden veräußert habe. Die Generalimporteurin habe die Uhren samt Garantieheft an die jeweiligen Händler weitergegeben.

In seiner rechtlichen Beurteilung bejahte das Erstgericht eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise. Die Klägerin weigere sich, eine Herstellergarantie für die nach dem 31. 12. 2005 verkaufte Uhren zu gewähren. Die Kunden müssen daher mit einer Ablehnung eines Garantieanspruchs rechnen. Dem gegenüber vermittle der Beklagte den Eindruck, eine Herstellergarantie ohne Probleme verschaffen zu können. Die Irreführung liege daher schon im Verschweigen des Konflikts mit der Klägerin. Davon abgesehen müsse die Garantiekarte nach ihrem Wortlaut durch einen autorisierten Fachhändler ausgefüllt werden. Demnach sei der Beklagte seit 1. 1. 2006 rechtlich nicht mehr in der Lage, eine wirksame Herstellergarantie beim Verkauf einer derartigen Uhr zu vermitteln. Auch aus diesem Grund verstoße die Werbeankündigung gegen § 2 UWG.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung der Entscheidung nicht zulässig sei. Die Ankündigung einer Herstellergarantie sei ein für den Kaufentschluss maßgeblicher Umstand. Sie erwecke die Erwartung, dass der Fehler im Fall einer Funktionsstörung auf einfache und rasche Weise kostenlos behoben oder ein Austausch erfolgen werde. Der Kunde unterstelle eine reibungslose Abwicklung und gehe davon aus, dass er keine langwierigen, mit Mühen und Kosten verbundenen rechtlichen Auseinandersetzungen mit dem Hersteller werde führen müssen. Er erwarte daher nicht nur eine richtige Information, sondern darüber hinaus auch eine entsprechende Aufklärung, sollte die erwartete Herstellergarantie tatsächlich nicht bestehen.

Die Klägerin vertrete nun nach Auflösung des Vertriebsvertrags mit ihrer Generalimporteurin den Standpunkt, die Garantie sei in Bezug auf Uhren, die nach diesem Zeitpunkt (31. 12. 2005) vom Beklagten verkauft würden, nicht wirksam zustande gekommen, der Kunde habe keine Garantieansprüche erworben. Es sei daher davon auszugehen, dass die Klägerin entsprechende Garantieansprüche ablehnen werde. Eine rasche und problemlose Abwicklung von Garantiefällen sei deshalb nicht zu erwarten. Die Werbeankündigung des Beklagten enttäusche somit berechtigte Erwartungen potentieller Käufer. Der Beklagte müsste zumindest darüber aufklären, dass der Käufer im Fall einer Geltendmachung von Ansprüchen aus der Herstellergarantie mit Schwierigkeiten zu rechnen habe. Die insoweit nicht eingeschränkte Ankündigung verstoße gegen § 2 UWG.

Davon abgesehen könne der Beklagte dem Käufer eine Herstellergarantie gar nicht verschaffen. Es sei anerkannt, dass der Garant für das Zustandekommen des Garantievertrags nähere Bedingungen festsetzen könne. Er könne daher auch den Zeitpunkt festlegen, zu dem die im Offert geforderte Qualifikation des Händlers als Mittelsperson vorliegen müsse. Im hier zu beurteilenden Fall bestimme die Garantieurkunde, dass die Garantie nur gültig sei, wenn die Garantieurkunde durch einen autorisierten Fachhändler vollständig ausgefüllt worden sei. Entscheidend sei daher die Qualifikation des Händlers im Zeitpunkt des Ausfüllens der Garantiekarte und nicht im Zeitpunkt, zu dem der Beklagte die Uhren von der Generalimporteurin bezogen habe. Nach diesen Überlegungen sei ein Garantievertrag im Verhältnis zur Klägerin aufgrund der vom Beklagten nach dem 31. 12. 2005 ausgefüllten Garantiekarten nicht zustande gekommen. Die beanstandete Ankündigung entspreche somit nicht den Tatsachen, sie sei irreführend.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig, weil die Auslegung der Garantieurkunde im Zusammenhang mit dem Vertriebsvertrag zwischen der Klägerin und ihrer Generalimporteuerin einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf. Das Rechtsmittel ist auch teilweise berechtigt.

1. Der Beklagte macht geltend, die Beendigung des Vertriebsvertrags der Klägerin mit ihrer Generalimporteurin ändere nichts an seiner Berechtigung, die von dieser bezogenen Originaluhren auch noch danach mit der Ankündigung einer Herstellergarantie verkaufen zu dürfen. Die Klägerin habe von ihrem Recht, bei Auflösung des Vertriebsvertrags noch nicht verkaufte Uhren zurückzunehmen, nur teilweise Gebrauch gemacht. Der Vertriebsvertrag enthalte keine Bestimmung, wonach die nach Vertragsauflösung nicht zurückgekauften Uhren nicht mehr oder nicht mehr mit Herstellergarantie verkauft werden dürften. Eine derartige Vereinbarung hätten vernünftige Vertragspartner auch nicht getroffen.

Diese Ausführungen sind im Ergebnis zutreffend. Auch Garantieverträge sind Rechtsgeschäfte, die gemäß §§ 914 und 915 ABGB ausgelegt werden (RIS-Justiz RS0033002 [T1 und T11]). Nach herrschender Auffassung kann der Garant konkrete Vorgaben seiner als Offert verstandenen Erklärung vorsehen (Ofner in Schwimann, ABGB³ § 922 Rz 43 mwN; RIS-Justiz RS0016963).

Nach dem Inhalt des dem Käufer einer Porsche Design-Uhr jeweils auszuhändigenden Garantiehefts deckt die Herstellergarantie der Klägerin eventuelle Fabrikationsfehler oder Materialfehler während einer angegebenen, ab Verkaufsdatum zu berechnenden Frist, wenn die Garantiekarte durch einen „autorisierten Fachhändler" vollständig ausgefüllt wurde. Nach Auffassung der Klägerin ist „autorisierter Fachhändler" nur derjenige, den sie unmittelbar und direkt mit dem Vertrieb der Uhren in Österreich beauftragt hat. Diese Auslegung ist mit dem Inhalt des zwischen der Klägerin und ihrer Generalimporteurin geschlossenen Vertriebsvertrags und der Vorgangsweise beim Vertrieb der Uhren in Österreich nicht in Einklang zu bringen. Nach Art 8 des Vertriebsvertrags hatte jeder Endabnehmer mit dem Erwerb eines Vertragsprodukts Anspruch auf eine gültige Herstellergarantie. Die Auswahl geeigneter Fachhändler für den Weiterverkauf der Uhren in Österreich war ausschließlich Sache ihrer Vertriebspartnerin, ohne dass die Klägerin Auswahlkriterien vorgegeben hätte oder ihre Genehmigung vorgesehen gewesen wäre. Durfte sich aber die Generalimporteurin geeignete Fachhändler für den weiteren Vertrieb selbst suchen, so kann die erörterte Wendung „autorisierter Fachhändler" nur so verstanden werden, dass jeder Händler, der ein Originalprodukt vom autorisierten Vertragspartner der Klägerin für Österreich erwirbt, als Fachhändler berechtigt ist, ein gültiges Garantieverhältnis zwischen der Herstellerin und dem Endabnehmer zu begründen. Verkaufte daher der Beklagte nur Originalware mit Garantiezertifikat, die er bei der Generalimporteurin bezogen hatte, während diese Vertragspartnerin der Klägerin für Österreich war, so wurde seine Möglichkeit, einen Garantievertrag zwischen der Klägerin und dem Endabnehmer zu vermitteln, durch die Beendigung der Vertragsbeziehung nicht beseitigt. Insoweit kann die Ankündigung einer Herstellergarantie auch nicht irreführend sein. Gleiches gilt für den Verkauf von Originalware, soweit diese aus dem von der Klägerin nach Auflösung des zuvor bezeichneten Vertriebsvertrags nicht zurückgekauften Lagerbestand herrührt.

2. Allerdings verschweigt die uneingeschränkte Ankündigung einer Herstellergarantie den gegenteiligen Standpunkt der Klägerin. Das Rekursgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass potentielle Kunden nicht nur eine inhaltlich richtige Information erwarten, sondern darüber hinaus auch eine entsprechende Aufklärung, sollte die angekündigte Garantie - wie hier - vom Hersteller bestritten werden. Um eine Irreführung des Kunden im Sinn des § 2 UWG zu vermeiden, hätte der Beklagte daher darüber aufklären müssen, dass der Kunde - sollte er die angekündigte Herstellergarantie geltend machen - mit Schwierigkeiten seitens der Herstellerin zu rechnen habe, weil sich diese weigert, die angekündigte Garantie anzuerkennen. Indem der Beklagte die Garantie ohne jede Einschränkung ankündigt, führt er den Kunden in der Erwartung einer reibungslosen Abwicklung eines allfälligen Schadens in Irrtum und verstößt gegen § 2 UWG. Das Unterlassungsgebot der Vorinstanzen ist in teilweiser Abänderung ihrer Entscheidungen entsprechend einzuschränken, das Mehrbegehren ist abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 48 und 50 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte