OGH 6Ob141/07i

OGH6Ob141/07i13.7.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Michael K*****, vertreten durch Sattlegger, Dorninger, Steiner & Partner Anwaltssocietät in Linz, gegen die Antragsgegnerin Michaela K*****, vertreten durch Dr. Christian Hauser, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. Dezember 2006, GZ 45 R 620/06v-38, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 30. August 2006, GZ 2 Fam 12/05s-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 399,74 EUR (darin 66,62 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig:

Das Rekursgericht hat seinen über Zulassungsvorstellung des Antragstellers abgeänderten Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es liege zur Frage des Eintritts der Selbsterhaltungsfähigkeit eines Kindes wegen mangelnden Studienerfolgs unterschiedliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor.

Diese Annahme entspricht jedoch nicht den Tatsachen:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann bei der Lösung der Frage, ob der Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit eines Kindes durch ein Studium hinausgeschoben wird, nicht allein das Lebensalter herangezogen werden. Es kommt vielmehr auf die durchschnittliche Studiendauer in den einzelnen Studienabschnitten an. Durch die Aufnahme eines Studiums wird der Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes daher so lange hinausgeschoben, wie die durchschnittliche Dauer dieses Studiums in den einzelnen Studienabschnitten beträgt. Auch während dieses Zeitraums hat das Kind aber nur Anspruch auf Unterhalt, wenn es das Studium ernsthaft und zielstrebig im Sinn des § 2 Abs 1 lit b FamLAG idF BGBl 1992/311 betreibt (RIS-Justiz RS0083694). Dabei ist der tatsächliche Studienfortgang ex post zu betrachten; es kommt hingegen nicht darauf an, ob es möglich oder wahrscheinlich ist, dass das Kind das Studium oder einen Studienabschnitt in der durchschnittlichen Zeit beendet (RIS-Justiz RS0110600, RS0110596). Diese Rechtsprechung betrifft Hochschulstudien mit einzelnen Studienabschnitten.

2. Der erkennende Senat hat erst jüngst (6 Ob 122/06v = EF-Z 2006/49) ausgesprochen, dass zwar bei in Studienabschnitten gegliederten Studien die Regelung des § 2 Abs 1 lit b FamLAG weiterhin eine geeignete Orientierungsgrundlage für die Frage, ob das Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben wird, bilden mag. Fehle jedoch eine derartige Gliederung, müsse die erforderliche Kontrolle des periodischen Studienfortgangs durch eigenständige Beurteilung der vom Unterhaltswerber erbrachten Leistungen erfolgen; es sei eine Überprüfung des angemessenen Studienfortganges auch während des Studiums vor Ablauf der Studienhöchstdauer schon allein deshalb unerlässlich, weil man ansonst dem Unterhaltsberechtigten einen völligen Freibrief zu Lasten des Unterhaltspflichtigen ausstellen würde. Diese Rechtsprechung ist etwa auf Fachhochschullehrgänge und auf Bakkalaureatsstudien anzuwenden, denen eine Unterteilung in Studienabschnitte fehlt.

3. Der Vater versucht in seinem Revisionsrekurs eine direkte Gegenüberstellung des der Entscheidung 6 Ob 122/06v zugrunde liegenden mit dem vorliegenden Sachverhalt unter Ermittlung des jeweiligen Verhältnisses von abgelegten Prüfungen einerseits und absolvierten Semestern andererseits in Prozentwerten. Auch wenn die Antragsgegnerin ebenfalls ein Bakkalaureatsstudium absolviert, ist eine derartige Generalisierung einer einzelnen Entscheidung jedoch abzulehnen. Maßgeblich ist vielmehr die Angemessenheit des Studienfortgangs im Einzelfall unter eigenständiger Beurteilung der vom Unterhaltswerber erbrachten Leistungen.

Vor diesem Hintergrund ist aber die Entscheidung des Rekursgerichts, das sich auch auf die Grundsätze der Entscheidung 6 Ob 122/06v gestützt hat, im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden: Die Antragsgegnerin hat nach offensichtlichen Anlaufschwierigkeiten Prüfungen in zunehmendem Ausmaß und mit zunehmendem Erfolg absolviert und weist nach Auskunft des zuständigen Studiendekanats einen Studienerfolg auf, der im Vergleich mit stichprobenartig ausgewählten anderen Studenten noch als durchschnittlich anzusehen ist. Im Übrigen kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz erst 20 Jahre alt gewesen ist. Sie betreibt daher ihr Studium ernsthaft und zielstrebig.

Der Revisionsrekurs war zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet auf § 78 Abs 2 AußStrG. Die Antragsgegnerin hat in der Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.

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